Unter chronischen Wunden leiden Millionen Menschen. Ihnen will das Greifswalder Startup Coldplasmatech mit modernster Technik helfen und ist dafür im Novemer 2014 mit dem Invention Gründerpreis belohnt worden.

Das Problem: chronische Wunden
Eine Wunde, die ca. sechs Wochen nach ihrer Entstehung noch nicht angemessen verheilt ist, wird in der Regel als chronisch bezeichnet. Am häufigsten entstehen chronische Wunden durch eine Erkrankung der Venen an den Beinen, durch Störungen der Blutversorgung bei Diabetes oder einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit. Eine weitere Ursache sind Druckgeschwüre (Dekubitus) bei bettlägerigen Patienten – umgangsprachlich „sich wund liegen“. Ein solcher Krankheitsverlauf ist kein Einzelschicksal, Schätzungen gehen von bis zu vier Millionen Betroffenen in Deutschland aus. Herkömmliche Methoden, die Wunden durch Desinfizieren und Verbinden zu schließen, führen in den meisten Fällen nicht zum Erfolg.

Die Lösung: Heilung durch kaltes Plasma
Bei der Frage nach den Aggregatzuständen fallen den meisten bestenfalls die klassischen drei ein: fest, flüssig und gasförmig. Physiker kennen noch eine Reihe anderer, und zumindest den Begriff „Plasma“ hat man schon häufiger gehört. Dabei handelt es sich, vereinfacht gesagt, um energetisch angereichertes Gas. Nimmt man das gesamte Universum als Maßstab, ist das sogar der Normalzustand, in dem sich auch unsere Sonne befindet. Die ist bekanntlich sehr heiß, doch es ist auch möglich, kaltes Plasma zu erzeugen, das zum Beispiel in Leuchtstoffröhren zum Einsatz kommt. Oder in der Medizin.

Plasma wirkt auf der Oberfläche der Zellen_2
Bild: Durch Plasma aktivierte Gase enthalten verschiedene physikalische Komponenten, die sich positiv auf die Wundheilung auswirken und selbst multiresistente Keime abtöten.

Es ist durch zahlreiche Tests und Anwendungen belegt, dass kaltes Plasma die Inaktivierung von heilungshemmenden Wundkeimen bewirkt, darunter auch solche, die Multiresitenzen gegen gängige Antibiotika aufweisen. Zudem wird unter anderem das Wachstum von Blutgefäßen (Angiogenese) gefördert, die Durchblutung des Gewebes erhöht und allgemein die Wundheilung angeregt. Die Behandlung ist schmerzfrei, und Erfolge sind oft schon nach wenigen Tagen festzustellen. Meistens werden Geräte eingesetzt, die an einen Stift erinnern. Die Erfindung von Coldplasmatech geht da einen Schritt weiter.

Die Tüftler vom Leibniz-Institut für Plasmaforschung und -technologie e.V. aus Greifswald haben eine schlichte und handliche Box entworfen, mit deren Hilfe Energie so umgewandelt wird, dass kaltes Plasma erzeugt werden kann. Dieses wird auf einer zehn mal zehn Zentimeter großen Silikon-Wundauflage als bläuliches Schimmern sichtbar. Der Vorteil gegenüber den schon erwähnten Stiften ist offensichtlich; das Gerät kann großflächige Wunden abdecken und ist so einfach zu bedienen, dass Patienten die Behandlung auch eigenständig zu Hause durchführen könnten. Verdientermaßen erhielt Coldplasmatech dafür im November den Invention Gründerpreis, verliehen vom Verband Die Jungen Unternehmer (BJU) und der Welt-Zeitungsgruppe. Carsten Mahrenholz und seine drei Mitgründer freuen sich über ein Preisgeld von 20.000 Euro und über einen erfahrenen Unternehmer, der sie für ein Jahr unterstützen wird.

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Bild: Skizze der Plasmabox von Coldplasmatech; ein offizielles Foto liegt noch nicht vor

Welche Bedeutung der Preis weiterhin für das bereits durch das EXIST-Programm vom Bund geförderte Startup hat, verrät uns Mahrenholz exklusiv: „Der Gewinn des Invention-Preises hat für uns mehrere Vorteile. Natürlich ist ein so hoch dotierter Preis für unser zukünftiges Unternehmen hilfreich, da wir das Geld als Gründungskapital verwenden. Das erleichtert uns die Co-Finanzierung der zweiten Phase des EXIST-Programms, und ermöglicht uns damit, länger unabhängig zu bleiben.Viel wichtiger sind allerdings zwei weitere Komponenten:

Durch die Bewerbungsrunden und Feedbacks von Juroren und Experten schärft man sein Profil, und das Businesskonzept reift weiter. Wir bemühen uns, unsere Begeisterung für das Thema, das zukünftige Produkt und unser gemeinsames Unternehmen ständig mit der Realität abzugleichen, um die Dinge nicht durch die berüchtigte rosarote Gründerbrille zu sehen. Sich und die Unternehmung ständig zu hinterfragen und einer externen Kritik auszusetzen, hilft uns am Ende, eine Lösung (wissenschaftlich, wie wirtschaftlich) zu entwickeln, die in der Lage ist, unser hochgestecktes Ziel zu erreichen: die Einführung eines Produktes, das endlich in der Lage ist, chronische Wunden zu heilen.

Und der dritte große Vorteil: Kaltes Plasma ist von der Technologie her für Ärzte sowie Patienten noch weitgehend unbekannt. Durch die hervorragende, deutschlandweite Pressearbeit der Welt-Gruppe können sich Patienten wie auch Behandler nun über diese Technologie informieren. Ohne die öffentliche Aufmerksamkeit, die wir mit Erhalt des Invention-Preises bekommen haben, wäre das sehr viel schwieriger gewesen.“

Über die Pläne für das kommende Jahr äußert er sich folgendermaßen: „2015 wird ein sehr spannendes Jahr für Coldplasmatech. Wir planen, im Frühjahr die Zulassung unseres Medizinproduktes zu beginnen und damit auch zeitnah die Unternehmensgründung mit Eintritt in die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderte 2. Phase des EXIST-Forschungstransfers. Als junges Startup müssen wir dann die Herausforderung meistern, die Kalt-Plasma-Technologie an den Wundmarkt zu kommunizieren und letztendlich einzuführen.“

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Das ist das Coldplasmatech-Team: Stephan Krafczyk, Wirtschaftsingenieur für Maschinenbau; Tobias Güra, Medizinökonom; Dr. Carsten C. Mahrenholz, Biologe, Chemiker und Wirtschaftswissenschaftler; Dr. René Bussiahn, Plasmaphysiker.

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