Als ich Pia Poppenreiter wegen eines Interviews anschrieb, um mit ihr über den Rückkauf von Ohlala zu sprechen, kam statt einer Zusage eine Einladung zurück:
„Ich gebe aktuell keine Interviews, aber du kannst super gerne auf meine Party nächste Woche Donnerstag kommen – Finding Marille. Hast du Bock? Dann schick ich dir ein Ticket. Viele Grüße, Pia“
Jetzt stehe ich also im Foyer des Crowne Plaza Hotels und lasse mir von einer Frau in Camouflage-Mini und Patronen-Gürtel ein orangefarbenes Bändchen ums Handgelenk legen. Ich steige die Wendeltreppe in den Keller des Hotels herab und arbeite mich zwischen Plastik-Zitronen-Bäumen und Lounge-Sesseln zur Toilette durch. Der junge Mann am Pissoir neben mir checkt während der Verrichtung seines Geschäfts Mails auf dem Smartphone. Ich erinnere mich an eine Studie, die der Oberfläche von Telefonen eine höhere Keimdichte als Toilettendeckeln attestiert. Bevor ich mich zurück ins Getümmel stürze, desinfiziere mir sicherheitshalber die Hände. Noch aber sind alle ganz sittlich mit Kuchen-Essen beschäftigt und wiegen verwundert die Hämmer in den Händen, die auf Baumstümpfen im Raum ausliegen. Ich checke vorsichthalber den kürzesten Weg zum Notausgang, sollten die Werkzeuge später wirklich noch zum Einsatz kommen. Am Stand der Umfrage-Freaks von Civey wird unterdessen der Deutschland-Schnaps-Trend ermittelt. Der repräsentative Einsatz von Likör würde selbst Jörg Schöneborn zu unseriösen Prognosen verleiten.
Mit einem Anwalt, der die Echtheit der Plastik-Zitronen überprüft, komme ich über die Gastgeberin ins Gespräch. „Wie sie den Rückkauf von Ohlala gestemmt hat – alle Achtung.“ Ich lese ihm eine WhatsApp-Nachricht vor: „Pia Poppenreiter? Das ist doch die Verona Pooth der Gründerszene!“ Er lacht. „ Seltsame Beschreibung. Aber auch eine Verona Pooth hat man wegen ihres Aussehens unterschätzt. Ein Umstand, unter dem gerade Frauen zu leiden haben.“ Es entspinnt sich ein spannendes Gespräch darüber, warum die Startup-Szene immer noch hauptsächlich von Männern geprägt wird. „Zur Hölle mit dir, zur Hölle, zur Hölle“ schreit da plötzlich der Schauspieler im roten Priestergewand am Ende des Raums und versucht einem Gast eine Ohrfeige zu verpassen. Ich gebe dem Anwalt die Hand und gehe an Vagina- Zeichnungen und einem Riesen, der Rote Grütze direkt aus einer Schüssel trinkt, vorbei zum Ausgang.
Als ich vor das Hotel trete, zuckt ein Blitz vom Himmel. Für einen Augenblick ist alles hell erleuchtet. Dann beginnt es zu regnen.