Jannes Fischer ist Gründer und CEO von vermietet.de. Bevor er das erfolgreiche Proptech Startup gründete, hat er bereits einige spannende Stationen durchlaufen. Hier spricht er über seine Zeit bei Rocket Internet, was er in Hongkong erlebt hat und wie er zum Thema Work Life Balance steht.

GF: Erzähl doch mal was zu deinem Background.

Jannes: Ich komme ursprünglich aus Hannover und habe an der WHU studiert. Vor der Gründung von vermietet.de war ich für Rocket Internet als Managing Director beim Online Essenslieferdienst-Marktplatz Foodpanda in Hongkong, wo ich die Organisationsentwicklung verantwortete. Das war eine spannende Herausforderung, auch weil ich vorher noch nie in Asien war. Dort habe ich gelernt, wie man ein Unternehmen skaliert und aufbaut, und zwar kein kleines: insgesamt waren dort mit Fahrer und Call-Center plus Management fast 200 Leute beschäftigt. Bei Rocket habe ich auch an der Koordination des Berlin Launchs von zipJet, einem Online-Wäscheservice, mitgearbeitet. Das Thema war mir nicht neu, weil ich schon im Studium eine Textilreinigung übernommen, aufgebaut und dann wieder verkauft habe. All diese Erfahrungen wollte ich dann gern in Eigenregie umsetzen und selbst gründen.

GF: Dann bist du zurück nach Deutschland?

Jannes: Genau. Zurück in Berlin wußte ich noch nicht, in welchem Bereich ich gründen wollte. Allerdings hatte ich bereits eine Liste mit ca. 300 Ideen, die ich in Studienzeiten angelegt hatte. Diese Liste bin ich durchgegangen und habe die Ideen nach Relevanz sortiert. In dieser Zeit fing ich dann auch bei Cherry Ventures an. Wir haben direkt vereinbart, dass ich nebenbei trotzdem meine eigenen Ideen weiterverfolgen kann. Daraus entstand dann letztlich vermietet.de.

Die Idee kam primär auf, weil meine Familie selbst Immobilien besitzt und meine Großeltern mir vor einigen Jahren die Verwaltung übertragen hatten. So sehr mich das Thema faszinierte, fand ich es ungemein frustrierend, dass ich zwar innerhalb meiner beruflichen Umgebung quasi alle Informationen und Prozesse automatisiert und in Dashboards organisiert vorfand, aber bei so etwas Herkömmlichen wie unseren Immobilien auf Stift, Papier und Excel zurückgreifen musste. Dann gab es im April 2016 auf einer Eigentümerversammlung einen Schlüsselmoment. Es ging um eine Holztür, die bereits seit zwei Jahren defekt war. Wir hatten im Vorfeld der Versammlung von der Hausverwaltung ausgedruckte Faxpapiere mit eingescannten Kostenvoranschlägen bekommen. Das war an Intransparenz kaum zu übertreffen. Selbstverständlich konnten wir uns auch in dieser Versammlung nicht darauf einigen, was zu tun sei. Die Diskussion zog sich endlos und blieb auch Monate danach ohne Ergebnis – primär deshalb, weil uns allen ein direkter, transparenter Bezug zu unserer Immobilie fehlte. Das war der Moment, in dem wir beschlossen haben, vermietet.de aufzuziehen.

GF: Hast du in der ganzen Zeit Learnings rausgezogen? Besonders in der Zusammenarbeit mit Cherry Ventures?

Jannes: Ich glaube, man muss sich überlegen, warum man zu einem Venture Fund geht. Entweder geht man dort hin, um etwas zu lernen und weil man verstehen möchte, wie ein VC auf bestimmte Modelle guckt – so war es bei mir. Oder aber man geht dort hin, weil man selber langfristig eine Karriere im Venture Capital anstrebt. Um zu verstehen, wie und wo man am besten investiert, denke ich jedoch, dass es sehr hilfreich ist, schon mal selbst ein Unternehmen geführt zu haben.

