Statusfeststellungsverfahren für Gründer – Sozialversicherung einfach erklärt

Wenn ihr ein Unternehmen gründet – sei es eine GmbH, GbR oder Einzelunternehmen – steht ihr vor vielen rechtlichen Fragen. Eine davon betrifft die Sozialversicherungspflicht : Sind ihr als Gesellschafter-Geschäftsführer, Freelancer oder mithelfende Familienangehörige sozialversicherungspflichtig oder selbstständig? Genau hier kommt das Statusfeststellungsverfahren ins Spiel – ein Verfahren der Deutschen Rentenversicherung (DRV), das Klarheit schafft. Wer seine Gründerrolle und seine Mitarbeiter richtig einordnet, vermeidet böse Überraschungen und hohe Nachzahlungen bei der Sozialversicherung.

Was ist das Statusfeststellungsverfahren?

Das Verfahren dient dazu, verbindlich festzustellen, ob eine Person abhängig beschäftigt (und damit sozialversicherungspflichtig) oder selbstständig (und damit in der Regel nicht versicherungspflichtig) tätig ist.

  • Anfrageverfahren (freiwillig): Ihr oder der Vertragspartner beantragt bei der DRV Bund das Verfahren, wenn Zweifel am Status bestehen..
  • ⚠️ Obligatorisches Verfahren: Zwingend bei bestimmten Gruppen – z. B. Gesellschafter-Geschäftsführer, mithelfende Angehörige wie Ehepartner oder Kinder – bei Anmeldung zur Sozialversicherung.

Kosten & Dauer:
Das Verfahren ist kostenfrei und dauert i. d. R. etwa 3 Monate .

Vorab-Entscheidung möglich:
Ihr könnt bereits vor Arbeitsbeginn eine Prognoseentscheidung beantragen, wenn Vertrag und Ablauf klar definiert sind.

Warum ist das Verfahren gerade für Gründer relevant?

  1. Klarheit von Anfang an
    Ihr erfahrt frühzeitig, ob ihr als sozialversicherungspflichtig gilt oder nicht. Das schützt euch vor späteren Überraschungen bei Betriebsprüfungen.
  2. Vermeidung von Nachzahlungen & Bußgeldern
    Im Falle einer abhängigen Beschäftigung seid ihr verpflichtet, Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung abzuführen. Eine fehlende oder falsche Meldung kann rückwirkend hohe Beiträge inkl. Säumniszuschläge zur Folge haben.
  3. Verbindliche Planungssicherheit
    Mit einer Prognose- oder Gruppenfeststellung wisst ihr, wie ihr eure Verträge gestalten müsst – insbesondere wichtig in Start-up-Kontexten bei flexiblen Rollen und wechselnden Beteiligungsverhältnissen.

Schlüsselgruppen – wann ist ein Verfahren obrigatorisch?

  • Gesellschafter-Geschäftsführer (z. B. aus eurer GmbH): Immer. Wenn ihr euch selbst anstellt, wird das Verfahren automatisch ausgelöst .
  • Angehörige (Ehepartner, Lebenspartner, Kinder): Auch hier ist das Verfahren obligatorisch, um Status und mögliche familienhafte Mitarbeit zu klären.
  • Familien-GmbHs: Besonders häufig betroffen – Klärung, ob es echte Beschäftigung oder familienhafte Beteiligung ist .

Der Arbeitgeber (also eure GmbH) muss bei Anmeldung das Statuskennzeichen „2“ für Geschäftsführende bzw. „1“ für Angehörige angeben.

Kriterien zur Statusbewertung

Die DRV prüft, ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt. Entscheidende Merkmale sind:

  • Weisungsgebundenheit & Eingliederung: Gibt es feste Arbeitszeiten, Kontrolle durch Vorgesetzte?
  • Rechtsmacht & Stimmverhältnisse:
    Wenn ihr als Geschäftsführer über >50 % des Kapitals verfügt oder eine Sperrminorität besitzt, gilt das oft als selbstständig – ihr habt innerbetriebliche Verfügungsgewalt .
  • Proportionalität von Zeit & Einkommen: Wenn jemand nebenbei als Freelancer arbeitet, aber 30 % mehr Zeit und Einkommen durch die hauptberufliche Tätigkeit erzielt, spricht das für Beschäftigung .
  • Unternehmerrisiko & Kapitaleinsatz: Tragt ihr ein eigenes Risiko wie Hard- oder Softwareanschaffung, Miete, Personal?

