Investoren sind für Gründer ein wesentlicher Faktor, wenn es darum geht, ein Unternehmensprojekt umzusetzen und eine Business Idee zum Leben zu erwecken. Da die Gründerszene boomt und viele aufstrebende Unternehmer um die Gunst von Investoren buhlen, müssen Gründer heute auf vielfältigen Ebenen überzeugen, um ihr Startup auf eine solide wirtschaftliche Basis stellen zu können. Nachhaltigkeit gehört zu den Themen, die in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen haben. Mit den ESG-Kriterien ist ein Kompass für Investoren entstanden, der die Messlatte für Gründer höher legt. Auch in der Krypto-Branche spielen die ESG-Kriterien eine nicht unerhebliche Rolle.
Nachhaltiges Produzieren und Wirtschaften und nachhaltige Unternehmensstrukturen gehören heute zu den prägenden Faktoren, wenn es um das Image eines Unternehmens geht. Gerade für Investoren wandert der Blick deshalb neben der Wirtschaftlichkeit auch immer öfter auf die Bemühungen, die ein Unternehmen im Hinblick auf die Nachhaltigkeit vorzuweisen hat. Auch Gründer müssen dem Thema Nachhaltigkeit die notwendige Aufmerksamkeit schenken.
Die Kryptoszene ist eine innovative und zukunftsträchtige Plattform für Startups und bietet viel Raum für neue Geschäftsideen. Investoren mit einer Affinität zu modernen Technologien sehen auf dem Kryptomarkt ihre Chance, in die Zukunft zu investieren. Wenn es um Nachhaltigkeit geht, wurden Kryptowährungen bislang eher kontrovers diskutiert. Zu hoch ist der Energieverbrauch durch das Mining.
Einzelne Akteure des Bereichs, allen voran Ether, haben einen Kurswechsel eingeläutet und setzen auf nachhaltige Technologien. Insbesondere große Investoren knüpfen die Entscheidung, ob sie Ethereum kaufen oder in eine andere Kryptowährung investieren, neben Aspekten wie der Kursentwicklung und der Stabilität zunehmen an das Thema Nachhaltigkeit. Dies könnte das Interesse an Kryptowährungen erhöhen und zukünftig ein noch größeres Potenzial für Gründer bergen, die ihre Unternehmenstätigkeit an die Kryptoszene knüpfen.
ESG-Kriterien haben Einfluss auf das Investmentverhalten
Wenn es um Investments geht, tauchen drei Buchstaben immer häufiger auf: ESG. Die so genannten ESG-Kriterien können als eine Art Maßstab für die Nachhaltigkeit eines Investments betrachtet werden. Die Abkürzung steht für Environment, Social und Governance und bezeichnet Standards für nachhaltige Anlagen, an denen sich Investoren für ihr Investment orientieren können.
Unter Environment werden Aspekte wie Energieeffizienz, CO2-Emission, Umweltfreundlichkeit und Umweltbelastung bzw. Umweltverschmutzung gefasst, die die Arbeit eines Unternehmens prägen.
Der Begriff Social nimmt Arbeitsbedingungen, Arbeitssicherheit, Lohnzahlungen, Gesundheitsleistungen, Berücksichtigung von Diversity-Aspekten und das gesamte soziale Engagement und die soziale Verantwortung eines Unternehmens unter die Lupe.
Zu Governance gehört alles, was die Unternehmensführung und -struktur nachhaltig macht. Themen wie Unternehmensphilosophie, Aufsichts- und Kontrollstrukturen, Risikomanagement, Compliance und der Umgang mit Korruption spielen bei diesem Aspekt eine Rolle.
Die ESG-Kriterien gehen zurück auf die Principles of Responsible Investments (PRI), eine im Jahre 2006 von den Vereinten Nationen gestartete Initiative, bei der sich Unternehmen freiwillig dazu verpflichten, die ESG-Kriterien bei ihren Investmententscheidungen miteinfließen zu lassen und das Management ihrer Assets an den ESG-Kriterien auszurichten. Nach Angaben des Wirtschaftslexikons hatten sich bis 2018 bereits 1.961 Investment- und Beteiligungsgesellschaften und Dienstleister der freiwilligen Selbstverpflichtung angeschlossen und konzentrieren sich bei ihren Investmententscheidungen auf Anlageobjekte, die die ESG-Kriterien erfüllen.
Damit ist es auch für Gründer wichtiger geworden, sich den Herausforderungen der ESG-Kriterien zu stellen und ihr Unternehmen an diesem Kompass auszurichten, um für Investoren langfristig interessant zu sein.
Umweltkriterien machen es Kryptowährungen schwer
Die Kryptoszene ist schwieriger in ESG-Kriterien zu fassen als die meisten anderen Branchen. Der hochkomplexe technologische Hintergrund lässt viele Aspekte auf den ersten Blick kaum in Einklang bringen. Im Hinblick auf Umweltkriterien ist es vor allem der große Energieverbrauch beim Kryptomining, der den Bitcoin und andere Kryptowährungen in die Kritik brachte. Für die Blockchain-Technologie ist ein global agierendes Netzwerk aus zahlreichen Computern erforderlich, das die komplexen Transaktionen in Echtzeit durchführt. Durch den hohen Bedarf an Rechenleistung wird das Mining häufig in Länder verlagert, in denen Energiekosten niedrig sind. Gerade in diesen Ländern wird der Strom bislang aber nur zu einem geringen Anteil aus erneuerbaren Energien gewonnen. Auch diesbezüglich gelten Kryptowährungen bislang als wenig umweltfreundlich.
