Die Gründerinnen Cynthia Wandia und Deborah Choi sind Teil des Google for Startups Black Founders Fund gewesen. Die Inititative von Google for Startups wurde 2020 ins Leben gerufen, um Schwarzen Gründer*innen bei dem Aufbau und Wachstum ihres Unternehmens zu unterstützen. Hierfür vergibt Google for Startups Geldprämien, unterstützt mit Mentorings und vernetzt die Gründer*innen untereinander sowie mit der globalen Google for Startups-Community von Experti*innen für Unternehmensführung und Wachstum.

Der jüngste Black Founders Fund in Europa bietet 40 Gründer*innen 100.000 USD an Kapital, bis zu 200.000 USD an Google Cloud Credits und Zugang zu den besten Google-Menschen, -Produkte und -Methoden.

Hier lest Ihr das Interview mit Cynthia Wandia. Sie ist Co-Founder und CEO von Kwara, eine in Kenia ansässige Online- und Mobile-Banking-Plattform für Finanz- und Kreditgenossenschaften sowie Gemeinschaftsbanken.

Inhalt

Das ganze Interview mit Deborah & Cynthia als Podcast hören:

Was ist Kwara? Erzähl uns von deinem Unternehmen, Cynthia!

Kwara ist ein Fintech-Unternehmen, das traditionelle Kreditinstitute oder Sparkassen in moderne digitale Banken umwandelt. Eine Kreditgenossenschaft ist eine Art Bank, die sich im Besitz ihrer Kunden befindet. Normalerweise gibt es Gemeinschaftsbanken, die nicht in den großen Städten angesiedelt sind, sondern eine große Gemeinschaftsbank, die in einer bestimmten Region ihren Anfang nimmt. In Deutschland ist zum Beispiel die Sparkasse auf diese Weise entstanden. Es gibt also lokale Sparkassen pro Gebiet, pro Dorf oder pro Region, bei denen die Leute, die ihr Geld eingezahlt haben, auch ein paar Anteile an der Bank besitzen. 

Wir nehmen diese Gemeinschaftsbanken oder Kreditgenossenschaften und verwandeln sie in moderne digitale Banken, so dass sie ihren Mitgliedern ein N26-ähnliches Erlebnis bieten können. So können sie Finanzdienstleistungen in Echtzeit anbieten, mit dem Rest des Finanzsektors verbunden sein statt isoliert zu bleiben. Derzeit sind wir vor allem in Schwellenländern wie Kenia, auf den Philippinen und in Südafrika vertreten.

Wie kamst du auf die Idee von Kwara und die Themen wie Banking, Finanzen und Technologie?

Ich bin auf diese Möglichkeit gestoßen, als ich mich mit einem anderen Problem beschäftigte. Ich habe mir die Kaffee-Lieferkette angesehen, d. h. typischerweise kleine Kaffeebauern in Ländern wie Kenia oder Indonesien, Peru oder Kolumbien. Die Bauern erledigen einen Großteil der Arbeit. Sie pflanzen den Kaffee an und verkaufen ihn dann an eine Börse, wobei sie nicht allzu viel verdienen. 

Ich habe dadurch mit vielen Landwirten gesprochen. Eine Sache, über die sie immer wieder sprachen, war die Kreditgenossenschaft oder die Genossenschaft. Je mehr ich darüber erfuhr, desto mehr wurde mir klar, dass diese Finanzinstitution, die sozusagen auf der Gemeinschaft basiert, tatsächlich die erste Anlaufstelle für alle war. Falls sich etwas auf dem Markt verzögerte und sie ihren Kaffee nicht rechtzeitig verkaufen konnten, bekamen sie einen Kredit, um ihre Kinder weiterhin in die Schule schicken zu können. 

