Zu schnell, zu viel, zu groß. Wer sein eigenes Unternehmen startet, kommt schnell an seine Grenzen. Wie man vermeidet gleich nach der Gründung in ein Burnout zu rutschen, verrät uns Esther Eisenhardt, Gründerin der Plattform MomPreneurs. Als Unternehmerin und Mutter weiß sie aus eigener Erfahrung, wie wichtig es ist sorgsam mit sich selbst umzugehen. „Du bist Deine wichtigste Ressource für Dein Unternehmen“, schreibt sie in ihrem Blog. Mit uns sprach Esther über Learnings aus der Anfangszeit und Routinen für ein entspanntes Business.
Hallo Esther,
was glaubst Du: Ist Zeitmangel und die ständige Rufbereitschaft „24/7 für alles und jeden“ ein grundlegendes Problem von Müttern, von Gründerinnen – oder von Gründern im Allgemeinen?
Esther Eisenhardt:
Ich denke, dass dieses Phänomen 24 Stunden sieben Tage ‚On‘ und verfügbar zu sein heute einfach unsere Gesellschaft prägt. Das betrifft eigentlich alle, die gerade im Arbeitsleben stehen. Aber insbesondere bei Gründerinnen und Gründern ist es weit verbreitet. Es ist natürlich auch die Währung. Man muss in der Zeit was bewegen, man muss monetarisieren, sprich, man muss sich finanzieren und man muss natürlich auch Ergebnisse bringen.
Gerade in der Unternehmerwelt, egal ob Mann oder Frau, sehe ich viele Jungunternehmer, die starten und meinen ‚Ich geh nach vorn, ich mach Tempo, das ist cool‘, wobei sie sich schnell verzetteln. Wenn man noch dieses und jenes macht und womöglich den Trends hinterherrennt, fehlt so manches Mal der laserscharfe Fokus.
Natürlich gibt es dann auch das Phänomen, dass einem alles um die Ohren fliegt. Dass man anstatt eines Huts, wie in der Angestelltenwelt, plötzlich 15 Hüte aufhat, für die man verantwortlich ist. Das macht es nicht leichter zu unterschieden: Was muss ich unbedingt machen? Was können andere machen? Was muss überhaupt gemacht werden? Hier sehe ich die große Herausforderung für Gründerinnen und Gründer.
Verhalten sich Gründerinnen denn anders als Gründer? Und Mütter mit eigenem Business nochmal wieder anders als kinderlose Unternehmerinnen?
Esther Eisenhardt:
Bei Frauen muss man einfach sagen, dass sie im Gegensatz zu Männern weniger ‚Mut zur Lücke‘ haben. Sie sind eher unsicher, wenn sie nicht alles wissen oder nicht alles können. Auf der anderen Seite gibt es immer noch Männer in der Unternehmerwelt, die nach dem Motto ‚Big is beautiful‘ agieren. Dieses schneller, höher, weiter ist etwas, was es Frauen nicht leichter macht. Frauen wollen nicht nur erfolgreich sein, sie wollen es gleichzeitig allen recht machen. Dieses konsequente und knallharte Neinsagen zu vielen Dingen, zu sagen: ‚Ich kann eben nicht alles‘, fällt Frauen noch schwerer. Und damit komme ich zu den Mompreneuren, also den Müttern mit eigenem Business: Ich sag immer,
„Wenn man Kinder hat, dann hat man ein kleines Startup schon zuhause“
Das ist eine völlig andere Situation als bei Gründern, die nur mit ihrem Unternehmen starten. Was bei Müttern hinzu kommt: Sie starten meistens alleine, sie starten ohne externes Kapital, sie arbeiten oft von zuhause und finanzieren sich selbst. Es fehlt ihnen nicht selten an Gleichgesinnten, an einem Netzwerk und auch an dem Wissen über die Onlinewelt und ihren Möglichkeiten. Und es fehlt oft auch an dem richtigen Mindset.
Was ich immer wieder betone ist, dass jeder für sich individuell definieren muss: ‚Was bedeutet eigentlich Erfolg?‘. Das klassische Unternehmerwelt, wo es heißt, ‚Big is beautiful‘ mit großem Team, großem Businesspartnern Workflow rund um die Uhr, das passt überhaupt nicht zu dem, was Mütter wollen.
„Frauen wollen Flexibilität und sie wollen sich selbst verwirklichen“
Mütter wollen natürlich finanziellen Erfolg, sie wollen finanziell unabhängig sein. Aber sie wollen auch Flexibilität für die Familie und sich selbst verwirklichen. Viele, die nach dem Mutterschutz in ein Angestelltenverhältnis zurückkehren, machen ja die Erfahrung plötzlich Aufgaben mit weniger Verantwortung zu bekommen. Sie möchten aber ihre Erfahrung und ihr Wissen einbringen – und zwar dort, wo es ihnen Spaß macht.
Wenn ich die Kinder in die Betreuung abgebe, möchte ich auch etwas machen, dass das rechtfertigt. Wenn man die Klarheit hat zu sagen ‚Was ist für mich denn wirklich wichtig?‘, Wenn man sich verwirklichen kann, wenn man etwas hat, an dem man Spaß hat – und nebenbei noch Zeit für die Familie – nimmt das den Druck aus dem System. Dann muss man auch nicht diesem ‚größer‘, ‚schneller‘, ‚weiter‘ hinterherhechten, dass irgendwann unweigerlich ins Burnout führt.
