Die Hälfte aller Führungskräfte, ob nun Gründer oder Konzernchef, hat ein entscheidendes Manko: Ihnen fehlt die Dialogfähigkeit – und damit die Basis für gute Team-Führung und Unternehmenserfolg. Das ist zumindest das Fazit einer Langzeitanalyse von Dr. med. Mirriam Prieß aus Hamburg. Über 80 Prozent der Unternehmensinsolvenzen sind laut der renommierte Ärztin, Psychotherapeutin und Managementberaterin auf die unmittelbaren Folgen unfähigen Managements zurückzuführen. Ein besonderer Aspekt dabei: Mangelnde Dialogfähigkeit. Und die hat – so Prieß – direkten Einfluss auf den Erfolg des Unternehmens und auch auf ein mögliches Burnout.
Die bisher angenommene Ursachen von Burnout sind nach Prieß in Wahrheit nur Symptome. Entscheidender bei Burnout-Erkrankungen sei der Aspekt Beziehung: die Beziehung zu sich selbst und die Beziehung zur Umwelt.
Ausgebrannt? Dann ist der Weg vielleicht nicht Deiner
Menschen brennen aus, weil sie den Dialog zu sich verloren haben und in konfliktreichen Beziehungen zu ihrem Umfeld stehen. Burnout sei schließlich kein Ausdruck von Schwäche, sondern der gesunde Selbstregulationsversuch eines Menschen, der ein Leben lebt, das seiner Identität nicht entspricht. Basierend auf langjähriger Behandlungserfahrung mit Burnout-Patienten sagt Dr. Mirriam Prieß, dass es auf die eigene Dialogfähigkeit ankommt:
Dr. Mirriam Prieß
„Auf sich selbst und die eigenen Gefühle hören, mit sich selbst in Kontakt treten – das nenne ich die »innere Dialogfähigkeit«. Jemand, der das nicht tut, hat seinen Selbstschutz verloren. Er ist wie eine tickende Zeitbombe – für sich selbst und seine Umwelt“, sagt Dr. Mirriam Prieß
Warum mangelnde Dialogfähigkeit das Unternehmen gefährdet
Grundsätzliches Problem viele Gründer und auch anderer Unternehmer sei, dass sie sich selbst nicht auf Augenhöhe begegnen würden und auch mit ihren Mitarbeitern nicht im Dialog stehen würden. Als Folge würden sie ganze Abteilungen demotivieren, ausbrennen und am Ende den Erfolg des Unternehmens gefährden. Im Rahmen ihrer Tätigkeit als Unternehmensberaterin im Bereich Stress- und Konflikt-Management analysierte Dr. Miriam Prieß seit 2010 zahlreiche Führungskräfte. Bewertet wurden dabei die entscheidenden Kerneigenschaften Selbstwertgefühl, Dialogfähigkeit und die Fähigkeit zur Selbstreflexion von Managern auf unterschiedlichem Level.
Am meisten verbreitet: Das Verwechseln von Macht mit Stärke
„Wer meint, durch Macht stark zu werden, irrt – Stärke zeigt sich in der Person, nicht in der Position. Führungskräfte können nur Führungsstärke entwickeln, wenn sie sich in sich stark fühlen – dies setzt voraus, dass man sich auch in seinen Schwächen selbstbewusst auf Augenhöhe begegnen kann. Wer sich minderwertig fühlt, fühlt sich schwach und begeht häufig den Irrtum, die fehlende Stärke über Machtposition erreichen zu wollen. Wer mit Macht führt, führt seine Mitarbeiter dorthin, wo er selbst innerlich steht – in die Ohnmacht.“
Dadurch gehe auch der Blick für den einzelnen Mitarbeiter und die Sache verloren. Ein Dialog mit Team-Mitgliedern sei dann ebenso wenig möglich wie die richtige Beurteilung von unternehmerischen Möglichkeiten und Unerreichbarkeiten. Die Folgen: Steigende Unzufriedenheit im Team, Verschwendung von Ressourcen und letztendlich auch weniger Innovationskraft, denn die Produktivität von Unternehmen würde durch Mängel im Management empfindlich erschüttert.
Über 25.000 Firmen gehen jährlich in Deutschland in die Insolvenz. Jeder fünfte Arbeitnehmer hat innerlich gekündigt und über die Hälfte dieser würden ihren Chef direkt entlassen, wenn sie könnten. Denn ist der Glaube an die Führung in Unternehmen erst mal abhanden gekommen, folgt schnell der Glaube an die Sache – und bei vielen Mitarbeitern am Ende der Glaube an sich selbst.
