Nico Lumma war nach eigenen Angaben seit 1995 nicht mehr offline, ist seit 15 Jahren Teil der deutschen Startup-Szene und war Juror beim diesjährigen Webfuture Award, dem Gründerwettbewerb von nextMedia.Hamburg. Seit dem Start im vergangenen Jahr ist er zudem COO des Next Media Accelerators, der kürzlich seinen ersten Geburtstag feierte. Für nextMedia.Hamburg hat er das Internet kurz beiseitegelegt und mit der Initiative darüber gesprochen, wie die Startups im Accelerator zusammenarbeiten.
Nico, was macht der Next Media Accelerator?
Wir holen als Accelerator Startups aus der Medienbranche für sechs Monate nach Hamburg. Dafür bekommen wir einen Anteil an den Firmen, und die Firmen bekommen Geld, Vernetzung und Support. In diesen sechs Monaten versuchen wir durch unterschiedlichste Maßnahmen die Startups zum Laufen zu bringen: Wir bieten ihnen unser Netzwerk an, stellen ihnen Mentoren und Coaches zur Seite und unterstützen sie bei ihrer Arbeit an ihren Produkten und Dienstleistungen. Anders gesagt: Wir suchen zusammen mit den Startups nach ihren größten Herausforderungen und arbeiten sie gemeinsam ab.
Stichwort Netzwerk: Wie wichtig ist die Vernetzung für Startups?
Wir bieten den fünf Startups pro Batch eine Basis für ihre Arbeit, also auch für ihre Zusammenarbeit und Vernetzung. Wir schaffen eine Atmosphäre, die man eigentlich aus den Klassenzimmern der Republik kennt. Dort sitzt man in einem Raum, der bei uns „Open Space“ heißt. Und das funktioniert: Unsere Startups unterstützen sich gegenseitig, pushen sich aber gegenseitig auch nach vorne. Wir halten diese Mischung aus „Konkurrenzdenken“ und Solidarität für sehr kreativ und produktiv. Zudem zeigt die Praxis, dass Startups bestimmte Aufgaben und Herausforderungen sehr unterschiedlich angehen und sich schon damit gegenseitig unterstützen.
Obwohl der Austausch hier absolut sinnvoll ist, zeigt die Erfahrung, dass wir das ein wenig anschieben müssen. Unser Job ist es also auch, diesen Klassenverbund zu organisieren.
Wir fördern und fordern den Austausch zwischen den Startups. Wir organisieren uns als Accelerator komplett über Slack, wo alles diskutiert wird, was für Startups relevant ist. Wir sind da sehr offen und freuen uns darüber, dass die Startups aktiv mitdiskutieren. Ich glaube, das geht auch gar nicht anders. Wir sind darauf angewiesen, dass die Startups schnell handeln können und sehr agil sind. Und insofern ist das unausweichlich, dass wir so eine Zusammenarbeit hinbekommen.
Wir stellen als Accelerator das Setup zur Verfügung und versuchen, ein Klima der Zusammenarbeit und des Austausches zu schaffen. Und wenn wir das vorleben und eine große Offenheit zeigen, dann gehen wir davon aus, dass der Funke leichter überspringt.
Gibt es auch Grenzen der Zusammenarbeit, zum Beispiel, um seine eigenen Ideen zu schützen?
Wir versuchen die Teams so zusammenzustellen, dass sie nicht dieselben, sondern unterschiedliche Sachen machen. Daraus ergeben sich eher spannende Synergien als Abgrenzungen. Im aktuellen Batch überlegen gerade zwei unserer Startups, ein Joint Venture zu gründen. Wenn Collaboration so läuft, ist das natürlich cool.
Was sind klassische Themen, bei denen Startups mit ihren unterschiedlichen Ansätzen und Projekten im Accelerator zusammenarbeiten können?
Die Startups schaffen sich untereinander Netzwerke und tauschen sich dort aus. Klassische Themen gibt es nicht, die Zusammenarbeit zieht sich durch alle Themen. In diesen Netzwerken gibt es schnell Leute mit speziellen Fähigkeiten oder Kontakten, die dann auch von anderen genutzt werden. Wichtig ist nicht nur die Vernetzung untereinander, sondern auch die Zusammenarbeit außerhalb des Accelerators. Das ist der Grund, warum wir ins betahaus gezogen sind. Wir wollten eben nicht, dass die Startups abgetrennt vom Rest der Welt arbeiten, sondern im Gegenteil mitten drin – nicht nur mit anderen Startups, sondern auch mit den Gründern, den vielen Freelancern und den kleinen Unternehmen, die dort arbeiten. Wir wollen die Startups bewusst mit der Szene zusammenbringen.
Das betahaus steht ja nicht zufällig in Hamburg, denn die Hansestadt engagiert sich zum Beispiel über die Standortinitiative nextMedia.Hamburg und dem StartHub aktiv für Gründer in der Medien- und Digitalszene. Wie wichtig ist der Standort für eure Arbeit?
Für uns als Medien-Accelerator ist Hamburg ein ideales Pflaster: Die Medienbranche ist hier traditionell stark mit Medienhäusern und Agenturen vertreten. Dennoch ist es im positiven Sinne eine überschaubare Szene; und so ist es richtig, dass wir mit dem Accelerator genau hier sind. Die Wege sind kurz, der Austausch intensiv. Das können andere Standort nicht so bieten.
In Berlin hätten wir das auch machen können, aber da gibt es ein so großes Angebot an Accelerators, dass aus unserer Sicht die Vernetzung mit der Szene nicht so leicht wäre. Und schließlich liegen Hamburg und Berlin nah beieinander. Deshalb spreche ich gerne von einem „Ökosystem Hamburg-Berlin“. Ich sehe da weniger Konkurrenzdenken, sondern bin überzeugt, dass Hamburg von der Sogwirkung Berlins als einem der kreativsten Hotspots in Europa auch profitiert.
Im aktuellen Batch sind ausschließlich internationale Startups vertreten. Wie wichtig ist diese internationale Ausrichtung?
Wir verstehen uns als der führende Hub für Medieninnovationen in ganz Europa. Wir gucken generell nach Teams aus ganz Europa und zählen Israel noch dazu – auch, weil das Land eine sehr kreative und innovative Startup-Szene hat. Die Startups für die Batches wählen wir allerdings nicht nach Herkunftsland aus, sondern nach Geschäftsmodell und Reifegrad. Wir laden die Startups ein, die aus unserer Sicht die größten Erfolgsaussichten haben. Im aktuellen Fall haben wir in der Tat fünf Teams aus dem europäischen Ausland und Israel. Das ist, so gesehen, reiner Zufall, aber auch eine neue und spannende Herausforderung für uns.
Nico, vielen Dank für das Interview!