Gestern ging im Hamburger betahaus die Verleihung des Webfuture Awards 2016 von nextMedia.Hamburg über die Bühne. Zehn Startups hatten es in die Endrunde geschafft, drei von ihnen konnten sich in einem finalen Pitch präsentieren, und gewonnen hat…

Als die ersten Gäste zum Veranstaltungsort im Hamburger Schanzenviertel kamen, war ein wesentlicher Teil des Wettbewerbs schon absolviert worden. Das besondere am Webfuture Award ist nämlich, dass die Entscheidung wie sonst üblich nicht nur nach einer Reihe von abendlichen Pitches fällt, sondern zum Teil bereits am Nachmittag beim sogenannten Business-Idea-Speeddating. Dort treffen die Vertreter der teilnehmenden Startups jedes Mitglied der Jury zum Einzelgespräch.

May-Lena„Dadurch sind die zehn Finalisten besonders gefordert, immer wieder in nur fünf Minuten ihr Geschäftsmodell und das Team vorzustellen“, erklärt May-Lena Signus (Bild oben), Leiterin des nextMedia.Hamburg StartHubs, das Prinzip. „Aus der Jury gab es ein sehr positives Feedback zur Qualität der Pitches, dementsprechend war es schwierig, eine Entscheidung zu treffen“, berichtet sie weiter. Welche neun Kandidaten vorab bestimmt worden waren, lässt sich hier nachlesen. Dazu konnte sich dank einer spannenden Publikumsentscheidung SpiceVR qualifizieren; mehr dazu gleich.

Der Webfuture Award hat in den letzten Jahren schon einige Sieger hervorgebracht, die in der Folge richtig durchgestartet sind, Protonet und Familo zum Beispiel. Letztes Jahr konnte sich die Marktforschungs-App von Appinio durchsetzen, und Gründer Jonathan Kurfess berichtete, wie sich sein Unternehmen seither entwickelt hat: weitere Awards, viel Medienresonanz, neue Kunden, auch ein paar Rückschläge und seit einigen Wochen ein erweitertes Geschäftsmodell: Appinio ist jetzt auch ein soziales Netzwerk für Meinungen.

JanosNun aber zu den eigentlichen Helden des gestrigen Abends, durch den übrigens Freya Oehle von Spottster führte, die letztes Jahr ebenfalls mit Erfolg beim Webfuture Award teilgenommen hatte. Und wir wollen es jetzt auch nicht unnötig spannend machen: Die Reihenfolge der Auftritte entsprach zufällig der umgekehrten Reihenfolge beim Endergebnis des Wettbewerbs. Platz 3  (1.000 Euro Preisgeld und ein Beratungspaket von KPMG im Wert von ebenfalls 1.000 Euro, das alle Top 3-Kandidaten erhielten) ging an AdTriba. Die Online Marketing-Experten konnten mit ihrer Software überzeugen, die die Werbeplanung sowohl optimiert als auch vereinfacht.

Um zu verdeutlichen, wie das funktioniert, griff Gründer János Moldvay (Bild oben) auf ein allgemein verständliches Beispiel zurück: Mario Götze war zwar der Siegtorschütze beim WM-Triumph der Fußballnationalmannschaft, aber die anderen Spieler haben zu dem Erfolg mindestens ebenso viel beigetragen. Übertragen auf das Internet heißt das: Nicht nur der letzte Klick ist entscheidend, einer Kaufentscheidung sind oft viele andere Kontakte mit Werbung vorangegangen. AdTriba kann das rückverfolgen und noch mehr; dafür gab es erst 600.000 Euro vom High-Tech Gründerfonds.

Fashion_CloudDas Team von Fashion Cloud

Hoch dekoriert sind auch schon die Zweitplatzierten des Webfuture Awards 2016. Bereits im November 2015 holte sich Fashion Cloud beim internationalen Wettbewerb SpeedUP! Europe ein Preisgeld von 200.000 Euro und den ersten Platz. Dieses Mal gab es 2.000 Euro für das Startup, das den stationären Modeinzelhandel fit macht, um gegen die Internetkonkurrenz wie Amazon oder Zalando bestehen zu können. Dafür hat Fashion Cloud eine Plattform geschaffen, bei der sich Einzelhändler für den Aufbau ihrer Webpräsenz mit Text- und Bildmaterial zu den wichtigsten Modelabels versorgen können.

In anderen Branchen ist dieser Content Brokerage genannte Service schon weit verbreitet, in der Modewelt stellt er eine absolute Neuheit dar. Hinzu kommt noch eine Schnittstelle, die es den Modegeschäften problemlos ermöglicht ihre Webseite zu gestalten, auch ohne große Programmierkenntnisse. Fashion Cloud ist also ein schönes Beispiel dafür, wie Old und New Economy zusammenfinden.

NicolasDer Senkrechtstarter des Abends schließlich war SpiceVR, und das in mehrfacher Hinsicht. Das Startup gehörte zu den drei Kandidaten, aus denen das Publikum über Facebook den letzten Finalteilnehmer auswählen konnte. Kurz vor Aktionsschluss sah es noch gar nicht so gut aus für die Virtual Reality-Spezialisten, also rührte Gründer Nicolas Chibac (Bild oben) über die sozialen Medien noch einmal kräftig die Werbetrommel – mit dem Erfolg, dass es nicht nur für die Top 10 reichte, sondern schließlich sogar zum ersten Platz, belohnt mit 5.000 Euro und für ein Jahr kostenfreien Raum zum Arbeiten, im betahaus Hamburg, gesponsort von Airbnb.

Ausgezeichnet wurde SpiceVR für die Drohne Spherie, die 360-Grad-Bilder machen kann, ohne das irgendwo ein störender Kameramann im Bild wäre. Das geht mit Filmaufnahmen wie mit 3D-Scans und ist in dieser Form weltweit einzigartig. Entsprechend groß ist jetzt schon die Nachfrage, denn die Anwendungsmöglichkeiten sind fast unbegrenzt: Für innovative Videoclips eignet sich Spherie ebenso wie für den Einsatz bei der Katastrophenhilfe, etwa nach einem Erdbeben in unübersichtlichen Gelände. Oder bei Großveranstaltungen, wo Kunden bereits bei der Ticketbuchung anhand eines 3D-Modells feststellen können, wie die Sicht von ihrem Platz aus sein wird.

Heiko_FreyaDr. Heiko Milde und Freya Oehle

„Das ist das erste Mal, dass wir einen ersten Platz geholt haben“, freute sich Nicolas und kündigte spontan eine Party an für alle, die zu dem Erfolg beigetragen haben, also auch für die Fans, die für SpaceVR im Netz stimmten. „Das Speed-Dating war spannend, aber auch anstengend“, fasste er den Verlauf des Wettbewerbs zusammen, und lobte die Jury: „Die war hochkarätig besetzt, alles Leute, die wirklich Ahung haben.“ Ein von ihnen war Dr. Heiko Milde vom IFB Innovationsstarter, der als Jurysprecher die Entscheidung begründete. Wesentlich dafür waren die Kriterien 1) innovative und zukunftsweisende Geschäftsidee, 2) Marktfähigkeit und 3) Team. Die drei Finalen Pitches hätten übrigens wichtigen Einfluss auf die letztendliche Reihenfolge gehabt, und er fasste die Qualität der Teilnehmer insgesamt so zusammen: „2016 war vielleicht das beste Jahr bisher.“

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