Das Berliner Fintech-Startup N26 (früher Number26; der neue Name soll international noch besser ankommen) versorgt uns momentan fast im Wochentakt mit neuen Nachrichten: neben der Umbenennung standen ein hohes Investment, eine Banklizenz und neue Produkte und Konditionen auf der Newsliste. Wir haben beim Gründer und CEO Valentin Stalf nachgefragt, wie der aktuellste Stand der Dinge ist.
Hallo Valentin, Ihr habt kürzlich eine Banklizenz von der Europäischen Zentralbank erhalten. Werdet ihr jetzt vom Anbieter eines kostenlosen Girokontos für das Smartphone zu einer vollwertigen Bank?
Die Möglichkeit zumindest hätten wir, aber wir verstehen uns in erster Linie als Plattform. Die Bank der Zukunft sollte nicht alles selber machen, sondern die besten Angebote von den besten Anbietern bündeln.
Als ein neues Produkt habt Ihr N26 Invest angekündigt. Worum geht es da?
N26 Invest ist ein gutes Beispiel für den Plattformgedanken. Wir kooperieren dabei mit dem Frankfurter Startup Vaamo, einem Robo-Adviser. Es handelt sich um einen Sparplan, bei dem die Kunden aus drei Risikoklassen wählen können, mit entsprechend höherem oder niedrigerem Aktienanteil. Möglich ist die Anlage eines einmaligen Betrags oder ein monatlicher Sparplan, wobei es keine Betragsuntergrenze gibt. Je nach Anlagesumme liegen die monatlichen Gebühren bei mindestens 1,90 Euro. Irgendwelche weiteren, versteckten Kosten gibt es nicht, alles ist ganz transparent.
Was sind die weiteren Pläne für die Plattform?
Es wird Verbraucherkredite geben, in der Größenordnung von 5.000 bis 25.000 Euro. Und Versicherungen werden wir ebenfalls anbieten. Mit welchen Partnern wir da zusammenarbeiten werden, kann ich noch nicht verraten. Ob mit Fintech-Startups oder etablierten Unternehmen spielt dabei keine Rolle. Wichtig ist allein die Qualität des Produkts.
Negative Schlagzeilen machten kürzlich Kontenkündigungen, weil Kunden zu viele Abhebungen gemacht hatten. Wie werdet Ihr das in Zukunft regeln?
Grundsätzlich bleiben Abhebungen gebührenfrei, egal wie viele, wenn sie bei einem unserer über 6.000 Cash26-Partner gemacht werden. Das sind zum Beispiel Supermärkte von Rewe und Penny. Außerdem bleiben für Kunden, die ihr Hauptkonto bei uns haben, bis zu fünf Abhebungen pro Monat von Bankautomaten kostenlos. Bei anderen sind es drei. Alles, was darüber hinaus geht, kostet zwei Euro pro Vorgang. Diese Regelung wird in dieser Form nach einer Übergangsfrist zum Ende des Jahres eintreten.
Vor einigen Wochen hat N26 eine Finanzierungsrunde in Höhe von 40 Millionen US-Dollar abgeschlossen. Zu den Investoren gehört auch Peter Thiel. Welche Erfahrungen hast Du mit ihm gemacht?
Peter Thiel ist eine sehr spannende Persönlichkeit mit enorm viel Erfahrung. Er hat Paypal gegründet und früh in Facebook investiert und ist ein motivatorisches Vorbild. Der Kontakt läuft hauptsächlich über seine Firma Valar Ventures in New York, aber natürlich haben wir ihn auch schon persönlich getroffen. Sehr wichtig ist aber auch die Zusammenarbeit mit Horizons Ventures aus Hongkong. Die Firma gehört Li Ka-shing, einem der reichsten und einflussreichsten Männer Chinas. Und da auch die Berliner von Earlybird mit an Bord sind, sind wir wirklich weltweit gut vernetzt. Das hilft uns natürlich bei unseren Plänen, noch stärker in internationale Märkte zu expandieren.
Wie beurteilst Du die deutsche Fintech-Szene im internationalen Vergleich?
Insgesamt hinkt Deutschland in Sachen Fintech den USA und auch dem UK noch hinterher. Hier gibt es zwar gute Ideen, aber zu wenig Produkte, die tatsächlich live sind. Und viele deutsche Fintechs scheitern auch an der komplizierten Regulatorik. Dabei gibt es viele gute Teams, und großen Nachholbedarf in Bereichen wie Trading und Versicherungen. Oft sind aber die Produkte zu kompliziert und orientieren sich zu wenig am Kunden.
Nach dem angekündigten Brexit erhoffen sich viele einen weiteren Boom für den Fintech-Standort Deutschland, besonders in Berlin. Wie beurteilst Du das?
Da müssen wir noch abwarten, wie die Verhandlungen ablaufen. Bei Neugründungen oder dem Eintritt von Amerikanern in den europäischen Markt ist Berlin zurzeit allerdings klar im Vorteil. Berlin ist einfach der stärkste Standort in Europa. Wir hatten übrigens auch schon Bewerber aus London, denen die Situation dort zu unsicher ist.
Fintechs und klassische Banken werden oft als Gegner dargestellt. Wie siehst Du das?
Dieser Gegensatz wird hauptsächlich von den Medien gepusht. Mit der Banklizenz wird N26 ja jetzt selbst zur Bank. Es gibt da kein Schwarz-Weiß-Denken. Wichtig ist, was dem Kunden nützt, und das ist eher Kooperation als Konfrontation. Wie schon gesagt, entscheidend ist die Qualität eines Produkts.
Vielen Dank für das Gespräch!