Am letzten Donnerstag, den 30. April, besuchten wir, die Gruenderfreunde, mit Spannung den diesjährigen Digital Commerce Day 2015 in der Hamburger Speicherstadt. Heute möchten wir Euch mit unserem Rückblick einen Einblick in die hochkarätigen Vorträge von Speakern führender Digitalunternehmen geben und Euch zusätzlich an den exklusiven Insights der Vorträge von erfolgreichen E-Commerce Playern teilhaben lassen.
Lasst uns zuvor jedoch noch kurz zusammen auf die Anfänge der Konferenz zurückschauen: Der Digital Commerce Day, kurz DCD, wurde das erste Mal im April 2014 von der Agentur Netshops aus Hamburg im ehemaligen Hauptzollamt in der Hamburger Speicherstadt organisiert. Ziel der Veranstalter war es damals, kleinen und mittelständischen Unternehmen in verschiedenen Vorträgen und Experten-Panels die wichtigsten E-Commerce-Themen an einem Tag näher zu bringen. Dabei ging es damals lediglich um allgemeine Fragestellungen wie „Wie verkaufe ich überhaupt im Internet?“, „Wie werbe ich online?“ oder „Brauche ich eine mobile Website?“. Bei der Fortsetzung der Veranstaltung am vergangenden Donnerstag wurde das Programm hingegen spezialisiert, und es haben ausschließlich Praxisreferenten sowie einige einschlägige E-Commerce-Experten zu ausgewählten Schwerpunkten und Themen referiert.
Schauen wir nun also gemeinsam auf den DCD2015.
Alexander Graf, Herausgeber des Blogs Kassenzone und Gründer des Beratungsunternehmens eTribes sowie Gründer und Geschäftsführer von Spryker Systems, einem Venture, das er zusammen mit Project A Ventures im November 2014 gegründet hat, eröffnete die ausverkaufte Konferenz. Als Autor zahlreicher Fachbeiträge und -bücher zur Strategie digitaler Geschäftsmodelle beeindruckte er gleich zu Beginn das Auditorium mit seinem Fachwissen und führte ganztägig als Kurator und Moderator, zusammen mit Holger Schneider, Stiftungsexperte der Fachhochschule Wedel und damaliger Leiter der Business Development New Media der Otto Group, durch das Programm. In seiner Eröffnungsrede brachte Alexander Graf dabei zum Ausdruck, dass viele Unternehmen und Geschäftsmodelle auf kommende digitale Veränderungen noch nicht vorbereitet sind. Es gebe nur wenige Unternehmen, die bisher Ansätze entwickelt haben, um Kunden mit innovativen Ideen für sich zu gewinnen und diese dann zu binden.
Über Unternehmertum und digitale Geschäftsmodelle berichtete direkt im Anschluss auch Tarek Müller, Mitglied der Geschäftsleitung beim Projekt Collins, einem Startup, das Onlineshops für die digitale Generation entwickelt. Der bekannteste ist derzeit sicherlich der Fashion-Onlineshop ABOUT YOU, auf den wir gleich noch genauer eingehen werden. Tarek entwirft seit mehr als zehn Jahren digitale Geschäftsmodelle für den Onlinehandel. Mit 13 Jahren gründete er seinen ersten Onlineshop. Später baute er zahlreiche E-Commerce-Modelle in unterschiedlichen Branchen auf. Sein Vortrag wurde daher im Vorfeld bereits mit Spannung erwartet.
Sein Unternehmensprojekt ABOUT YOU bedeutet für Ihn Inspiration durch Personalisierung.
Nach Vorbild des „Personal Feed“ von Facebook wird den Nutzern, nachdem Sie ein Profil erstellt haben, kuratierter Inhalt angezeigt, der auf den User zugeschnitten ist. Der Kunde steht im Mittelpunkt, um ohne ermüdende Suche durch Inspiration und Tipps seine Lieblingsstücke zu finden. Nur wenn der Kunde zufrieden ist und seinen individuellen Style entdeckt, wird er wieder kommen und kaufen. Nutzer lieben einen Stream und sind es gewohnt, wie bei Facebook, Inhalte nach unten zu scrollen. Daher nutzt Tarek diese Erkentnisse und setzt bei ABOUT YOU auf Leidenschaft für Mode, einzigartige Technologie und die Infrastruktur einer der weltweit größten Handelsgruppen. Die Zahlen der ersten 12 Monate scheinen Ihm Recht zu geben.
Er sprach von 500.000 aktiven Kunden, die mindestens eine Bestellung in den letzten 12 Monaten getätigt haben, und einer Markenbekanntheit seiner Firma von 13%. Er hob vor allem die Wiederkaufrate und Kundenzufriedenheit hervor, die mit einer positven Weiterempfehlungsrate einhergeht und ihre Grundlage durch die persönliche Ausrichtung auf den Kunden hat. Durch das Vertrauen des Nutzers verbessert sich auch die Conversion. „Kunden identifizieren sich mit Dir als Shop und es entwickelt sich eine sog. Marken-Loyalität.“ So war es für Tarek und sein Team schon nach kurzer Zeit möglich, die Eigenmarke „Edited“ über ABOUT YOU erfolgreich zu etablieren, statt mit einer Stand Alone-Kampagne zunächst Markenbildung betreiben zu müssen.
