Den Schlusspunkt des START Summit in St. Gallen setzte ein kompetent besetztes FinTech-Panel, bei dem die Rolle der klassischen Banken im Verhältnis zu den Finanzdienstleistern der Startup-Welt lebhaft diskutiert wurde. Die Gründerfreunde haben einige der spannensten Aussagen protokolliert.
Im zweiten Teil unseres Rückblicks hatten wir es schon angekündigt: Hier nun eine ausführliche Zusammenfassung der Diskussionsrunde zum Thema „Disrupting traditional banking in times of new technologies and ongoing digitalization“. Da das Gespräch auf Englisch geführt würde, handelt es sich um zum Teil etwas freiere Übersetzungen, die aber trotzdem nah dran bleiben an der Kernthese, der alle Redner zustimmten: In den kommenden Jahren wird sich einiges ändern in der Welt der Finanzen. An dem Panel teilgenommen haben (im Bild oben von rechts nach links):
A: Alexander Graubner-Müller (Mitgründer Kreditech )
B: Nektarios Liolios ( MD Startupbootcamp Fintech )
C: Holger Spielberg ( MD Digital Priv. Banking, Credit Suisse )
D: Marc P. Bernegger ( FintTech Investor )
C: Es wird in den nächsten Jahren große Veränderungen geben, angetrieben von Datenanalysten. Der Bedarf für Finanzdienstleistungen ist da, aber Banken werden in diesem neuen Markt keine große Rolle spielen.
A: Die Kundenerfahrungen haben sich geändert; Online-Bestellungen werden von einem Tag auf den anderen geliefert. Der Wandel im Bankensektor ist vergleichbar mit dem im Einzelhandel. Die Einstellungen haben sich geändert, und die Banken sind sich dessen bewusst. Die Frage ist nur, ob die Banken es schaffen, schnell genug mit den Innovationen beim Kunden anzukommen, oder ob die FinTech-Welt das Rennen macht.
B: Ich habe die letzten sechs Jahre mit Banken geatbeitet. Meiner Meinung nach werden in fünf Jahren viele Banken, wie wir sie heute kennen, nicht mehr am Markt sein. Banken bewegen sich nach wie vor linear, aber der Markt verändert sich exponentiell. Wenn ich also eine Bank wäre, wäre ich ziemlich besorgt. Es ist eine gute Zeit für innovative Menschen, um sich in diesen Markt einzumischen.
D: Wir haben 11 Investitionen in FinTechs getätigt, angefangen 2010 in der Schweiz. Auch in den Bereichen Medien und E-Commerce wird es disruptive Entwicklungen geben. Meiner Meinung nach wird der Begriff FinTech in den kommenden Jahren eine viel höhere Bekannheit erlangen.
B: Was ist eigentlich der USP von FinTechs? Das Tempo hochzuhalten, wenn es um den Wandel intelligenter Technologien geht. FinTech-Startups wollen Teil eines großen Ganzen sein. Sie wollen die Banken nicht abschaffen, sie sehen sich nicht als Gefahr.
C: Banken sind selten mutig genug, sich auf der Managementebene mit FinTechs zu beschäftigen. Seit kurzem arbeite ich bei Credit Suisse und versuche, das alte Denken der Banken zu verändern. Ich suche nach der Antwort auf die Frage, wofür die Bank heute eigentlich gut ist. Sie braucht Kunden, keine Zuschauer, da können Banken heutzutage von FinTechs lernen.
D: Wichtig ist der Nutzen für den Kunden, egal ob bei einer Großbank oder einem FinTech. Auf der einen Seite zielen FinTech-Startups auf kleinere Alltagslösungen, auf der anderen hat man große Marken mit börsengehandelten Fonds und anderen Anlageformen, wo Vertrauen die wichtigste Rolle spielt.
A: Im Mittelpunkt steht der Nutzer. Finanzprodukte sind sehr komplex. Es ist nicht so leicht zu sagen, vertraue all dein Geld den Maschinen an. Die bestehenden Bankkonten werden noch einige Jahre existieren, aber die Einstellung wird sich ändern, und die Zahl der Mobile-Konten wird steigen. Ich sehe da Potenzial für Partnerschaftsmodelle: Die klassischen Banken werden als Backoffice fungieren, während sich FinTechs direkt an den modernen Kunden wenden.
B: Aber warum tun sich Banken so schwer mit Innovationen? Es geht nicht darum dem Offline-Service ein neues Design zu verpassen, es ist wichtig, geeignete Apps und Services zu schaffen.
C: Banken sollten für Datentransparenz sorgen und für Vertrauen. Alles offenlegen und das auch offensiv ansprechen, um die Leute zu erreichen.
A: Da stimme ich zu: Datentransparenz ist sehr wichtig, siehe google. Treibe kein Schindluder mit den Nutzerdaten. Du musst offen darüber reden. Es ist vergleichbar mit dem Kreditbewilligungsprozess bei Kreditech. Wenn du den Kunden sagst, was du tust, ist alles okay.
B: Wer von den Großen wird in Zukunft Finanzdienstleistungen anbieten? Google, Facebook, Amazon, Alibaba? Meiner Meinung nach kommt jede dieser Firmen in Frage.
Frage aus dem Publikum:
Glauben Sie, dass die deutschen Gesetze den FinTechs und dem Transparenzprinzip schaden können?
C: Die meisten Regulierungen sind nicht dazu da, die Banken oder die Kunden zu schützen. Sie sollen das Bankenökosystem an sich absichern. Dabei sollten Gesetze eigentlich dafür sorgen, das Banking sich in Richtung Sicherheit entwickelt.
B: Es ist von Land zu Land verschieden, aber verbesserte Gesetze sind wichtig.
A: Datenanalyse gibt es bei Banken schon lange, also ist momentan der Umgang mit schon lange bestehenden Daten ein guter USP für Banken. Daher sollte sich die Rechtslage nicht von einem Tag auf den anderen ändern.
B: Mit begegnen bei Meetings und bei Events viele Banker, die ihre Jobs aufgeben und etwas interessantes machen wollen. Meiner Meinung nach sind Banken nicht innovativ genug, weil die Prozesse im Hintergrund so schwerfällig ablaufen, und die Menschen mit dem richtigen Spirit an der Front können das Wesen der Bank nicht ändern. Also suche dir die richtigen Leute, die den Weg mit dir gehen wollen. Finde deinen USP und erschaffe dein Projekt im Rahmen der Regulierungen und nach deinen eigenen Vorstellungen.
C: Apple wird alles verändern. Und neue Technologien müssen nicht unbedingt aus dem Westen kommen. Meiner Meinug nach entstehen sie eher in Ostasien, Indien oder Afrika.