Je mehr wir darüber erfuhren, desto mehr erkannten wir, dass es hier eine Chance gab. Dass es ein Finanzinstitut gab, das die Bedürfnisse der Mehrheit der Menschen befriedigte, die von den Banken nicht bedient wurden, das aber auf eine sehr untechnische, manuelle Weise arbeitete. Anstatt uns also auf die Lieferkette von Kaffee zu konzentrieren, beschlossen wir, den größeren Aspekt zu betrachten – die Finanzen. Das Thema erstreckt sich über alle Bereiche – ganz egal, ob man nun Landwirt*in, Lehrer*in oder Kleinunternehmer*in ist und für seine finanzielle Gesundheit auf eine Gemeinschaftsbank angewiesen ist. Wir könnten dazu beitragen, diese Erfahrung durch den Einsatz von Technologie zu verbessern. So ist Kwara entstanden.

Was bedeutet der Name Kwara?

Das ist eine tolle Frage! Der Name setzt sich aus zwei Swahili-Wörtern zusammen. Das erste ist „kwa“, was so viel wie „innerhalb von etwas sein“ bedeutet, und das zweite ist „duara“, was „Kreis“ bedeutet. Kwara ist also eine Mischung aus diesen beiden Wörtern und der Idee, in einem Kreis zu sein. Denn wenn man in einem Kreis ist, wächst man, ist sicher und stärker. So fühlt es sich an, wenn man Mitglied einer dieser Gemeinschaftsbanken ist. Man ist vor Finanzgeschäften geschützt und hat die Möglichkeit, Vermögen aufzubauen.

Wer sind eure Kunden? Für wen ist Kwara gedacht?

Unsere Kunden sind Kreditgenossenschaften oder Gemeinschaftsbanken in Schwellenländern. Sie können von ein paar hundert bis zu Zehntausenden von Mitgliedern reichen. Bei den Mitgliedern handelt es sich um Einleger und andere Personen, die die Bank nutzen, um Sparkonten zu eröffnen, Kredite aufzunehmen und andere Finanzdienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Sie werden „Mitglieder“ genannt, weil sie auch Eigentümer sind… es ist ein bisschen wie in einem Club, aber unser Kunde ist die Kreditgenossenschaft. Wir stellen ihnen ein Bankprodukt zur Verfügung, das alle Tätigkeiten digitalisiert, die ihre Mitarbeitenden in der Zentrale oder in den verschiedenen Filialen tun. 

Wir machen Mobile Banking möglich und somit, dass sie von überall aus Transaktionen durchführen können. Unser Kunde ist die Kreditgenossenschaft, aber die Auswirkungen sind am stärksten bei den Mitgliedern zu spüren.

Du warst ebenfalls Teil des Google for Startup Black Founders Fund, Cynthia. Inwiefern hat dir der Fund mit deinem Unternehmen geholfen?

Es ist ein unglaublicher Schatz an Ressourcen. Der Zugang zu Wissen, Mentor*innen und Netzwerken, die einem bei der Bewältigung der individuellen Herausforderungen unterstützen können, mit denen man mit seinem Startup gerade konfrontiert ist, ist wirklich von unschätzbarem Wert. Finanzierung ist natürlich immer toll, daran besteht kein Zweifel! Aber ich denke, dass der Google for Startup Black Founders Fund den Zugang von Gründer*innen zu den richtigen Leuten, die ihnen bei der Lösung eines bestimmten Problems helfen können, verbessert. Und genau das ist es, was man braucht auf der Reise mit dem eigenen Startup. 

Wie bist du auf den Fund aufmerksam geworden und wie lief der Bewerbungsprozess ab?

Ich habe durch Google for Startups davon erfahren und ich denke, Google hat generell viel Zeit und Ressourcen investiert, um sich in verschiedenen Startup-Systemen auf der ganzen Welt bekannt und verfügbar zu machen. Außerdem nutzt man als Startup vielleicht einige Google-Produkte, sodass man mit dem Einfluss und der Reichweite von Google bereits vertraut ist.

