Der Tag des großen Pitchs rückt näher. Die Nervosität steigt. Egal, ob bei einem Demo Day vor großer Runde oder dem Vieraugengespräch mit dem Investor. Wenn es drauf ankommt, bekommen nicht nur zurückhaltende Naturen vor lauter Panik kein Auge mehr zu. Lampenfieber! Was jetzt hilft, weiß Philippe Linus Petit.

Philippe Linus Petit, Schauspieler, Regisseur und Pitch-Coach – Pitch.Boom.Bang – kennt man in der Startup-Szene Berlins. Gemeinsam mit Pitch Doctor Christoph Sollich ist er für viele Gründer der Rettungsanker vor dem großen Auftritt. Wer sich von ihm coachen lässt, hat so schnell keine Angst mehr davor vorm Untergehen bei der Präsentation. Gute Vorbereitung sei alles, Sagt der Pitch-Coach. Mit Gründerfreunde sprach Philippe Linus Petit darüber, wie Gründer Lampenfieber im entscheidenden Moment ablegen können. Philippe meint, dass Schüchternheit nicht schlimm ist: „Man darf nicht vergessen, dass Schüchternheit auch ein interessanter Stil sein kann.“

Lampenfieber? Angst vorm großen Pitch? Philippe Linus Petit gibt Tipps für Schüchterne
Philippe Linus Petit weiß, was beim Pitch wirklich hilft: Planung und Authentizität

Die richtige Idee, die perfekte Präsentation der erfolgsversprechenden Faktoren, selbstbewusstes Auftreten, Sympathie … was überzeugt Investoren am meisten?  

Philippe:

Die Einstellung “Was überzeugt Investoren am meisten” ist in jeglicher Art von Pitch-Situation ungünstig. Egal, ob Demo Day vor großem Publikum oder One-on-One-Session mit einem Investor. Damit meine ich Folgendes: Als Gründer und erfolgreicher Pitcher begibt man sich in ein ständiges Abhängigkeitsverhältnis mit dem Investor. Dies verlangt allem voran zwei Dinge: Planung und Authentizität.

Besonders wichtig ist die Vorbereitung: Man muss wissen, wo von man redet, und auf Rückfragen des Investors vorbereitet sein. Dazu muss man natürlich auch wissen, wo die eigenen Stärken liegen und was genau erreicht werden soll. Ebenso wichtig ist zu wissen, wer einem gegenübersitzt. Was ist mein Zielpublikum? Für wen rede ich? Wer diese Fragen beantworten kann, kann loslegen. Ohne sich dabei unter Wert zu verkaufen, aber auch ohne Overselling.

Zum Thema Authenzität: Man muss man selbst bleiben. Egal, ob ich als Gründer alleine in einem Raum mit einem Investor spreche, oder vor 500 Leuten pitche, ich spreche immer mit Menschen und werde als Mensch gesehen. Wer sich unnatürlich gibt oder sich verstellt, fällt auf. Natürlich sollte man sich nicht verstecken, aber, wie gesagt, man sollte keine Show aufziehen. Der Investor will neben der Idee auch die Person sehen, in die er investiert. Daher versuche ich stets daran zu arbeiten, den Charakter jedes Gründers auf die Bühne zu bringen. Den Humor auszuarbeiten. Was macht mich als Gründer interessant? Das ist eher die Frage, die man sich stellen sollte.

Im Pitch stellen sich innerhalb kürzester Zeit die Weichen. Hopp oder Topp. Das ist auch für nicht schüchterne Menschen ein Anlass Panik zu bekommen. Was hilft gegen Lampenfieber? 

Philippe:

Generell hilft es, sich vorher mit dem Gedanken aktiv auseinander zu setzen, dass der Auftritt vor Publikum unausweichlich ist. Anstatt Angst aufzubauen ist es wichtig aktiv daran zu arbeiten, positiv mit der Aufregung umzugehen. Schon im Anfangsstadium eines Pitches hilft es immer wieder zu pitchen. Den eigenen Pitch zu proben und zu trainieren, vor Freunden oder Kollegen, das baut die Berührungsangst ab.

Es fällt kein Pitchgott vom Himmel. Die Personen, die wirken, als würden sie mal eben schnell einen Pitch aus dem Ärmel schütteln, können es vor allem weil sie viel viele viele Stunden daran arbeiten. Wichtig ist, dass man sich den Pitch nicht nur mal schnell ausdenkt, niederschreibt und auswendig lernt. Denn so hat man nur eine Fahrspur, die man wählen kann, und ist von vornherein eingeschränkt. Dann kommt die Aufregung und man vergisst ein Wort, einen Satz, eine Überleitung, und das ganze Ding fliegt einem um die Ohren.

Man muss sich den Pitch aktiv erarbeiten. Immer wieder neu anfangen, verschiedene Versionen sammeln und sich die Sicherheit antrainieren, genau zu wissen, was man sagen will. Je größer mein Portfolio an Redewendungen und an Szenarien, wie mein Pitch laufen soll, umso einfacher finde ich mich zurecht.

Hast Du auch ein paar Last Minute-Tipps, um das große Herzklopfen in den Griff zu bekommen?

Philippe:

Davon abgesehen hilft es, sich vor dem Pitch fünf Minuten Zeit zu nehmen und zu atmen. Länger ausatmen als einatmen um den Puls zu senken. Zum Beispiel auf vier Takte einatmen und auf sechs Takte ausatmen. Kurz bevor ich auf die Bühne gehe, macht es Sinn, sich drei bis fünf Personen im Publikum zu suchen, die einem sympathisch erscheinen. Einfach natürliche Sympathie nutzen und zwischen diesen Personen Blicke austauschen. Wenn ich Teammitglieder ins Publikum setzen kann, ist es auch hilfreich. Diese Personen sind mir gut gesonnen und sind mein Backup.

Haben es schüchterne Menschen schwerer Investoren zu überzeugen? 

Philippe:

Aus meine Erfahrung hat es jeder gleich schwer. Schüchterne Menschen neigen allgemein einfach weniger zum krassen Overselling. Aber Investoren sind auch nur Menschen mit Gefühlen und Emotionen und natürlich merkt man im Gespräch, ob jemand schüchtern oder zurückhaltend ist. Aber ich kenne keinen Fall, wo ein Gründer kein Investment bekommen hat, weil er im Gespräch zu schüchtern war oder allgemein ein zurückhaltender Mensch ist. Man darf nicht vergessen, dass Schüchternheit auch ein interessanter Stil sein kann.

Auf der anderen Seite: gibt es auch Vorteile, die etwas zurückhaltende Gründer beim Pitch für sich nutzen können?

Philippe:

Ich versuche stets zu vermitteln, man selbst zu sein. Zurückhaltende Menschen können ganz natürlich Humor und Energie ausstrahlen. Es ist keine Frage der Persönlichkeit, sondern des Trainings und der Story, die ich vermitteln will. Natürlich wird ein schüchterner Mensch immer etwas zurückhaltender sein, aber das heißt nicht, dass man nicht fähig wäre, mit dem richtigen Fokus und der richtigen Energie seine Idee zu vermitteln.

Welchen Tipp könnt Ihr Gründern geben, die zwar von ihrer Idee überzeugt sind, nicht aber von ihrem Auftreten.  

Philippe:

Trainieren, trainieren, trainieren, und dann noch mehr trainieren. Bis zu dem Punkt wo man sich wohl fühlt und entspannt ist. Dann kann das Pitchen losgehen.

Wer beim Training auf noch mehr Tipps vom Profi setzen möchte, findet unter  www.pitchboombang.com weitere Informationen.

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