„Ich glaube, es hackt!“, hieß es am vergangenen Wochenende in Hamburg, denn für für knapp zweieinhalb Tage fand sich die Startupszene in der Hansestadt zusammen, um ordentlich auf die Hacke zu hauen. Beim Business Hack Weekend ging es aber um weit mehr als nur Spaß; sechs Teams haben rund um die Uhr gehackert und tolle Lösungen für konkrete Aufgaben gefunden.
Das erste Startup Weekend fand 2007 in Boulder, Colorado statt. Schnell setzte sich die Idee durch, an einem verlängerten Wochenende spontan zusammengestellte Teams ein Startup quasi über Nacht aus dem Boden stampfen und im Idealfall sogar erfolgreich in den Markt bringen zu lassen. Mittlerweile ist Startup Weekend ein weltweit agierendes Non-Profit-Unternehmen, das in über 100 Ländern Menschen zusammenbringt, um sich gemeinsam in das Abenteuer Entrepreneurship zu stürzen.
Tim Jaudszims, Erfinder des Business Hack Weekends, macht deutlich, worum es bei dem Event geht (das mit dem kühlen Bier ist natürlich reiner Zufall)
Das Business Hack Weekend, das letztes Wochenende erstmals in Hamburg stattfand, adaptiert dieses Konzept und überträgt es auf bereits bestehende Unternehmen, die reale Aufgaben an Teams stellen, deren Mitglieder sich zu diesem Zweck zum ersten Mal begegnen. Und damit von Anfang an klar war, dass es sich hier um keinen drögen Workshop, sondern um puren Rock ’n‘ Roll handelte, heizte Lasse Chor, Gründer aus Aarhus, weltweit auf Startup-Mission und nach eigener Definition „Happiest Man Alive“, als Moderator den Teilnehmern gleich zu Beginn derart ein, dass… Aber das kann man nicht beschreiben, das muss man erlebt haben!
Motivator Lasse Chor zeigt, auf wen es ankommt
Derart motiviert, machten sich sechs Teams aus vom Startup-Virus Infizierten sofort an die Arbeit, um von Freitagnachmittag bis Sonntagnachmittag die Challenges zu meistern. Dabei wurde pivotiert, was das Zeug hielt: Ideen über den Haufen werfen, alles Erreichte infrage stellen, zwischendurch richtig genervt sein und dann, wenn man schon gar nicht mehr damit gerechnet hatte, die Lösung, die begeistert, finden – so oder so ähnlich dürften es wohl alle erlebt haben. Jetzt nur noch schnell die Präsentation zusammenstellen und den Pitch proben, der nicht länger als vier Minuten dauern durfte. Während des gesamten Prozesses standen zahlreiche erfahrene Mentoren und Coaches zur Verfügung, die manchmal auch Verwirrung stifteten, meist aber wesentliche Hilfestellungen leisteten.
Und dann war es soweit, Sonntag, 1. Februar, kurz nach 16 Uhr: Finale des Business Hack Weekends! Den Anfang machte die Xing-Gruppe, die einen Service entwickelt hatte, der User mit arbeitsrechtlichen Problemen und geeignete Anwälte online zusammenbringt. Das Team von Stage Entertainment, dem Musical-Giganten, hatte sich ein Armband für VIP-Ticket-Kunden ausgedacht, das nicht nur Zugang zu allerlei Privilegien rund um das Musicalerlebnis ermöglicht, sondern auch den Puls misst und von den Szenen, die die Nutzer als besonders bewegend empfinden, Videos aufnimmt und als besonderes Souvenir verschenkt.
Der Next Media Accelerator, eine dpa-Tochter, sucht taufrische Startups, die journalistische Inhalte und allgemein genuine Informationen innovativ und profitabel publik machen können. (Nicht angestrebt wird übrigens die Rettung des Journalismus, den sieht man nicht in Gefahr.) Um das Auswahlverfahren zu erleichtern und zu optimieren, haben die Teilnehmer dieser Challenge eine revolutionäre Methode konzipiert, bei der modernste multimediale Methoden zum Einsatz kommen, um alle Bewerberteams auf Herz und Nieren prüfen zu können, ohne sie persönlich einladen zu müssen. Für manche der heimliche Sieger des Business Hack Weekends (Anmerkung der Redaktion: Der Verfasser dieser Zeilen nahm selbst an der Challenge teil und ist daher nicht objektiv.).
Diese Jury hatte das Vergnügen der Wahl: Christoph Ihl vom TUHH Startup Dock, Sina Gritzuhn von Hamburg Startups, Oliver-Arne Hammerstein von der Silpion IT-Solutions GmbH und der Gründerwerft, Stefanie Hagemüller von KPMG und Nikolaus Förster von IMPULSE. Links fast im Bild: das betahaus Hamburg, Ort zahlreicher Startup-Events und erneut hervorragender Gastgeber.
Kommen wir zu den offiziellen und natürlich verdienten Gewinnern. Einen Sonderpreis gab es für Herz Piraten, eine Stiftung, die herzkranken Kindern das Erlebnis eines Segeltörns ermöglicht. Die Jury entschied sich spontan, die gerade entwickelte Social Media Kampagne, die gleichermaßen Geld einsammeln und Awareness erzeugen soll, auch finanziell zu unterstützen. Der Preis für den besten Pitch ging an das Haspa-Team; es entwarf eine App für das Bonusprogramm Haspa Joker der Hamburger Sparkasse und glänzte mit einer besonders amüsanten Performance.
Den Hauptgewinn sicherte sich die Gruppe, die im Auftrag des Paketdienstes Hermes unterwegs war. Sie ersann die sogenannte LOQi-Station und bastelte auch gleich einen Protyp zusammen, der so gut wie übermorgen in Serie gehen könnte (Bild oben). An dieser Station können Kunden eigenständig Retouren einchecken, somit lästige Wartezeiten vermeiden und dabei sogar noch Rabatte für die nächste Bestellung oder andere Vorteile einstreichen. Kunde glücklich, Paketshop-Betreiber entlastet, E-Commerce-Versender mit wichtigen Kundeninfos versorgt – win, win, win!
Das gilt auch für das Business Hack Weekend insgesamt. Da die Challenges echte Unternehmensfragen behandelten und die entscheidenden Personen vor Ort und oft aktiv an den Lösungen beteiligt waren, ist damit zu rechnen, dass viele der Ideen tatsächlich umgesetzt werden. Am Ende waren sich alle einig, dass man dem Initiator Tim Jaudszims zu der Idee und der Durchführung nur gratulieren kann. Fortsetzung hoffentlich bald!
Alle Fotos: Sina Gritzuhn & Torben Jensen von Hamburg Startups