Der Berliner Rechtsanwalt Dr. Thomas Schulte analysiert die Bedeutung des am Bundesgerichtshof (BGH) gefällten Urteils zum Auskunftsanspruch gegen ein Internetportal bei anonymen Bewertungen. Sieg gegen die Zensur oder Freifahrtschein für Cybermobbing?
Dr. Schulte & Partner (Quelle: Facebook-Seite der Kanzlei)
„Online-Kritiker dürfen aufatmen – das Recht auf freie Meinungsäußerung wird auch in Zukunft nicht beeinträchtigt werden. Die Forderung, dass ein anonymer Online-Kritiker seine Identität im Fall eines Interessenkonflikts preisgeben muss – und sich damit vielleicht gravierende persönliche Nachteile auflädt – ist abgeschmettert worden.
Auf jeden Fall ist die Entscheidung juristisch einleuchtend: Grundsätzlich haftet der Betreiber eines Bewertungsportals für Äußerungen auf seinem Portal nicht, es sei denn, er hat sich die Bewertungen redaktionell angeeignet und zeichnet für sie mit seinem Namen. Eine generelle Pflicht, die von den Nutzern ins Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen – im Sinne von persönlichkeitsverletzenden Inhalten – zu prüfen, gibt es nicht. Werden aber dem Portalbetreiber Inhalte als rechtswidrig gemeldet, so hat er diese Vorwürfe zu prüfen und den Eintrag notfalls zu löschen. Erst wenn gegen diese Pflicht verstoßen wird, haftet der Portalbetreiber auf Unterlassung. Einzig und allein in diesem Fall muss ein Portalbetreiber die Daten des entsprechenden Kritikers preisgeben.
Im aktuellen Fall hatte der Betreiber des Bewertungsportals die ehrverletzenden Bewertungen zwar sofort gelöscht, jedoch nicht durch einen Filter verhindert, dass inhaltsgleiche Posts erneut verfasst werden können. Ein derartiger Filter – und hier liegt der eigentliche Kern des neuen Urteils – sei dem Betreiber eines Bewertungsportals nicht zumutbar. Angesichts des Aufwandes für einen derartigen Filter und der Kosten hierfür ist dies grundsätzlich nachvollziehbar. Das heißt konkret: Anonymes Bewerten und Kritisieren bleibt weiterhin möglich, solange der Portalbetreiber auf ‚Zuruf‘ ehrverletzende Äußerungen entfernt. Erst wenn hiergegen verstoßen wird, hat der Kritiker mit einer Offenbarung seiner Daten zu rechnen.“
Dr. Thomas Schulte ist Gründungspartner und Namensgeber der Kanzlei Dr. Schulte und Partner Rechtsanwälte. Neben bekannten Urteilen, die er u. a. gegen Banken, Versicherungen und andere namhafte Firmen erstritten hat, gilt er insbesondere als vertrauenswürdiger Ratgeber für erfolgreiche mittelständische und große Unternehmen und Familien.
Zu seinen Tätigkeitsfeldern zählen insbesondere Bank- und Kapitalmarktrecht, Zivil- und Verbraucherschutzrecht, Insolvenzrecht, Internetrecht sowie die Unternehmensberatung. Neben der qualifizierten juristischen Arbeit für seine Mandanten liegt ihm die Aus- und Weiterbildung besonders am Herzen. Zukunftsorientiertes Engagement und die Förderung zur Nachhaltigkeit sind ihm wichtig.
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