Der Bewerbungsprozess für den Google for Startups Black Founders Fund ist ziemlich einfach. Man kann sich schnell bewerben. Man muss sich zwar Gedanken machen, aber es ist nicht so, dass man extrem viel Zeit dafür aufwenden muss. In den Vorstellungsgesprächen geht es darum, herauszufinden, ob das Unternehmen wirklich passt.

Hast du Tipps für andere, die sich gerne bewerben würden?

Ich würde sagen, schreib Deine eigene Geschichte und sei wirklich offen und ehrlich darüber, wo Du aktuell mit Deinem Startup stehst und was gebraucht wird. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sie sehr gut auf eine offene Herangehensweise auf die Startup-Situation aber auch auf die jeweiligen Bedürfnisse reagieren. Das ist generell mein Rat – wenn Du Dein Unternehmen und dich selbst so authentisch wie möglich darstellst, ist es wahrscheinlicher, dass man auch mit den richtigen Leuten in Kontakt kommt.

Kwara wurde 2018 gegründet, 2021 wart ihr dann Teil des Google for Startups Black Founders Fund. Was hat sich seitdem verändert? 

Als wir teilgenommen haben, hatten wir bereits einige Dinge besser verstanden als zu Beginn. Das bedeutete aber auch, dass man als Startup mit dem Wechsel des Stadiums auf neue Herausforderungen stößt. Was in meinen Augen wirklich gut war, war die Möglichkeit im Voraus auf Ressourcen für das nächste Stadium zuzugreifen. Was sich geändert hat war, dass wir in der Lage waren, unser Unternehmen nicht nur aus der Perspektive zu betrachten, in der wir uns zu dem Zeitpunkt befanden, sondern auch aus der Perspektive des nächsten Stadiums. 

Und das lag daran, dass in den Netzwerken des Black Founders Fund so viele Ressourcen und Know-How zur Verfügung stehen. Ich glaube, das war der größte Unterschied und das Hilfreichste, um uns auf die nächste Phase vorzubereiten.

Aus deiner heutigen Sichtweise als Unternehmerin – welchen Ratschlag würdest du anderen Gründer*innen geben?

Ich würde sagen, eines der Dinge, mit denen ich gerechnet hatte, war die Ungewissheit und die Tatsache, dass man Entscheidungen nicht immer mit den meisten Informationen oder der größten Klarheit treffen muss, sondern dass es eher darum geht, eine eigene Überzeugung und eine eigene Sichtweise zu entwickeln, die gut informiert ist. 

Was uns überrascht hat, war das Ausmaß der Unsicherheit und die Art und Weise, wie man immer sicherer in seiner Überzeugung werden muss, aber auch bereit sein muss, diese zu ändern oder wieder fallen zu lassen, sobald man Beweise für das Gegenteil hat. Ich denke, man kann auf frühere Erfahrungen und Erlebnisse zurückgreifen und versuchen, sie zu verstehen, aber erst wenn man sie selbst erlebt, weiß man wirklich, was sie bedeuten. Das war das eine – Dinge ändern sich ständig und das ist in Ordnung.

Schwierig ist auch das Abwägen zwischen den Dingen, die man unter Kontrolle hat und den Dingen, die man nicht unter Kontrolle hat und und dafür zu sorgen, dass man die eigene Vision und die Vision des Unternehmens zusammen mit dem Team und den hoffentlich zufriedenen Kunden größtenteils unter Kontrolle hat. Das ist der schwierigste Teil, aber wenn man ihn einmal gemeistert hat, wird es zumindest etwas leichter.

Erfolgreich gründen mit Google for Startups - Gründer packen aus mit Cynthia Wandia (Teil 2)
Kwara

Auf eurer Website beschreibt ihr eure Vision mit “financial health for all” (übersetzt: “finanzielle Gesundheit für alle”). Was bedeutet das genau?

