In Deutschland arbeitet die große Mehrheit der Ärzt*innen selbstständig. Viele Mediziner*innen entscheiden sich für die Selbstständigkeit, um unbezahlten Überstunden oder einem einengenden Kliniksystem zu entkommen. Möchten auch Sie sich als Arzt oder Ärztin selbstständig machen? Hier erfahren Sie , welche Voraussetzungen Sie dafür benötigen und welche möglichen Geschäftsmodelle für selbstständige Ärzt*innen in Frage kommen.
Welche Voraussetzungen benötige ich, um mich als Arzt oder Ärztin selbstständig zu machen?
Grundvoraussetzung ist ein abgeschlossenes Medizinstudium und der Besitz einer Approbation. Die Approbation ermöglicht die Gründung einer eigenen Praxis zur Behandlung von Privatpatient*innen und Selbstzahler*innen. Wenn Sie sich als Facharzt niederlassen wollen, benötigen Sie zusätzlich einen entsprechenden Fachkundenachweis. Die Approbation müssen Sie schon vor der Berufsausübung bei der zuständigen Behörde des Bundeslandes beantragen.
Die meisten Ärzt*innen entscheiden sich dafür, noch eine Weiterbildung zum Facharzt an ihre Ausbildung dranzuhängen. Die Assistenzzeit wird meist in einem Krankenhaus absolviert. Hier werden wichtige Erfahrungen gesammelt und das Fachwissen ausgebaut. Viele nutzen die Assistenzzeit zum Erwerb eines Doktortitels. Dieser kann auch schon während des Studiums erworben werden.
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Niederlassungsformen für selbstständige Ärzt*innen
- Einzelpraxis: Die Einzelpraxis ist die häufigste Niederlassungsform. Oft wird eine Praxis vom Vorgänger übernommen. Alternativ dazu werden neue Praxen gegründet. Ein Zusammenschluss mit anderen Fachärzt*innen zu einem Praxisnetz ist ebenfalls möglich.
- Praxisgemeinschaft: Mehrere Ärzt*innen teilen sich die Praxisräume, die medizinische Ausstattung und die Mitarbeiter mit anderen Ärzt*innen. Dabei wird getrennt abgerechnet und jeder Arzt hat seine eigene Patientenkartei.
- Gemeinschaftspraxis bzw. Berufsausübungsgemeinschaft (BAG): Die beteiligten Ärzt*innen teilen sich die Kosten und den Patientenstamm.
Zulassungsbeschränkungen
Den Standort für Ihre Praxis können Sie in Deutschland nicht frei wählen, sondern müssen sich nach den Zulassungsbeschränkungen der Kassenärztliche Vereinigung richten. Je nach Anzahl von Ärztinnen und Ärzte in einer Region sind unterschiedliche Obergrenzen festgelegt. Mit dieser Maßnahme soll unter anderem dem Ärztemangel auf dem Land entgegengewirkt werden. Erkundigen Sie sich daher vor der Miete von Räumlichkeiten, welche Obergrenzen es in Ihrer Fachrichtung gibt. Ein Sonderfall sind Zahnärzt*innen: Für Zahnärzt*innen und Fachzahnärzt*innen wie beispielweise Kieferorthopäd*innen besteht seit 2007 Niederlassungsfreiheit.
Als Honorararzt oder Honorarärztin selbstständig arbeiten
In Arztpraxen können Sie selbstständig als Honorararzt oder Honorarärztin tätig sein. Für die geleistete Arbeit stellen Sie eine Rechnung an Ihren Auftraggeber. Um Altersvorsorge, Steuern und Versicherungen müssen sich Honorarärzt*innen wie alle Selbstständige alleine kümmern. Bis 2019 galt diese Regelung auch für Honorarärzt*innen in Kliniken. Da die Honorarärzt*innen in Kliniken weisungsgebunden und in den Klinikalltag integriert waren, entschied das Bundessozialgericht, die Regelung aufzuheben. Honorarärzte und – ärztinnen als selbstständig arbeitende Mitarbeiter*innen mit Honorarabrechnung gibt es seither nicht mehr. An ihre Stelle traten sozialversicherungspflichtig angestellte Vertretungsärzte und -ärztinnen.
Privatärztliche Tätigkeiten
Als Privatarzt oder -ärztin erbringen Sie Ihre Leistungen völlig losgelöst vom vertragsärztlichen System. Abrechnen dürfen Sie dann nur mit Privatversicherten oder direkt mit Selbstzahler*innen, dagegen nicht mit den gesetzlichen Krankenkassen. Der erste Schritt zur Eröffnung einer ärztlichen Privatpraxis ist die Anmeldung beim Finanzamt. Sobald Ihnen eine Steuernummer zugeteilt wurde, dürfen Sie mit Ihrer privatärztlichen Tätigkeit starten.