Beispiel 1:
Lisa ist GmbH-Geschäftsführerin und hält 60 % der Anteile. Sie entscheidet über Gehälter und kann Beschlüsse blockieren – daher ist sie sozialversicherungsfrei und selbstständig registrierbar.

Beispiel 2:
Tom arbeitet als zweiter Geschäftsführer mit 25 % Beteiligung, ohne Sperrminorität und ist weisungsgebunden. Die DRV stuft ihn als abhängig beschäftigt ein – Sozialversicherungspflicht.

Reform 2022 – was hat sich geändert?

Zum 1. April 2022 wurden wichtige Neuerungen umgesetzt (befristet bis 30.06.2027):

  1. Nur noch Elementenfeststellung:
    Die DRV entscheidet nun lediglich, ob überhaupt ein Arbeitnehmerstatus (§ 7a SGB IV) vorliegt. Die genaue Sozialversicherungspflicht dieser Person entscheidet ihr als Arbeitgeber.
  2. Prognoseentscheidung:
    Die Klärung erfolgt bereits vor Dienstbeginn – ideal für Gründerverträge, Betriebsszenarien & Rechtsformwahl.
  3. Gruppenfeststellung:
    Ihr beantragt einmalig für gleichartige Tätigkeiten (z. B. Freelancer-Teams oder mehrere Mitarbeitende), was den Aufwand senkt.
  4. Widerspruch mit Anhörung:
    Ihr könnt im Widerspruch eine mündliche Anhörung beantragen – schneller Klarheit und mehr Transparenz.
  5. Entscheidung zu Arbeitgeberrolle bei Subunternehmen:
    Die DRV legt auch fest, wer als Arbeitgeber gilt und Beiträge abführen muss.

Ablauf des Statusfeststellungsverfahrens

Meldung der Beschäftigung
Bei Anmeldung zu Sozialversicherung: Statuskennzeichen setzen (1 oder 2) – Verfahren startet automatisch.

Einreichen Unterlagen
Ihr liefert Verträge (Geschäftsführer-, Dienst-, Werkverträge, Gesellschafterverträge u. a.) sowie Informationen zur tatsächlichen Tätigkeit.

Prüfung durch DRV:
Klärung der Elemente: Beschäftigung, Selbstständigkeit, familienhafte Mitarbeit.

Bescheid:
Entscheidung wirksam und bindend – ausgenommen bei Änderung der Verhältnisse (z. B. neuer Vertrag, Beteiligung) .

Folgen:

  • Bei abhängiger Beschäftigung: Beiträge nachzahlen, melden & ausweisen.
  • Bei Selbstständigkeit: keine Sozialversicherungsbeiträge (außer ggf. freiwillig).

Was passiert bei Widerspruch oder Klage?

Widerspruch einlegen: Innerhalb eines Monats nach Bescheid.

Aufschiebende Wirkung: Bis zum endgültigen Bescheid müsst ihr keine Beiträge zahlen, aber auch keine Versicherungsleistungen bekommen.

Ergeht die Entscheidung zu euren Ungunsten, sind rückwirkende Nachzahlungen fällig – also gut überlegen.

Praxis-Tipps für Gründer

📌 Prognoseentscheidungen früh beantragen: Schon bei Aufsetzen von Geschäftsführerverträgen – schafft Planungssicherheit.

💼 Gruppenfeststellung für Freelancerteams nutzen: Spart Zeit & Kosten.

🔍 Unterlagen sauber dokumentieren: Verträge, Gesellschaftsverträge, Satzungen – lückenlos und nachvollziehbar.

👥 Familienangehörige bewusst einsetzen: Prüft genau, ob ihr sie sozialversicherungspflichtig anstellt oder familienhaft einbindet.

📌 Beitragspflicht beachten: Bei abhängiger Beschäftigung: So schnell wie möglich Beiträge melden & zahlen, um Säumniszuschläge zu vermeiden.

📝 Bescheide aufbewahren: Der Statusbescheid bleibt gültig, solange sich nichts ändert.

✅ Sozialversicherungsstatus: Du giltst als nicht sozialversicherungspflichtig

Warum?

  • Du hast volle Kontrolle über das Unternehmen.
  • Du bist niemandem weisungsgebunden (außer dir selbst).
  • Du kannst jeden Beschluss blockieren oder durchsetzen.

