Die Zinsen sind momentan so niedrig, dass konventionelle Anlageformen wie Anleihen de facto nur Verluste einbringen. Was sind also mögliche Alternativen? Mit Exporo ist ein weiteres Startup am Markt, das Immobilien-Crowdinvesting in Deutschland zum Erfolgsmodell machen möchte.
Vor ein paar Wochen stellten wir mit Zinsland eine Crowdinvesting-Plattform vor, die sich auf vielversprechende Immobilienprojekte außerhalb der Boommetropolen spezialisieren möchte (hier geht’s zum Beitrag). Exporo nun konzentriert sich bisher ausschließlich auf Investitionen in Hamburg, und das mit einem ersten großen Erfolg: Innerhalb von nur 14 Wochen konnte das Unternehmen 2.116.200 Euro für ein Neubauvorhaben im Hamburger Edelviertel Rotherbaum einsammen. Dies sei die bisher zweitgrößte Immobilien-Schwarmfinanzierung Europas, ist einer Pressemitteilung zu entnehmen. 440 private Geldgeber haben sich mit Summen ab 500 Euro an dem Projekt beteiligt. Mit dem Bau des luxuriösen Wohngebäudes in der Feldbrunnenstraße begonnen werden soll im Mai, die Fertigstellung ist für Herbst 2016 geplant. Die ersten beiden Wohnungen sind bereits verkauft.
So soll der Wohnungskomplex in der Feldbrunnenstraße am Ende aussehen. Zurzeit ist dort noch eine Baustelle.
Das Projekt Feldbrunnenstraße ist nicht das einzige, das auf der Webseite von Exporo als abgeschlossen präsentiert, allerdings das erste, das per Web-Crowdinvesting finanziert wurde. Frühere Vorhaben entstanden in einer Art Mischform, bei der sich die Anleger zwar auch online mit den Projekten vertraut machen konnten; der endgültige Vertragsabschluss fand dann aber noch „analog“ statt. Exporo wurde Ende 2013 gegründet, der Aufbau der Plattform dauerte bis Oktober 2014, und im Dezember ging es dann richtig los. Hinter Exporo stehen die Unternehmer Simon Brunke, Dr. Björn Maronde, Julian Oertzen und Tim Bütecke, wobei sich die drei Erstgenannten schon seit Kindertagen kennen, beruflich aber lange getrennte Wege gegangen waren. So hat Julian Oertzen Maschinenbau studiert und zwischenzeitlich bei einer CleanTech-Firma und bei Earlybird Startup-Luft geschnuppert. Bei einem Segeltörn auf der Außenalster ließ er sich im letzten Sommer dazu überreden, bei Exporo einzusteigen. Und jetzt präsentiert er uns das aktuelle Projekt in Wilhelmsburg (Bild ganz oben).
Wilhelmsburg ist sicherlich nicht Hamburgs vornehmster Stadtteil und macht in der Regel nur Schlagzeilen als Problemviertel und sozialer Brennpunkt. Dabei gibt es auch eine andere Seite: Im Rahmen der Internationalen Bauausstellung 2013 sind dort zahlreiche wegweisende Gebäude entstanden, auch die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt hat dort ihren Sitz. Gleich gegenüber befindet sich ein Ärzte- und Gewerbezentrum, für das Exporo aktuell Anleger sucht. Fertiggestellt im Jahr 2014, liegt die Vermietungsquote bei über 90 %, mit Vertragslaufzeiten von in der Regel 5 bis 15 Jahren. Wie der Name erahnen lässt, sind die meisten Mieter Ärzte und andere Anbieter aus dem Gesundheitssektor. Dass dem Gebäude ein Seniorenwohnheim angegliedert ist, schadet einer genügenden Auslastung sicherlich nicht. Und mit Mr. Kebab hat ein Mieter sogar Kultstatus: Hier treffen sich regelmäßig Fans und Spieler der Basketball-Zweitligamannschaft Hamburg Towers, die ganz in der Nähe ihre Heimspiele austrägt und innerhalb kürzester Zeit große Beliebtheit in ganz Hamburg erreicht hat.
Das Exporo-Gründerteam: Dr. Björn Maronde, Tim Bütecke, Julian Oertzen und Simon Brunke
Für das Ärztehaus-Projekt verspricht Exporo den Anlegern 4,5 % Zinsen bei einer Laufzeit bis 31. März 2020. Die Investition erfolgt in Form der Gewährung eines Nachrangdarlehens, wobei darauf hingewiesen werden muss, dass bei dieser Anlageform theoretisch die Gefahr eines Totalverlustes besteht, da im Falle der Liquidation oder Insolvenz andere Forderungen vorrangig behandelt würden. Auch wenn in diesem konkreten Fall die Wahrscheinlichkeit eines solchen GAUs äußerst gering erscheint, empfiehlt Oertzen, niemals sein ganzes Geld auf eine Karte zu setzen. Schließlich liegt die Mindestanlagesumme nur bei 500 Euro und damit weit niedriger als bei herkömmlichen Immobilieninvestitionen, die Kleinanlegern oft vorenthalten bleiben. Für die Zukunft plant Exporo, sein Angebot deutlich auszuweiten. Bis zu fünf Projekte pro Woche werden derzeit geprüft, dabei helfen spezielle Algorithmen ebenso wie Gutachten von Immobilienexperten. Als nächstes wird wohl ein Komplex von Ferienwohnungen und -häusern an der Ostsee ins Programm aufgenommen. Ziel ist es, Anlegern eine breite Auswahl unterschiedlicher Projekte anbieten zu können, damit die Möglichkeit der Streuung und damit weiterer Risikominimierung besteht. Dann wird sich zeigen, ob Immobilien-Crowdinvesting tatsächlich zu einer sicheren und etablierten Anlageform heranreift.