Was rätst Du denn der Community und deinen Seminar-Teilnehmerinnen, damit sie nicht ins Burnout rennen. Welche Tipps und Learnings gibst Du MomPreneurs-Userinnen weiter?
Esther Eisenhardt:
Punkt eins ist auf jeden Fall Klarheit darüber zu haben, was ich will und was ich nicht will. Und dazu gehört auch das Mindset zu sagen ‚Ich bin ich und ich definiere Erfolg so, wie es für mich passt.‘ Ich kann auch damit umgehen, wenn Dinge schiefgehen. Das sehe ich als Learning.
Punkt zwei ist ein messerscharfes Ziel zu definieren. Zu sehen: Das ist meine Vision. Das ist das Ziel für die nächsten drei Jahre – und das dann runter zu brechen und zu schauen, was ich in einem Jahr erreichen will. Ich arbeite mit meinen Seminar-Teilnehmerinnen mit einem System, wo wir das Jahr noch einmal runterbrechen auf drei Monate. Denn das ist ein Zeitraum, den ich gut überblicken kann. Mit diesem System kann man sich ganz klar fokussieren: Was will ich? Was ist mein ganz klar messbares Ziel? Und zu schauen: Wo stehe ich? Was habe ich erreicht und was nicht?
Punkt drei ist das Thema Planung. Ich schaue immer, was zahlt auf mein Ziel ein, was zahlt nicht auf mein Ziel ein – und das jeden Tag. Das klingt so simpel, aber ganz viele machen das nicht. Dabei ist es so wichtig darauf zu schauen, was wirklich auch an einem Tag rauskommt, ob man busy für sich selbst ist oder gerade mal wieder für andere. Oder vertrödele ich gerade meine Zeit auf Facebook und mache irgendwas. Das kann man sich als Mutter und als Unternehmerin überhaupt nicht leisten. Daher bin ich, was das angeht, knallhart. Ich brauche ein Planungssystem, das funktioniert und ich muss mich einfach organisieren. Ich habe mein Trello-Board, wo ich morgens meine ToDos eintrage – und abends checke ich, was ich davon alles erreicht habe, wo ich stehe – inklusive aller Zahlen, Visits und so weiter.
Der vierte Punkt ist ntürlich auf sich zu achten!
Achtsamkeit, Stressabbau. Was hilft Dir und welche Tipps und Routinen möchtest Du an uns weitergeben?
Esther Eisenhardt:
Ganz wichtige Komponenten sind für mich gesunde Ernährung, Sport, genügend Schlaf – und auch Meditation. Ich laufe jeden Tag, trinke grüne Smoothies, esse viel Gemüse und pflanzliche Eiweiße, nehme mir genügend Auszeiten und schaue, dass ich da runterkomme. Ich glaube nicht, dass ich für ein Burnout die passende Kandidatin bin, obwohl ich immer sehr hochtourig laufe. Ich arbeite zwar sehr viel und auch gerne, aber ich habe genügend Routinen im Alltag, die dafür sorgen, dass ich einigermaßen im Lot bin.
Über die letzten Jahre habe ich so viel optimiert, dass ich auch kaum noch krank werde. Seit drei Jahren war ich nicht krank. Wer nicht für sich sorgt und nur arbeitet, arbeitet, arbeitet, der ist irgendwann so weit im roten Bereich, der fällt irgendwann um. Früher habe ich mich zerrissen. Aber das gute an der Selbstständigkeit ist ja auch, dass man sich die Zeit selbst frei einteilen kann, ich empfehle immer, sich genügend gesunde Gewohnheiten zu schaffen, um nicht erst im Krankenhaus festzustellen: ich muss wohl mal eine Pause machen.
Womit wir beim letzten Punkt wären. Du bist gerade nach einer Meniskus-OP ausgebremst und musst gezwungener Maßen zur Ruhe kommen.
Esther Eisenhardt:
Ja, das stimmt. Allerdings habe ich wirklich kein Problem damit. Schon vor ein paar Jahren habe ich Ayurveda für mich entdeckt und mir mal eine Auszeit in Indien bei einer Panchakarma-Kur gegönnt – allein für mich, weit weg von der Familie. Seitdem nehme ich meinen Körper einfach ganzheitlicher wahr. Seither kann mich auch so schnell nichts mehr aus der Fassung bringen – auch nicht meine Kinder. Ich habe einen guten Puffer entwickelt. Auch Detox ist unglaublich wirksam und Etwas, was ich für mich und meine Gesundheit tue. Wichtig ist einfach, dass man immer auf sich achtet. Ich gehe immer früh ins Bett, stehe zwischen vier und fünf auf und habe meine Routinen, die mir helfen, wie das Meditieren. Das kann ich auch mit Meniskusriss durchführen.
Was aber absolut wichtig ist für mich als MomPreneur: Ich habe längst nicht mehr den Stress wie früher, wo ich mich als Angestellte im Spagat zerrissen hab. Mit dieser Anwesenheitskultur und dieser Mentalität, wo keiner hinterfragt, ob das, was er gerade macht, denn wirklich etwas bringt. Was jetzt so toll ist: Ich bin mein eigener Boss, ich entscheide selbst, was wichtig ist, und ich habe ein reines Online-business. Das kann ich prima mit hochgelegtem Fuß und Laptop auf dem Schoß bearbeiten. Außerdem: ich habe Spaß an dem, was ich tue und bekomme dadurch ungemein viel Energie.