Wer mit einem eigenen Unternehmen den großen Schritt in die Selbstständigkeit wagt, hat viel Arbeit vor sich. Ein Geschäftsmodell muss entwickelt, eine Idee zu einer Geschäftsidee und ein Businessplan geschrieben werden. Weniger spannende Themen aus den Bereichen Finanzen und Versicherung geraten da schnell in Vergessenheit. Dabei ist gerade die Auswahl eines passenden Geschäftskontos essenziell für den Erfolg jeder Unternehmung. Wir zeigen hier, wer überhaupt ein Konto braucht und wie man vorgehen kann, wenn man für sich das perfekte Firmenkonto finden möchte.

Wer braucht überhaupt ein Geschäftskonto?

Das passende Konto für die Gründung
Brauche ich als Gründer überhaupt ein Konto?

Der Gesetzgeber schreibt nur für bestimmte Rechtsformen ein Konto vor, das auf den Namen des Betriebs angemeldet ist. Kapitalgesellschaften wie AG, UG und GmbH können ohne eigenes Konto nicht existieren. Auch wenn keine anderen Firmen juristisch gezwungen sind, ein eigenes Bankkonto zu führen, ist es für jede Unternehmung sinnvoll, das zu tun. Durch mehrere Konten ist es möglich, private von geschäftlichen Transaktionen zu trennen. Das vereinfacht die Buchhaltung erheblich und wirkt bedeutend professioneller, wenn man potenziellen Geschäftspartnern gegenübertritt oder dem Finanzamt die eigenen Konten offenlegen muss. Auch die bessere Übersicht über die eigenen Finanzen ist ein gutes Argument für ein separates Geschäftskonto. Die meisten Startups scheitern nämlich weder aufgrund von zu geringer Nachfrage noch durch einen Mangel an Kompetenz: In über 80% aller gescheiterten Startups liegt der Fehler darin, dass die Geschäftsführung den Überblick über die Finanzen verliert. Um dem vorzubeugen, ist ein ordentliches Firmenkonto der erste Schritt.

Wie findet man das richtige Konto?

Es gibt unzählige Anbieter auf dem Markt und ebenso unterschiedlich sind die Unternehmen, die sie nutzen. Daher kann man diese Frage nicht pauschal beantworten. Weil jeder Betrieb individuell agiert und eine eigene Strategie und Philosophie verfolgt, kann man lediglich Hilfestellungen geben, wie man auf der Suche nach einem passenden Angebot vorgeht. Zunächst kann man sich durch einen online Kontovergleich orientieren, was an Kosten auf einen zukommt. Da es aber zu viele Anbieter gibt, muss man weiter aussortieren. Dabei helfen diese 10 Fragen, die man sich als Gründer stellen sollte:

  1. Für welche Rechtsform ist das Konto?
  2. Will man einen persönlichen Ansprechpartner vor Ort?
  3. Wie viele Buchungen werden etwa monatlich stattfinden?
  4. Will man eine EC-/Kreditkarte?
  5. Ist Bargeldverkehr wichtig für den Betrieb?
  6. Ist Online-Banking wichtig für den Betrieb?
  7. Welche Rolle spielen beleghafte/beleglose Buchungen?
  8. Will man eine Dispooption?
  9. Genügt ein einzelnes Geschäftskonto langfristig?
  10. Kann man Unterkonten nutzen?

Je ausführlicher ein Gründer diese Fragen beantwortet, desto leichter tut er sich bei der Wahl eines geeigneten Kontos. Falls man nicht weiß, wo man mit seinen Überlegungen anfangen soll, helfen die folgenden Erläuterungen zu den einzelnen Fragen.

1. Rechtsform

Jedes Unternehmen hat eine Rechtsform. Deshalb kann man nicht gründen, ohne sich Gedanken um die Spielregeln zu machen, denen das eigene Unternehmen wird folgen müssen. Wie oben schon geschrieben sind Geschäftskonten für einige Rechtsformen Pflicht, während andere mehr Freiraum genießen. Die Faustregel lautet: Nutzt ein Betrieb doppelte Buchführung, muss er ein Geschäftskonto führen. Zu dieser Art der Buchführung sind alle Unternehmen verpflichtet, die 600.000€ im Jahr umsetzen oder über 60.000€ Gewinn erwirtschaften. Bei den dann zwingend notwendigen Geschäftskonten greifen Banken gern fest zu: Die Kontoführungskosten betragen gerade bei größeren Unternehmen schnell mehrere 100€-1000€ im Jahr. Wer sich für weniger streng reglementierte Rechtsformen, wie die GbR, entscheidet, hat in der Regel weniger laufende Kosten zu tragen. Allerdings wird die Bank dann mit Krediten weniger freigiebig sein, als bei einer GmbH.

2. Persönlicher Ansprechpartner

Hier zählt meistens nur die persönliche Vorliebe des Gründers. Oft sind Berater vor Ort heute überflüssig. Aber wenn man Wert darauf legt, sollte man auch bereit sein, Geld für einen Ansprechpartner zu zahlen. Die meisten Gründer haben die ersten Gespräche über Geschäftskonten ohnehin bei ihrer Hausbank. Nicht wenige nutzen auch direkt das erstbeste Angebot von ihr, um ein Geschäftskonto zu eröffnen. Nicht alle bereuen das im Nachhinein, aber fast alle könnten mit einem Angebotsvergleich erhebliche Summen im Jahr sparen. Bevor man sich für einen Anbieter entscheidet, sollte man daher mehrere Offerten einholen.