➡️ Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) wird dich in der Regel als Selbstständigen einstufen, auch wenn du dir selbst ein Gehalt zahlst.

💸 Du willst dir 5.000 € brutto zahlen – was heißt das?

Du kannst dir als Geschäftsführer selbst ein Gehalt über die GmbH auszahlen. Das ist betrieblich absetzbar und wird wie ein „normales“ Gehalt behandelt – aber du musst selbst entscheiden, welche Sozialversicherungen du freiwillig nutzt.

1. Lohnsteuer

Die GmbH führt monatlich Lohnsteuer für dich ab – je nach Steuerklasse (i. d. R. Steuerklasse I, wenn du ledig bist).
📌 Bei 5.000 € brutto sind das etwa 1.000–1.200 € Lohnsteuer.

👉 Die genaue Höhe hängt von deinem Wohnort, Kirchensteuerpflicht und sonstigem Einkommen ab.


2. Krankenversicherung

Da du nicht versicherungspflichtig bist, kannst du dich entscheiden:

  • Gesetzlich freiwillig versichern (z. B. TK, AOK etc.)
    Beitrag: ca. 15–18 % von deinem Bruttogehalt = rund 750–900 € mtl. (inkl. Pflegeversicherung)
  • Privat versichern (z. B. Debeka, Allianz, Ottonova)
    Beitrag abhängig von Alter, Vorerkrankungen, Tarif – oft 300–800 € monatlich

3. Rentenversicherung

  • Keine Pflicht.
  • Du kannst freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen (ca. 19,3 % des Einkommens).
  • Alternativ: private Altersvorsorge, ETF-Depot, Rürup-Rente etc.

4. Arbeitslosenversicherung

  • Ebenfalls freiwillig, aber nur innerhalb der ersten 3 Monate nach Aufnahme deiner Tätigkeit möglich (bei der Agentur für Arbeit beantragen).
  • Beitrag: ca. 85–90 € monatlich (Stand 2025), aber an viele Bedingungen geknüpft.

5. Pflegeversicherung

  • Entweder über die gesetzliche (z. B. TK) oder privat.
  • Beitrag bei gesetzlicher: ca. 3,4 % (mit Kindern weniger)

📊 Beispielrechnung bei 5.000 € Bruttogehalt (vereinfacht, freiwillige gesetzliche KV/PV)

AbgabeBetrag ca.
Lohnsteuer1.100 €
Solidaritätszuschlag60 €
Kranken-/Pflegeversicherung850 €
Rentenversicherung (optional)965 €
Netto (mit RV)~2.025 €
Netto (ohne RV)~3.000 €

👨‍💼 Für deine GmbH bedeutet das:

  • Sie zahlt dir 5.000 € brutto Gehalt, das sie als Betriebsausgabe absetzen kann.
  • Sie muss keine Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung zahlen, da du freiwillig versichert bist.
  • Sie führt Lohnsteuer & Soli direkt ans Finanzamt ab.

🧠 Wichtig für dich als Gründer:

  • Du bist „freiwillig“ in allem – das gibt dir Flexibilität, aber auch Verantwortung.
  • Es gibt keine automatische Absicherung bei Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Rente – du musst selbst vorsorgen.
  • Du solltest ein Statusfeststellungsverfahren vermeiden, da deine Alleingesellschafter-Position in der Regel ohnehin zur Selbstständigkeit führt.

Fazit – das müsst ihr als Gründer unbedingt beachten

Das Statusfeststellungsverfahren ist ein mächtiges Instrument, um rechtssicher zwischen Selbstständigkeit und sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung zu unterscheiden – ein Thema, das jedes Startup betrifft. Die Reform seit 2022 hat es klarer und effizienter gemacht: Prognoseentscheidungen, Gruppenfeststellungen und Anhörungsrechte stärken eure Position und schaffen Planungs­sicherheit.

Euer Nutzen:

  • ✔️ Keine ungeplanten Nachzahlungen
  • ✔️ Klarheit über Mitbestimmung und Abhängigkeit
  • ✔️ Sichere Vertragsgestaltung und Unternehmensstruktur

👉 Tipp zum Abschluss: Kontaktiert ggf. einen Steuerberater oder eure Krankenkasse (z. B. TK), um die konkreten Schritte mit Vertragsentwürfen und Statuskennzeichen rechtzeitig zu klären.

Hier geht es zu dem zu dem Formular zum Statusfestellungsverfahren: Link

Newsletter abonnieren