Es bedeutet, dass jeder, unabhängig davon, wo er geboren wurde oder in welcher Situation er sich befindet, das Recht auf die Möglichkeit haben sollte, Wohlstand aufzubauen. Und finanzielle Gesundheit bedeutet nicht, dass man drei Autos oder drei Häuser hat, sondern ein Sicherheitsnetz zu haben, wenn die Dinge mal schlecht laufen. Gleichzeitig aber auch die Möglichkeit, im Laufe der Zeit zu investieren, um besser in der Welt zu leben, für die wir uns entschieden haben. Wir haben uns für eine Welt des Geldes und der Finanzen entschieden. 

Unsere Vision ist, dass jeder es verdient, an dieser Welt teilzuhaben. Es geht nicht nur um die „nice to haves“ der finanziellen Annehmlichkeiten, sondern darum, in finanzieller Hinsicht wirklich gesund (aufgestellt) zu sein. Vor allem in Märkten, in denen es nicht allzu viel institutionalisierte Unterstützung gibt – sei es von der Regierung oder von anderen Institutionen – gibt es viele Menschen, die es aus eigener Kraft schaffen (müssen). Da setzen wir an.

Wie denkst du, wird sich die Finanz- und Bankenwelt in den nächsten Jahren entwickeln und warum?

Mit Blick in die Zukunft denke ich vor allem an die Trennung zwischen den Bedürfnissen der Anteilseigner und den Bedürfnissen der Nutzer. Ich denke, das ist eine der Entkopplungen, die sich bei reinen Finanzdienstleistungen manifestiert. Wenn man also kein Anteilseigner ist, wie z.B. bei einer Bank, die auf den Shareholder-Value ausgerichtet ist, könnte sie manchmal gegen die Interessen der Kunden handeln. Die Idee einer Kreditgenossenschaft, bei der Anteilseigner und Kunden gleichwertig sind, findet bei uns also großen Anklang. 

Was wäre in deinen Augen der wichtigste nächste Schritt, um gleiche Chancen auch für weibliche und/oder BIPOC Gründer*innen zu kreieren?

Ich würde sagen: direkte Unterstützung. Vor allem bei der Finanzierung. An zweiter Stelle würde ich sagen: Mentoring und Zugang zu Netzwerken.

Aber ich denke, dass die Lücke im Moment so groß ist, dass sie nur schnell geschlossen werden kann, indem man Ideen von weiblichen oder BIPOC-Gründern wirklich fördert. Gebt ihnen oder uns die Möglichkeit, das, was in ihren/unseren Köpfen steckt, zum Leben zu erwecken. Das wäre der erste Schritt. Es gibt eine Menge Über-Mentoring und Unter-Finanzierung. Viele Unternehmen und Gruppen haben wichtige Schritte in diese Richtung unternommen und ich denke, dass dies der beste Weg ist. 

Über Cynthia Wandia

Cynthia Wandia ist Co-Founder und CEO von Kwara, eine in Kenia ansässige Online- und Mobile-Banking-Plattform für Finanz- und Kreditgenossenschaften sowie Gemeinschaftsbanken. 2021 war Wandia mit Kwara Teil der Förderung durch den Google for Startups Black Founders Fund.

Über den Google for Startups Black Founders Fund

Schwarze Gründer:innen in Europa haben unverhältnismäßig wenig Zugang zu den Netzwerken und dem Kapital, das sie für das Wachstum ihrer Unternehmen benötigen. Im Jahr 2020, als weniger als 0,5 % der Risikokapitalfinanzierungen an von Schwarzen geführte Startups gingen, kündigte Google den Black Founders Fund an und hat seitdem 20 Millionen Dollar an Finanzmitteln für Gründer in den USA, Europa, Afrika und Brasilien bereitgestellt. Der jüngste Black Founders Fund in Europa in Höhe von 4 Mio. USD bietet 40 Gründern 100.000 USD an Kapital, bis zu 200.000 USD an Google Cloud Credits und Zugang zu den besten Google – Menschen, Produkte und Methoden.

Hinweis: Das Interview wurde mündlich durchgeführt und zum Zweck der Lesbarkeit in der Schriftform leicht angepasst.

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