3. Buchungen

In der Regel gibt es zwei verschiedene Kostenstrukturen bei Geschäftskonten. Eine Variante kostet den Kunden keine bis sehr wenig Grundgebühr und verlangt dafür einen bestimmten Betrag für jede einzelne Buchung. Die Alternative funktioniert genau andersherum: Eine hohe Grundgebühr muss monatlich gezahlt werden, dafür hat man sehr geringe (selten sogar keine) Kosten pro Buchung. Wenn ein Geschäftsmodell von vielen Zu- und Abbuchungen abhängt, sollte der Gründer auf niedrige Kosten pro Buchung achten. Wer eher wenige Geldbewegungen erwartet, fährt wahrscheinlich mit einer niedrigen Grundgebühr besser.

4. Karten

Wer im Alltag oft betriebsbedingte Kosten zu decken hat, wie Geschäftsessen oder Zugfahrten, sollte eine EC- oder Kreditkarte seines Geschäftskontos besitzen. Hier ist besondere Vorsicht geboten, da besonders die auf den ersten Blick sehr günstigen Anbieter im Hinblick auf Karten schlagartig sehr hohe Gebühren verlangen.

5. Bargeldbedarf

Die Zeiten des kostenlosen Bargeldeinzahlens und -abhebens sind leider weitestgehend vorbei. Bei Privatkonten gibt es noch einige Anbieter, die diesen Service kostenfrei anbieten, bei Geschäftskonten sieht es bedeutend schlechter aus. Die meist besonders günstigen Direktbanken greifen bei der Ein- oder Auszahlung von Barbeträgen gerne kräftig zu, wenn sie den Service überhaupt anbieten. Das kann für ein Geschäftsmodell in der Gastronomie schnell einen finanziellen Genickbruch bedeuten.

6. Online-Banking

Fast jedes Konto biete mittlerweile eine kostenlose Online-Banking-Option. Doch gerade weil es so weit verbreitet, akzeptiert und bequem ist, sollte man darauf achten, dass auch das eigene Firmenkonto diese Möglichkeit breit hält. Wenn diese Option fehlt, sollte der Anbieter andere, sehr gute Gründe haben, die für ihn sprechen.

7. Beleghafte/Beleglose Buchungen

Wie wichtig beleghafte/beleglose Buchungen sind, hängt ebenfalls vom Geschäftsmodell des jeweiligen Betriebs ab. Beleghafte Buchungen sind zwar kaum noch verbreitet, aber in bestimmten Geschäftsbereichen (Versicherungen beispielsweise) nach wie vor relevant. Die meisten Gründer vernachlässigen beleghafte Buchungen, weil so wenige Menschen mit ihnen agieren. Das kann im Nachhinein zu einem bösen Erwachen und hohen Kosten führen, wenn sie doch genutzt werden müssen.

8. Dispo

Ein Dispo mag auf den ersten Blick unattraktiv erscheinen, dennoch kann er für Startups überlebensnotwendig sein. Gerade in der Gründungsphase läuft es oft sehr chaotisch und es entstehen schnell ungeplante Kosten: Ein zusätzlicher Termin bei Anwalt, Notar und Steuerberater, um jeweils eine letzte Kleinigkeit zu klären und schon sind einige 100€ zusammen. Wer diese Kosten nicht mehr decken kann, ist insolvent und das Abenteuer Gründer findet ein jähes Ende.

9. Kontobedarf

Zunehmend mehr Menschen interessieren sich für Mehrkontenmodelle. Bei den meisten Unternehmen ist die Praxis schon seit Jahren Gang und Gäbe, immer mehr Privatpersonen nutzen zusätzliche Konten, um Geld zu sparen. Bei einem Zweikontenmodell geht auf einem Konto ausschließlich Geld ein und ein zweites Konto gibt Geld aus. Das zweite Konto führt man ausschließlich mit einem Mindestbetrag, um nicht in die roten Zahlen zu rutschen. Das sorgt für klare Verhältnisse am Monatsende und eine effektive Sparpolitik. Außerdem ist das Modell von Vorteil, wenn man mit Banken oder Geschäftspartnern verhandelt: Durch das Eingangskonto hat man eine äußerst positive Bilanz vorzuweisen, was sich positiv auf Kredite auswirkt. Natürlich kann man die Ausgaben je nach Vorliebe noch weiter differenzieren und beliebig viele Konten integrieren.

10. Unterkonten

Mit einem Unterkonto kann man Nutzen aus dem Mehrkontenmodell ziehen, ohne mehrere Konten führen zu müssen. Bei einem Konto wird ein Unterkonto eingerichtet, auf welches monatlich ein bestimmter Betrag überwiesen wird. Mit der eigenen Kontokarte kann man, je nach Unterkontenart, entweder nur auf das Unterkonto oder nur auf das Hauptkonto zugreifen. So entsteht verbesserte Kontrolle über die Unternehmensfinanzen. Der Vorteil der positiven Bilanz entfällt hier allerdings im Vergleich zum Mehrkontenmodell. Aus buchhalterischer Sicht sind Konto und dazugehöriges Unterkonto nämlich ein- und dasselbe Konto. Dafür sind Kosten- und Verwaltungsaufwand entsprechend geringer.

Langfristige Planung lohnt sich

Wenn ein Gründer diese 10 Fragen beantwortet, sollte er nicht nur an die aktuelle Situation denken, sondern auch an die Zukunft. Bei einem laufenden Betrieb das Geschäftskonto umzustellen, bedeutet einen unglaublichen Verwaltungsaufwand und Verzögerungen im Betriebsablauf. Denn alle Kunden müssen auf das neue Konto hingewiesen werden und es auch nutzen. Das kann man vermeiden, wenn man von Anfang an langfristig plant. Daher sollte man sich auch stets diese 11. Frage stellen:

Wird dieses Konto auch in 5 Jahren noch das Richtige für mich sein?

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