Social Media spielt im Marketing eine immer größere Rolle – egal, ob für Startups, die noch ganz am Anfang stehen, oder für weltweit etablierte Marken. Das war Thema am zweiten Tag der Social Media Week. Außerdem: Eventbrite wird international, Hamburg als Startup-City immer sexier und Scheitern immer weniger peinlich.
Startups, die noch ganz am Anfang ihrer Entwicklung stehen, haben in der Regel kaum Geld, schon gar nicht für Werbung und Marketing. Um die Bekanntheit zu steigern, sind soziale Medien wie Facebook und Twitter daher ideal, denn dort kann man kostenlos oder mit geringem finanziellen Aufwand mit seiner Zielgruppe kommunizieren. Aber wie? Sanja Stankovic von Hamburg Startups hatte zwei Kandidaten ins betahaus Hamburg eingeladen, um anhand praktischer Beispiele wertvolle Tipps zu geben: Konzentration auf wenige Kanäle zu Beginn der Kampagne. Typische User definieren und visualisieren, um zu wissen, wen man eigentlich ansprechen will. Diese Personae gezielt mit Posts ansprechen und an deren Nutzen denken, anstatt nur seine eigenen Vorzüge herauszustellen. Emotionen erzeugen, am besten mit Fotos und (kurzen) Videos. Blogs so konzipieren, dass sie so sowohl den Nerd als auch normale Kunden ansprechen.
Die beiden Startups, die sich in diesen Rahmen vorstellten, werden beide von der Technischen Universität Hamburg-Harburg unterstützt, dessen Startupdock eine wertvolle Anlaufstelle für Gründer ist. tabbt hat eine App entwickelt, die Kostenteilungen im Freundeskreis erleichtert. Das geht nicht nur bargeldlos, es finden zurzeit über die App noch gar keine Finanztranssaktionen statt, Geld fließt nur virtuell zwischen den Usern (aktuell im dreistelligen Bereich) hin und her. Das kann sich aber ändern, Gespräche mit Banken finden gerade statt. Noch gar nicht richtig am Markt ist juicify, doch das Potenzial dieser Erfindung scheint riesig, denn sie ermöglicht es, das Smartphone an öffentlichen Plätzen wie Hotels oder Restaurants drahtlos aufzuladen. Die Ladestationen werden unter Tischen befestigt, auf die die Nutzer der dazugehörigen App ihr Handy legen – und schon beginnt der Ladevorgang. Bis das Produkt marktreif ist, vergehen allerdings noch einige Monate. Online ist seit gestern die Facebook-Seite – und vielleicht hilft ja auch die Verwendung des Logos als Startbild dieses Artikels, juicify ein bisschen bekannter zu machen.
Bekannt ist Eventbrite schon lange, erfolgreich auch, vor allem in den USA. Inzwischen etabliert sich das Unternehmen, das sich mit dem Vertrieb von Veranstaltungstickets beschäftigt, auch auf diversen anderen internationalen Märkten, z. B. seit Januar mit einem Büro in Berlin. Elsita Meyer-Brandt, zuständig für die Expansion, stellte das „International Playbook“ vor, einen im ständigen Wandel befindlichen Leitfaden für die Erschließung neuer Länder. Vereinfacht gesagt wird dort definiert, welche Märkte für die Angebote von Eventbrite geeignet sind, wobei beispielsweise die Bevölkerungsstruktur eine wichtige Rolle spielt, welche rechtlichen Grundlagen zu beachten sind und welche kulturellen und sprachlichen Eigenarten eine Rolle spielen, etwa die eigentlich banale Frage, wie in einem Land das Datum geschrieben wird. Daraus entwickelt sich dann eine Strategie für den Markteintritt, die schließlich zum Launch führt. Dass dabei Fehler passieren, ist selbst bei bester Vorbereitung normal, weshalb Meyer-Brandt bei einer Internationalisierung, die ja viele Startups irgendwann anstreben, empfiehlt, zuerst einen kleineren Markt zu erschließen, um daraus für den ganz großen Schritt zu lernen.
Wie man Social Media optimal vernetzt – aus der Sicht von Dentsu Aegis Network (DAN)
Ganz große Schritte macht das global agierende Agenturnetzwerk Dentsu Aegis schon lange, aber selbst ein solcher Gigant der Werbewirtschaft muss sich der Herausforderung stellen, Social Media für Kampagnen wirkungsvoll einzusetzen. Darin unterscheidet man sich gar nicht so sehr von kleinen Startups. Anhand von fünf Beispielen verdeutlichte Zoja Paskaljevic, designierter CEO von Dentsu Aegis Network in Deutschland, wie DAN mit den Möglichkeiten der digitalen Welt umgeht. Um von Burberry gesponsorte Konzerte zu bewerben, wurden Instagram-Blogger ebenso eingesetzt wie korrespondierende Außenwerbung. Für Mediamarkt wurde Harry Wijnvoord reaktiviert, um auf YouTube die Webshow „Der Preis ist nice“ zu präsentieren. RTL und Gelbe Seiten haben gemeinsam das Serviceportal „Deutschland geht’s an“ ins Leben gerufen. Während der Fußball-WM hat adidas in Echtzeit sowohl über Posts als auch per Außenwerbung die aktuellen Ereignisse begleitet. Und gerade hat Microsoft sein Lumia Smartphone in einer Aktion beworben, bei der Fans ein Video für die Popband Clean Bandit drehen konnten, was unter anderem YouTube-Darling Shirin David wortreich promotete. Solche übergreifenden Aktionen werden die Zukunft der Werbung dominierien, und dabei wird Social Media immer mehr in den Mittelpunkt rücken.
Zurück aus der großen weiten Welt nach Hamburg, wo die Startup-Szene viel bunter und aufregender ist, als manches Klischee behauptet. Sina Gritzuhn konnte das anhand der Daten aus dem Hamburg Startup Monitor belegen, einem bundesweit einmaligen Projekt, das Startups die Möglichkeit gibt, sich auf einer Plattform mit den wichtigsten Unternehmensdaten vorzustellen. Aus diesen Informationen lassen sich viele interessante Erkenntnisse gewinnen, etwa, dass die Gamesbranche in Hamburg eine Führungsposition einnimmt, Abomodelle weit verbreitet sind und leider immer noch zu wenig Frauen gründen, aber wenn, dann in allen Branchen, nicht nur in vermeintlich frauentypischen. Diese und viele weitere Ergebnisse sind auf der Webseite frei zugänglich. Zu den rund 240 Startups, die sich im Monitor inzwischen registriert haben, gehört auch Familonet, eine App, die Familienaktivitäten zu koordinieren hilft. Mitgründer Hauke Windmüller lobte den Standort Hamburg und berichtete von erfolgreichen Finanzierungsrunden.
Dieser Screenshot von der Webseite von WHYownit illustriert eine essenzielle Frage, die sich alle Gescheiterten stellen.
Dass längst nicht alle Starups erfolgreich sind und viele Geschäftsideen früher oder später scheitern, ist eine altbekannte Tatsache. Relativ neu ist dagegen, sich offen zu seinen Fehlschlägen zu bekennen und darüber zu reden. Bei der letzten Veranstaltung des Tages im betahaus war sogar von der Sehnsucht nach Scheitern die Rede. Zumindest die Akzeptanz ist mittlerweile gestiegen, wie sie angeblich in den USA schon immer bestanden hat. Und auch gestern gab es Applaus für alle, die ihre Flops dem Publikum schilderten. Mal lag es am falschen Geschäftspartner, wie bei den Slacklines von redtail, mal am falschen Produkt für die richtige Idee, wie bei der Freizeit-App SessionLine, aus der der erfolgreiche Blog „Heute in Hamburg“ hervorgegangen ist. Jeremy Abbett von Google, einst selbst mit einem Projekt gescheitert, nannte drei wesentliche Faktoren, deren Fehlen einen Misserfolg bedingen kann. Vereinfacht formuliert sind das Geduld, Entschlossenheit und Durchsetzungskraft. Und dann war da da noch der Stargast des Abends: Philipp Gloeckler, der gerade seine Verleih-App WHYownit aus dem Angebot genommen hat und dessen dazugehöriger Blogeintrag viral furore macht. Trotz großer Medienpräsenz zuvor: noch nie war die Resonanz so groß wie jetzt. Scheitern kann auch ein Erfolg sein.