Volker Wohlfarth, CMO und Geschäftsführer von zinsbaustein.de, ist einer dieser Menschen, die einem direkt sympathisch sind. Man kommt ungezwungen mit ihm ins Gespräch und lauscht seinem Werdegang gebannt. Der Mann hat viele spannende Stationen hinter sich, man würde ihm also sogar etwas Arroganz zugestehen – das ist jedoch nicht nötig.
Der Vater einer 12-jährigen Tochter ist einfach neugierig und probiert für sein Leben gern neue Dinge aus. In der digitalen Welt bleibt er stets auf dem Laufenden, weil er schlichtweg wissen muss, wie die Dinge funktionieren: Echo und Amazon Fire TV hat er sich direkt besorgt, ebenfalls ist er seit über 10 Jahren bei Twitter. Über seine Technik-Neugier sagt Wohlfarth: „Ich bin 47 Jahre alt und laufe mit Spectacles rum. Meine Snapchat Freunde sind meine 17-jährigen Nachbarn; was soll man machen, in meinem Alter ist da einfach niemand zu finden. Ich war schon immer fasziniert von der Digitalisierung. In Deutschland hinkt man hinterher. Bezahlen, Dinge kaufen, alles ist relativ benutzerunfreundlich: 1999 habe ich in Finnland am Cola-Automaten mit meinem Handy gezahlt, 2017 sind wir hier immer noch nicht so weit.“
Seine Karriere reflektiert diesen Drang am Puls der Technik zu sein: Bei Toshiba hat er Bluetooth mit auf den Weg gebracht, bei Ebay.de gehörte er zur Anfangsbesetzung. Als er einstieg, war Ebay noch ein unbeschriebenes Blatt auf dem deutschen Markt, bis sich letztlich jeder zweite ein Ebay-Konto zulegte und ganz Deutschland im Auktionsfieber war: 3,2,1 – meins!
„Ich finde es faszinierend an Dingen zu arbeiten, die das Verhalten der Menschen prägen“, sagte er uns im Gespräch. Der CMO von zinsbaustein.de kann alles, nur nicht stagnieren. Immoscout war die längste Station seiner Karriere, auch weil er als Mitglied der Geschäftsleitung so viel Gestaltungspielraum hatte, dass er immer wieder Neues erleben durfte. Eine Grundbedingung für den studierten BWLer.
Dass er jetzt Teil der revolutionären Fintech-Welt ist, überrascht vor dem Hintergrund seiner Technikaffinität wenig. zinsbaustein.de ist ein modernes Startup, das als Schnittstelle zwischen Anleger und Projektentwickler Nachrangdarlehen auf Immobilienprojekte vermittelt, und zwar überaus erfolgreich. Der Mann macht also etwas richtig. Zu seinem Führungsstil befragt, sagt er:
Autonomie bedeutet Verantwortungsübernahme. Manchmal muss man autoritär sein, um den Weg vorzugeben. Bei aller Effizienz muss es Aber auch Spaß machen. Wir haben letztens ein großes Projekt an Land gezogen und das gefeiert bis in die Morgenstunden. Dennoch sind wir kein Harmoniehaufen: We’re a team not a family
In einer Firma sei es wichtig, dass jeder Mitarbeiter weiß, worum es geht. Dass jeder mit seiner Kompetenz zur Problemlösung beiträgt, weiß, welche Probleme die Firma für die Kunden lösen möchte. Lob findet der Wahlberliner wichtig, aber es müsse auch „krachen dürfen“. Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern möchte er Methoden zur Fehlervermeidung entwickeln, Prozesse definieren und Kompetenzen so verteilen, dass jeder etwas beiträgt. Da wird zum Beispiel im Meeting in die Runde gefragt: Thema Qualität, was fällt Euch dazu ein? Wie arbeiten wir effizienter? Ein Mitarbeiter führte daraufhin die Pomodoro-Technik ein. Das nennt man „Room to grow“.
Auf die Frage, was Erfolg ausmacht sagt er, dass man sich vor allem den momentanen Gegebenheiten anpassen müsse, nach dem Motto: Change is good. Man dürfe nicht zu lang an einem Konzept festhalten, weil das Momentane nicht ewig ist. Nichts sei so sicher wie die Veränderung.
Wer sein Team motivieren möchte, muss selbst motiviert sein
Fehler sind in seiner Branche allerdings nur schwer hinnehmbar: „Wir sind Fintech, beim Geld hört der Spaß auf. Es gibt Kundendaten, es gibt bestimmte Regulatorien, das muss passen. Wir selektieren Projekte und machen tiefe Due Diligence. Da darf kein Fehler drin sein.“ Wichtig seien „Data-Driven-Decisions“ als Strategie zur Fehlervermeidung.
Routine und Erfolg
Natürlich mussten wir Volker Wohlfarth nach seinem Erfolgsgeheimnis fragen, und ob er denkt, dass der Weg zum Erfolg Einheitsgröße trägt. Er überlegt kurz und sagt, dass es seiner Meinung nach, die unterschiedlichsten Wege zum Erfolg gäbe. Manche sind Frühaufsteher und schon um 4:30 Uhr fit, andere schlafen gern lang und sind trotzdem extrem erfolgreich: „Meine Frau hat eine sehr erfolgreiche Firma mit 100 Leuten aufgebaut und ist keine Frühaufsteherin.“ Wohlfarth hält nichts von Verallgemeinerung. Vielmehr sei es situations- und typbedingt.
Auch was sein Team betrifft, hält der CMO, der sich selbst als Sozialromantiker beschreibt, wenig von Verallgemeinerungen: „Die Leute sind unterschiedlich. Manche sind super strukturiert, andere sind Listenfreaks, jeder arbeitet indivduell, daher muss auch individuell gefördert werden. Was braucht mein Mitarbeiter, um sich wohlzufühlen? Wenn klar ist, wie wer tickt, arbeitet man besser zusammen. Dabei könnte auch der Myers-Briggs Test helfen.“
Ich selbst arbeite gerne, ich mach das wirklich gerne
Volker Wohlfarth könnte man sich auch gut als Mentor vorstellen oder als Business Coach. Sein Blick ist positiv, aber nüchtern. Gute Eigenschaften für eine Message mit Mehrwert. Daher wollen wir speziell seinen Rat für Gründer ungekürzt und im O-Ton mit Euch teilen.
Wie starte ich durch und finde qualifizierte Leute, wenn wenig Geld für die Gründung da ist?
„Wenn wenig Geld da ist, muss man Leute finden, die was verändern wollen, was gestalten wollen. Was wollen die Leute lernen? Vielleicht wollen sie sich austoben, sich selbst kennenlernen, einen anderen Verantwortungsspielraum erleben. Man muss an sich glauben, glaube ich an die Idee, kriege ich Leute zusammen, die an der Idee arbeiten wollen. Ohne gesundes Selbstbewusstsein geht es nicht. Aber ich darf auch nicht zu starr sein, Konzepte müssen stets angepasst werden.
Wenn es zu familiär wird, dann ist das schlecht für die Kritik. Nur durch Reibung entsteht Wachstum
Ich selbst arbeite gerne, ich mach das wirklich gerne. Wenn man ein Unternehmen leitet, muss man den Prozess mögen. Man muss sich selbst fragen, warum mache ich das? Probieren geht über studieren, nicht zu lange zögern, einfach machen, wenn eine Tür zugeht, geht eine andere auf. Alle zwei Jahre mache ich mir Gedanken darüber, was ich erreichen will. Ich frage mich, was ich im Jahre 2022 über das Jahr 2017 erzählen will. Das hilft mir immer.“