Dialog als Kernelement erfolgreicher Unternehmensführung
Ein gesundes Selbstbewusstsein und die Fähigkeit zum Dialog auf Augenhöhe sind daher mit die wichtigsten Grundlagen für eine erfolgreiche Unternehmensführung. Nur, wenn Gründer selbst ihren Wert kennen, können sie auch um der Sache willen agieren und ihr Team mit Respekt und Wertschätzung begegnen. Und dabei heißt Dialog natürlich nicht, immer gleicher Meinung zu sein. Aber Ansagen nach dem Motto „Ich bin der Boss“, „Ober sticht Unter“ töten jegliche Kommunikation und schwächen alle Beteiligten.
„Dialog heißt, dem anderen offen, auf Augenhöhe zu begegnen und dazu in der Lage zu sein, die Position des anderen in jedem Moment wiederzugeben. Kennzeichen ist, die Situation am Ende anders zu verlassen, als man sie begonnen hat. Vielen Führungskräften ist gar nicht bewusst, dass der Dialog Grundlage für eine gesunde Unternehmenskultur und diese Voraussetzung für langfristigen Erfolg ist“
Nur mit Selbstreflexion und Veränderungsfähigkeit gelingt Innovation
Warum Innovation oft bereits im Ansatz erstickt wird, hängt nicht selten mit der Unfähigkeit von Managern und Führungsteams in Startups zusammen. Oft äußert sich das durch ihre Erwartung an das Umfeld, die „eigene Welt“ zum Maßstab zu nehmen – und diese steht gerade bei Gründern in einem weiten Spannungsfeld zwischen gottgleicher Selbsterhöhung und überkritischer Angst vorm Scheitern.
Hinzu kommt, dass bei vielen Führungskräften die Fähigkeit der Selbstreflexion und Veränderung nicht sehr ausgeprägt ist.
„Häufig wird Erkenntnis bereits mit Veränderung und Lösung gleichgesetzt. Dies ist aber falsch. Erkenntnis ist der kleinste Schritt – die größte Herausforderung ist die darauffolgende konsequente Veränderung. Viele gestehen zwar Fehler ein, sind aber nicht bereit, nötige Veränderungen umzusetzen. Das führt zu weiterer Frustration aller Beteiligten.“
6 Tipps für den Weg zur empathischen Führungspersönlichkeit:
Den Schalter umlegen
Die gute Nachricht: Ihr, liebe junge Unternehmenschefs, können Euch ändern. Dringende Voraussetzung dafür ist einzig Euer gute Wille für einen echten Veränderungsprozess. Dafür muss bei Euch die Erkenntnis reifen, dass Euer eigener innerer Wert nicht von Eurem Erfolg und der Leistungsfähigkeit eures Startups oder Eurer Position abhängt. Also: Legt den Schalter um. Dann könnt Ihr laut Mirriam Prieß zu starken und empathischen Führungspersönlichkeiten heranreifen.
Fokussiert Euch
Entscheidet Euch bewusst dafür, häufiger nur eins zurzeit zu tun – mit voller Aufmerksamkeit. Das entspannt, stärkt die Konzentration und macht Euch zufriedener.
Geht in den inneren Dialog
Beziehungen mit anderen gelingen im Dialog – auch mit Euch selber. Sorgt also dafür, dass die Verbindung zu Euch selbst beibehalten wird und nehmt Euch dafür Auszeiten. Fragt regelmäßig: Stimme ich mit dem überein, was ich tue? Oder: Lebe ich oder funktioniere ich nur?
Authentisch bleiben
Gesundheit braucht Authentizität – keine Rolle. Sagt Ja, wenn Ihr Ja meint und Nein, wenn Ihr Nein meint. Seid konsequent und seid authentisch. Steht zu Euren Grenzen und akzeptiert sie.
Die Krise nutzen
Scheitern oder eine Krise; Das sind keine Katastrophe. Es sind Chancen zu wachsen! Lern also loszulassen und weiterzugehen.
Auszeiten nehmen und Energie tanken
Sorgt dafür nicht immer nur drauf, sondern auch einzahlen – und mindestens einmal am Tag das Gefühl zu haben, voll auf Eure Kosten gekommen zu sein.
Buchtipp: