Viele Menschen in Entwicklungsländern leben nach wie vor unter schwierigen Bedingungen. Das fängt schon bei den Häusern an, die oft die einfachsten Standards nicht erfüllen. Häuser aus Erde-Zement-Blöcken können eine sinnvolle Alternative sein. Deren Produktion hat sich das Sozial-Startup Building Pioneers zur Aufgabe gemacht.
Treibende Kraft bei Building Pioneers ist Ava Mulla (im Bild oben mit Kindern in Bangladesch). Ihr Vater stammt aus Karachi, Pakistan, die Mutter aus Deutschland. Bei einer Reise nach Karachi im Alter von 12 Jahren hatte sie verstörende Erlebnisse. Die Eindrücke von Armut und Gewalt auf offener Straße, sogar gegen Kinder und Bettler, ließ sie den Entschluss fassen: Wenn ich groß bin, komme ich zurück, um zu helfen.
Ava hat Wirtschaftsingenieurwesen an der Hochschule München studiert. Während des Studiums hörte sie von der Arbeit des Nobelpreisträgers Muhammad Yunus, der vor allem für seine Konzepte für Mikrokredite bekannt ist. Sie war sofort begeistert von seiner Idee von Sozialunternehmertum und der Möglichkeit, den Wunsch die Welt zu verbessern mit Technik und Wirtschaft zu verbinden. Also reiste sie zum Yunus Centre in Bangladesch, um mehr darüber zu lernen. Dort hat sie unter anderem die Idee für vorgefertigte Hausbaukästen für Slums entwickelt und zu diesem Thema ein gemeinsames Projekt von IKEA und UNHCR beraten.
Ein Haus aus Erde-Zement-Blöcken, weiß gestrichen
In Bangladesch sah sie auch Häuser aus selbstproduzierten Erde-Zement-Blöcken. Die Blöcke stammten von einer Hilfsorganisation, die auf Spendengelder angewiesen war und nur sehr wenige davon herstellen konnte. Dennoch war Ava sofort überzeugt, dass die Technologie großes Potenzial hat. Sie entschied sich, Erde-Zement-Blöcke in Bangladesch mithilfe eines Unternehmens auf den Markt zu bringen. Zusammen mit ihrem Mitgründer Odin Mühlenbein suchte sie nach lokalen Partnern und Geldgebern. Im Januar 2015 war es dann soweit: Building Pioneers war geboren und hatte die nötige Finanzierung sowie eine Partnerorganisation, um ein einjähriges Pilotprojekt in Bangladesch zu starten. Im Oktober soll die Produktion anlaufen und Anfang 2016 das erste Haus stehen.
Dabei sind die Bedingungen in Bangladesch oft schwierig und verzögern das Projekt . Ein Generalstreik etwa legte mehrere Monate lang das ganze Land lahm, und wegen Unruhen war es zeitweise nicht möglich zu reisen. Die Korruption ist allgegenwärtig, und manchmal dauert es Tage, bis man eine Schubkarre findet. Gründerin Ava betont dennoch: „Ich werde jeden Tag dafür belohnt, dass ich meine Komfortzone verlassen habe. Ich kann mir ein normales Leben in Deutschland gerade gar nicht vorstellen.“
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Aber warum Erde-Zement-Blöcke? Nun, sie sind eine kostengünstige und umweltfreundliche Alternative zu konventionellen Baumaterialien wie gebrannten Lehmziegeln und Wellblech. Die Herstellung ist einfach und kann nach einem kurzen Training von ungelernten Arbeitern ausgeführt werden. Dazu mischt man Erde mit Sand, 5% Zement und etwas Wasser. Die Mischung wird in einer manuellen Presse (Bild links) zu einem Block verdichtet, der anschließend 28 Tage an der Luft trocknet. In dieser Zeit bindet der Zement ab und macht die Blöcke hart und wasserresistent. Dann sind sie fertig für den Hausbau (Bild rechts).
Mit der Blockpresse kann man verschiedene Blockformen herstellen, z.B. ineinandergreifende Blöcke, ähnlich den Legosteinen, für erdbebensichere Häuser. Die Blöcke haben eine so hohe Festigkeit, dass man damit ohne Betontragwerk mehrstöckig bauen kann. Im Vergleich zu Lehmziegeln verursachen Erde-Zement-Blöcke 75-90% weniger CO2, weil sie nicht gebrannt werden. Das verhindert auch die massive Entwaldung für Feuerholz und die Abhängigkeit von Kohleimporten aus Indien. Zudem sind die Arbeitsbedingungen in der Erde-Zement-Block Produktion sicherer und gesünder als in einer Ziegelbrennerei.
Ava Mulla und Vertreter von lokalen NGOs in Bangladesch, die an dem Projekt interessiert sind
Mit Building Pioneers wollen Ava Mulla und Odin Mühlenbein in drei Bereichen soziale Wirkung erzielen. Erstens: solide Häuser für Menschen aus unteren Einkommensgruppen erschwinglich machen und damit ihre Lebenssituation verbessern. Zweitens: Einkommensmöglichkeiten und gute Arbeitsbedingungen für ungelernte Arbeiter schaffen. Drittens: CO2-Emissionen und die massiven Entwaldung eindämmen, die durch die gut 6000 Ziegelfabriken in Bangladesch verursacht wird.
Sie setzen darauf, dass auch große Unternehmen das Produkt aufgreifen und den gesamten Markt in Bangladesch mit Erde-Zement-Blöcken versorgen. Der soziale Aspekt und die finanzielle Nachhaltigkeit stehen für das Gründerduo an an erster Stelle, nicht die Gewinnmaximierung. Alle Überschüsse werden in das Unternehmen reinvestiert, um so noch mehr Wirkung zu erzielen. Ava fasst die Idee von Building Pioneers für sich zusammen: „Für mich ist das die schönste Form, Technik mit Wirtschaft und ‚Weltverbessern‘ zu verbinden.“