Ein Learning ist sicherlich, das man als Gründer ein Verständnis dafür entwickeln sollte, wie VCs funktionieren. Ein VC hat immer bestimmte Hypothesen und ist gezwungen, seine Investmententscheidungen an diesen zu orientieren. Das ist nur natürlich, weil er auf diese Art seinen LPs die Rahmenbedingungen für seine Investments garantiert. Doch selbstverständlich gibt es viele gute Geschäftsmodelle, wo einige dieser Kriterien einfach nicht reinpassen. Beispielsweise ist der Markt keine Milliarde groß, oder das Modell monetisiert erst sehr spät. Inzwischen ist dies jedoch kein Problem mehr, denn heutzutage drängen auch diverse andere Investoren in die Startup-Szene: Family Offices, Corporates, Business Angels. Das ist gut für das Ökosystem, da so eine Vielzahl von Modellen mit Kapital ausgestattet werden.

GF: Zurück zu Rocket, weil es immer wieder spannend ist, was waren die einprägsamsten Momente für dich?

Jannes: Als ich mit Rocket in Hongkong war, ist mir dort besonders dieser unerbittliche Fleiß aufgefallen. Die ganze Atmosphäre, der Wille zum Konsum und zum harten Arbeiten, um aufzuholen – das war deutlich anders als in Deutschland. Der Kapitalismus ist da eben noch nicht so alt und das merkt man.

GF: Von deiner Liste, von den 300 Ideen, wie viele sind da entstanden, die andere gemacht haben?

Jannes: Erstaunlich viele. Ich hatte beispielweise das Konzept für Helpling oder aber auch Petsdeli, gesunde Bio-Tiernahrung auf meiner Liste. Von den 300 Ideen sind sicherlich 150 Unsinn, aber von den anderen 150 wurden bestimmt 50 bis 60 umgesetzt.

GF: Gibt es noch Ideen, bei denen du Gründern sagen würdest, da könnte man sich umschauen?

Jannes: Ich denke, dass es in der Proptech-Industrie eine Unmenge an Chancen gibt. Es ist jedoch ein komplexer Markt, und auf viele Konzepte sind wir erst gestoßen, nachdem wir selber eine gute Zeit in diesem Bereich gearbeitet haben. Mittelfristig bin ich davon überzeugt, dass nach Produkten nun nach und nach auch alle Dienstleistungen digitalisiert werden. Da diese jedoch im Vergleich zu statischen Produkten in ihrer Natur dynamisch sind, benötigt es eine tiefere Analyse der einzelnen Branchen, um gute Modelle zu finden.

GF: Wie hältst du es mit dem Thema Work Life Balance? 

Jannes: Das ist eine gute Frage. Work Life Balance sollte es für Gründer eigentlich nicht geben. Es impliziert, dass zwischen Arbeit und Freizeit eine Balance hergestellt werden sollte. Gründen ist ungemein hart, und wenn man die Arbeit nicht als seinen Lebensinhalt versteht, wird es schwierig mit dem Erfolg. Sicherlich muss man auch mal abschalten, auch um das Auge für die strategischen und langfristigen Themen nicht zu verlieren. Ich finde aber, man sollte dann besser mal einen Tag freimachen und dafür den Rest der Woche hart arbeiten. Als überzeugter Unternehmer macht ja auch gerade das Spaß. Rocket zum Beispiel ist genau deshalb so erfolgreich: durch Fleiß und harte Arbeit. Im Endeffekt geht es darum, möglichst schnell in einen Markt reinzukommen. Es geht um Ausführung und Geschwindigkeit. Letztendlich muss man selbst wissen, was man will. Es ist hart, eine Firma aufzubauen, aber man bekommt auch sehr viel zurück.

GF: Vielen Dank für das Gespräch! 

 

 

 

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