In einem weiteren Punkt hob er die Erkenntnisse von Apple hervor und integrierte bei ABOUT YOU daher nach Vorbild des iTunes-Stores einen Bereich, der es Nutzern erlaubt, Applikationen auf ABOUT YOU aufzubauen. Er machte deutlich, dass ein beachtlicher Teil des Umsatzes schon jetzt über persönliche Anwendungen von Nutzern produziert wird, und untermauerte nochmals die Vorteile der Personalisierung. Wie schon zuvor Alexander Graf sieht auch er den Markt in den nächsten Jahren in einem wiederholt starken Wandel, auf den sich viele Unternehmen noch nicht richtig vorbereitet haben. Damals, vor ein paar Jahren, redeten alle von SEO/SEM. Danach entwickelte sich der Trend dahingehend mit verschiedenen Frontends den Kunden abzuholen, um seinen Geschmack zu treffen, bevor das Thema Markenaufbau in der Industrie mit viel Geld vorangetrieben wurde. In der jetzigen Zeit ist all das Tareks Meinung nach überholt und SEO nicht mehr das Wichtigste. Der Kunde möchte personalisierte Lösungen und wenige Unternehmen können dies bisher bieten. Einen Querverweis möchten wir in diesem Zusammenhang zu einem Interview mit Tarek in der aktuellen Brand Eins vornehmen.
Auf Nachfrage zu seinen größten Fehlern entgegnete er mit „genug“. Man muss einfach heutzutage vieles ausprobieren. „Try and Error gehört dazu. Wichtig ist nur, dass man schnell bemerkt, dass man sich auf dem falschen Weg befindet und die Richtung ändert – sonst wird es teuer. Tests und Gespräche mit Kunden können oft dabei helfen, eine andere Sicht der Dinge zu bekommen.“ Auf Rückfragen zu „teuer“ und dem Budget, was er heutzutage als notwendigen „Initial Invest“ für neue Online Shops nennen würde, benannte er, mit Verzagen, die Notwendigkeit auf 300 – 400 Tausend Euro, um noch erfolgreich zu werden. Der Online Handel skaliert nach Mengen, das geht nicht ohne Kapital. Wichtige Komponenten für einen Erfolg sind für Tarek das Team mit einzigartigen Fähigkeiten, eine geeignete Online Strategie, gute Usability im Shop und der Mut etwas Neues zu probieren. Abschließend gab er dazu noch bekannt, dass auch bei Collins trotz vieler „Data Driven Prozesse“ immer noch 1/3 der Entscheidungen auf Bauchgefühl beruhen.
Ein weiteres Highlight der Konferenz war für uns persönlich der Vortrag von Jörg Kundrath von KAVAJ, der anhand seines eigenen Geschäftsmodelles, dem Verkauf von Echtledertaschen für iPads und iPhones über Amazon, das essentielle Thema „Markenbildung und erfolgreich Verkaufen auf dem Amazon Marketplace“ skizzierte und dabei für Erstaunen bei so manchem Referenten und Besucher sorgte. Sein Vortrag war mitunter auch einer der Auslöser, warum das Thema „Amazon“ in vielen Vorträgen und Panels aufgegriffen wurde. Wir haben daher auch ein Exklusiv-Interview mit Jörg nach seinem Vortrag geführt und werden Euch in den nächsten Tagen hier die Bullet Points präsentieren. Wir können jetzt schon versprechen – es wird informativ und für viele Leser einen Anreiz geben, den Blick über den Tellerrand zu wagen.
Wie Bereits in 2014 sorgte Florian Berger von Donkey Products mit seinem Vortrag für spannende Eindrücke. Florian kam gerade von einer Geschäftsreise aus China wieder und referierte dieses Jahr, bekannterweise locker leicht und flockig, über innovative Produktentwicklung im digitalen Zeitalter. Uns gefiel sein Vortrag und wir werden versuchen, Euch zeitnah die Bullet Points in einem seperaten Beitrag in den kommenden Tagen zu liefern.
Es gab noch viele spannende Vorträge, die leider den Rahmen unserer heutigen Berichterstattung sprengen. Wir werden daher versuchen, zu einigen Themen Follow Ups zu finden. Dabei denken wir an Themen zur Food Logistik, der selbst ernannten Königsklasse im E-Commerce, zu der Dominik Hensel von der Deutschen See einen erfrischenden Vortrag hielt. Auch der Vortrag von Knud Hansen, dem Geschäftsführer von Intersport, bot reichlich Futter zu einer möglichen Diskussion. Er beschäftigte sich mit dem Schwerpunkt „1000 Flächen – ein Shop. Multichannel und Verbundgruppen – eine große Herausforderung mit viel Potenzial.“
Allen namenhaften Speakern und Firmen, den wir leider heute durch unsere Berichterstattung noch keine Aufmerksamkeit schenken konnten möchten wir an dieser Stelle ausrichten, dass Sie zu einer gelungenen Konferenz beigetragen haben. Es war eine gute Veranstaltung, die uns gefiel und zu der wir auch gerne im nächsten Jahr anreisen werden, um für Euch Trends und belebende Erkenntnisse des E-Commerce aus teilweise „Erster Hand“ aufzubereiten.
Für die Gruenderfreunde aus Hamburg schrieb,
Dennis Weidner