Ärztliche Privatpraxen haben deutlich weniger Patient*innen, denn nur rund 10 Prozent der Deutschen sind privat versichert. In der Privatpraxis haben Sie weniger Verpflichtungen als Vertragsärzt*innen. Sie sind relativ frei in der Art und Weise Ihrer Leistungserbringung. Niemand schreibt Ihnen die Anzahl an Wochenstunden vor oder verpflichtet Sie, am ärztlichen Bereitschaftsdienst teilzunehmen. Weniger Bürokratie und Verwaltungsaufwand sorgen für eine bessere „Doc-Life-Balance“.
Traditionelle ärztliche Privatpraxis
Bei den privatärztliche Tätigkeiten dominieren traditionell diejenigen mit einer Praxis. Die privatärztlich betriebenen Praxen unterscheiden sich auf den ersten Blick kaum von denen der kassenärztlichen Kolleg*innen. Die Patientenstruktur ist jedoch eine andere und auch bei den Anforderungen ist der Unterschied deutlich erkennbar. In der Privatpraxis bestehen in der Regel geringere Anforderungen.
Privatärztliche Tätigkeit ohne Praxis
Müssen Ärzt*innen nicht in jedem Fall auch eine Praxis haben? Nein, als Privatarzt dürfen Sie auch ohne Praxis für Selbstzahler*innen und Privatpatient*innen tätig sein. Dabei sind beispielsweise folgende Geschäftsmodelle möglich:
- Erstellung von medizinischen Gutachten
- Beratung von Patient*innen, beispielsweise im Rahmen eines Online-Coachings
- Beratung von Arztpraxen
- Telemedizinische Unternehmensberatung
- Tätigkeit als Autor*in von Fachbüchern oder -magazinen
- Coaching von Ärzt*innen
- Vermittlung von medizinischem Personal
- Online-Shop für Medizinprodukte
Als außergewöhnliches Beispiel sei an dieser Stelle Professor Dietrich Grönemeyer genannt, der als ausgebildeter Radiologie unglaublich vielfältig tätig ist. Der jüngere Bruder des berühmten Schauspielers ist gleichzeitig selbstständiger Arzt und ärztlicher Unternehmer. Als Forscher erfand er die Mikrotherapie und wird seither gerne als „Rückenpapst“ bezeichnet. Als Autor verfasste er mehrere Bücher zu Krankheiten und zur Ernährung. Die von ihm aufgebaute Personenmarke „Professor Dietrich Grönemeyer“ wird von ihm erfolgreich auf seiner Website vermarktet. Ein von ihm ins Leben gerufene Gesundheitsmagazin trägt sogar seinen Namen. Professor Dietrich Grönemeyer ist Arzt, Autor, Weltmediziner, Wissenschaftler und Visionär.
Eine privatärztliche Tätigkeit ohne Praxis bietet viele Vorteile. So ist beispielsweise der Kauf von Praxisräumlichkeiten oder eine Miete derselben nicht erforderlich. Die Investitionskosten und laufenden Kosten sind damit geringer als bei einer Tätigkeit mit Praxis.
Als Privatarzt oder -ärztin können Sie standortunabhängig arbeiten. Ihre Patient*innen könnten aus ganz Deutschland kommen und möglicherweise auch aus dem Ausland. Im letzteren Fall sollten Sie haftungsrechtliche Fragen mit Ihrer Berufshaftpflichtversicherung klären, bevor Sie für Patient*innen aus dem Ausland tätig werden.
Achten Sie bei allen freiberuflichen Tätigkeiten auf die rechtlichen Rahmenbedingungen. Bei der Anmeldung einer freiberuflichen Tätigkeit gibt es einiges zu beachten. Manchmal ist auch nicht eindeutig klar, ob es sich um eine freiberufliche Tätigkeit oder ein Gewerbe handelt. Begutachtende oder beratende Tätigkeiten zählen als freiberuflich. Wer in diesem Bereich selbstständig wird, gilt somit als Freiberufler*in, nicht als Gewerbetreibender. 2022 waren rund 70% der Ärzt*innen als selbstständige Freiberufler*innen tätig.
Fazit
Die Mehrheit der deutschen Ärzt*innen arbeitet selbstständig, meist in einer Einzelpraxis. Weitere Niederlassungsformen für selbstständige Ärzte sind Gemeinschaftspraxen und Praxisgemeinschaften. Darüber hinaus stehen selbstständigen Ärzt*innen vielfältige Betätigungsmöglichkeiten ohne Praxis offen, wie die Erstellung medizinischer Gutachten, die Online-Beratung von Patienten oder das Verfassen von medizinischer Fachliteratur.
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