Das Angebot an Apps aller Art ist unüberschaubar, und die Gefahr, mit einem neuen Produkt unterzugehen, riesengroß. Beim App Strategy Workshop, der kürzlich in Hamburg stattfand, diskutierten Experten darüber, wie man mit Apps Erfolgreich sein und Geld verdienen kann. Wir fassen die wichtigsten Punkte zusammen.

„Die Kunden sind Idioten“, eröffnet Ukseong Moon von der Foto-App Retrica ironisch die erste Gesprächsrunde, und meint damit: Die meisten Nutzer möchten sich möglichst wenig mit der Funktionsweise einer App auseinandersetzen müssen, also sollte man sie so simpel und anwenderfreundlich wie es geht gestalten. Es fängt schon beim Logo an; das unmissverständliche Kameramotiv von Retrica ist da ein gutes Beispiel. Weiterhin sollte man sich auf die bevorzugte Anwendung der App konzentrieren und Modifizierungen daran orientieren. Retrica  zum Beispiel war ursprünglich für Landschaftsaufnahmen konzipiert, wurde aber bald überwiegend für Selfies genutzt und vom Anbieter entsprechend optimiert.

Neben der Frage, wie die App genutzt wird, kann auch das Wann von Bedeutung sein. Ob am Morgen, am Abend, am Wochenende, in der Freizeit, während der Arbeit – Detailwissen über das Userverhalten kann manchmal den entscheidenden Unterschied machen. Und als Fazit sagt Moon: Folge nicht irgendeinem Trend, Du wirst wahrscheinlich zu spät sein. Überlege lieber, was in einem Jahr funktionieren und möglichst viele Menschen erreichen könnte.

Andrew Gilligan of Smaato, Moritz Daan of SoundCloud, Richard Downey of The Mobile House, & Michael Munn of Venticake
Andrew Gilligan von Smaato moderiert die Diskussionsrunde mit Moritz Daan, Richard Downey und Ukseong Moon

Moritz Daan von Soundcloud hebt die Unterschiede zwischen den verschiedenen Betriebssystemen hervor. iOS-Kunden sind wertvoller, weil zahlungskräftiger, als die von Android, und Windows spielt bei Mobile keine Rolle. Vor dem Launch einer App sollte die Strategie komplett stehen, den gerade im App Store von Apple sind die ersten sieben Tage von entscheidender Bedeutung, erreicht man da kein gutes Ranking, ist der Zug fast schon abgefahren. Die richtigen Keywords, sowohl in Englisch als auch in Spanisch, können helfen. Daan empfiehlt zudem Push Notifications, die Nutzer über Neuheiten und Verbesserungen der App informieren, eine SEO-optimierte Webseite und ordentliche Backlinks, die beispielsweise durch redaktionelle Zusammenarbeit mit Seiten wie TechCrunch zustande kommen können.

Richard Downey von der Marketingagentur The Mobile House bestätigt, dass Android gut für das Massengeschäft ist und iOS sich eher für hochwertigeres Business eignet. Er hält eine aufwändig gestaltete eigene Webseite für weniger essentiell als eine erfolgreiche Präsenz in den sozialen Medien, besonders auf Facebook. Auf jeden Fall sollte man Berurteilungen und Bewertungen von Nutzern große Beachtung schenken und aus Kritik die Konsequenzen ziehen. Im B2B-Bereich ist individuelle PR erfolgversprechender als klassische Werbung. Um eine App zu testen, die Reaktionen auszuwerten und das Produkt zu optimieren, empfiehlt Downey, zuerst in einem kleineren Markt zu launchen, etwa Irland, denn mit hoher Wahrscheinlichkeit wird am Anfang etwas schiefgehen. Deshalb sein letzter Tipp: Niemals das ganze vorhandene Geld auf einen Schlag ausgeben!

In einer weiteren Expertenrunde geht es um die Frage, wie man mit Apps Geld verdienen kann, speziell durch In-App-Werbung. Hannes Michelke von der Agentur KissMyAds macht zu Beginn klar, dass der Markt für neue, unabhängige Anbieter ein Haifischbecken und es schwer ist, ein Stück vom Kuchen abzubekommen, während für etablierte Player goldene Zeiten angebrochen sind. Sven Ossenbruggen vom Computerspieleanbieter Xyrality bestätigt das und fügt hinzu, dass es gerade für Games bei ihrem Start 2011 leichter gewesen sei; heute sind viel mehr Mitbewerber am Start. Auch Thomas Sommer von der Berliner Agentur AppLift spricht von einem härteren Wettbewerb, weshalb Mohamed Ben Hiba von Smaato einen Ratschlag aus dem vorigen Panel aufgreift und zusammenfasst: Habe eine eindeutige Strategie und einen genauen Businessplan, bevor Du Deine App launcht!

Anders Lykke of Priori Data, Hannes Michelke of KissMyAds, Thomas Sommer of AppLift, Mohamed Ben Hiba of Smaato, & Sven Ossenbruggen of Xyrality
Anders Lykke von Priori Data befragt Hannes Michelke, Thomas Sommer, Mohamed Ben Hiba und Sven Ossenbruggen

Alle waren sich einig, dass In-App-Werbung, also Werbebotschaften, die während der Nutzung einer App verbreitet werden, ein wichtiges Instrument zur Monetarisierung sind, wenn man sie richtig einsetzt. Dazu gehört ein optimales Targeting, welches sicherstellt, dass exakt zum jeweiligen Nutzer passende Werbung eingespielt wird. Auch darf diese keinesfalls als störend empfunden werden und etwa den Spielfluss unterbrechen; die Platzierung ist also ebenfalls entscheidend. Weiterhin sollte sie zum USP der App passen und qualitativ hochwertig sein, was zum Beispiel durch HD-Videos heutzutage immer häufiger gegeben ist. Ein gutes Mittel, um Werbung optimal zu streuen, ist das Real Time Ridding, eine Art ebay für Marketingkampagnen, bei der Maschinen innerhalb von Sekundenbruchteilen Werbeplätze aushandeln.

Wiederholt betonen die Experten, wie wichtig es sei, seine Kunden zu kennen und auf ihre Bedürfnisse einzugehen. Ein Mittel zur Nutzergewinnung ist, eine kostenlose Testphase anzubieten und erst später für einen Service Geld zu verlangen. Um wirklich den Bedürfnissen der User gerecht werden zu können, gilt es, möglichst viele Daten über sie zu sammeln. So verschmelzen die klassischen Methoden der Kundenpflege mit den Möglichkeiten, die Big Data auch für Anbieter von Apps eröffnet.

Der Hamburg App Strategy Workshop war eine Veranstaltung der Application Developers Alliance, einer weltweit agierenden Non-Profit-Organisation, und fand statt in den Räumlichkeiten der auf Mobile Ads spezialisierten Agentur Smaato.

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