Einen Unterschied möchte Ether machen, die Kryptowährung der Blockchain-Plattform Ethereum. Sie zählt zu den ersten, die sich bewusst von der energieaufwändigen Miningtechnologie Proof of Work abwendet und auf die energiesparendere Variante Proof of Stake setzt. Der Trend könnte sich etablieren und einen grundsätzlichen Kurswechsel mit sich bringen, denn in der Wirtschaft und dem Finanzsektor werden zunehmend Anreize geschaffen, damit Kryptominer bevorzugt auf Strom aus erneuerbaren Energien zurückgreifen.
Ein kritischer Blick auf die CO2-Emission der Szene zeigt, dass der ökologische Fußabdruck nicht gravierender ist als der der Fiat-Währungen und vieler anderer Wirtschaftsbereiche. Banken und Versicherungen haben eine deutlich höhere CO2-Emission als Kryptowährungen.
Sollte sich die Proof-of-Stake-Technologie durchsetzen und das Feld verstärkt auf erneuerbare Energien setzen, wäre sie in Zukunft mit diesem ESG-Kriterium besser in Einklang zu bringen.
Kryptowährungen können für soziale Projekte genutzt werden
Kryptowährungen sind nicht nur für Anleger und Trader interessant. Auch für soziale Projekte wird die Blockchain-Technologie eingesetzt. Die Unabhängigkeit von der Finanzmarktpolitik, von Banken und Regierungsentscheidungen macht Kryptowährungen zu einem Instrument, das eingesetzt werden kann, um eine stärkere wirtschaftliche und soziale Teilhabe zu erreichen.
In El Salvador, dem ersten Land, in dem der Bitcoin als Landeswährung eingesetzt wurde, hat die Regierung betont, diesen Schritt unter anderem zu wählen, um die sozial benachteiligte Bevölkerung stärker am wirtschaftlichen Leben teilhaben zu lassen. Über ein Bankkonto, das für die Teilhabe am elektronischen Zahlungssystem erforderlich ist, verfügt nur ein geringer Teil der Bevölkerung. Mit einer Bitcoin-Wallet lässt sich diese Lücke schließen.
In Großbritannien wurde in der Küstenstadt Hull der Hullcoin eingeführt, eine Kryptowährung, die speziell zur Vergütung von ehrenamtlichem und sozialem Engagement genutzt wird. Auf diese Weise soll neben der humanitären Komponente auch ein wirtschaftlicher Anreiz für ehrenamtliche Tätigkeiten geschaffen werden. Die soziale Kryptowährung kommt in Großbritannien gut an und gilt als Pilotprojekte für weitere soziale Einsatzmöglichkeiten von Bitcoin und Co.
Der soziale Aspekt spielt im Kryptobereich eine immer größere Rolle. Die dezentralisierte Verwaltung der Kryptowährungen und die Transparenz, die mit der Blockchain-Technologie einhergeht, bietet zahlreiche Ansatzpunkt für soziale Einsatzmöglichkeiten der Kryptowährungen.
Governance-Strukturen sind auf dem Kryptomarkt schwer zu greifen
Das Thema Governance der ESG-Kriterien lässt sich auf Krypto nur schwer anwenden. Krypto-Unternehmen sind dezentral organisiert, haben meist flache Hierarchien und ein Großteil der Prozesse spielt sich ausschließlich in der Blockchain ab. Darin liegt aber auch eine Stärke von Unternehmen, die auf dem Markt agieren.
Das Konzept der Kryptowährungen auf Basis der Blockchain Technologie ist durch hohe Transparenz geprägt. Der Quellcode jeder Aktion und Transaktion kann jederzeit öffentlich eingesehen werden. Damit kommen Krypto-Unternehmen einer wesentlichen Verantwortlichkeit nach, die auch Unternehmen aus anderen Wirtschaftszweigen beispielsweise für ihre Führungsebene vorgegeben wird.
Darüber hinaus können Transaktionen über die Blockchain nachträglich nicht verändert oder revidiert werden und sind gleichzeitig jederzeit unzweifelhaft einer einzigen Adresse zuzuordnen.
Ein weiterer wesentlicher Punkt, der für positiv zu bewertende Governance-Strukturen der Szene spricht, ist die Tatsache, dass eine Nutzung der Blockchain-Technologie jedem Menschen mit Zugang zum Internet gleichermaßen möglich ist. Der Kryptomarkt garantiert aufgrund seiner Beschaffenheit eine weniger eingeschränkte Teilhabe als viele andere Wirtschaftszweige, in denen ein Mangel an Neutralität und Unvoreingenommenheit nicht immer gänzlich ausgeschlossen werden kann.
Das Governance-Kriterium der ESG-Richtlinien ist auf den Kryptomarkt zwar auf den ersten Blick zwar nicht einfach anwendbar, bei genauerem Hinsehen weist die Arbeit mit der Blockchain-Technologie aber grundlegende Eigenschaften auf, die den Anforderungen an transparente Unternehmensstrukturen in hohem Maße entsprechen.