Die Gründerinnen Deborah Choi und Cynthia Wandia sind beide Teil des Google for Startups Black Founders Fund gewesen. Die Inititative von Google for Startups wurde 2020 ins Leben gerufen, um Schwarzen Gründer*innen bei dem Aufbau und Wachstum ihres Unternehmens zu unterstützen. Hierfür vergibt Google for Startups Geldprämien, unterstützt mit Mentorings und vernetzt die Gründer*innen untereinander sowie mit der globalen Google for Startups-Community von Expert*innen für Unternehmensführung und Wachstum.
Der jüngste Black Founders Fund in Europa bietet 40 Gründer*innen 100.000 USD an Kapital, bis zu 200.000 USD an Google Cloud Credits und Zugang zu den besten Google-Menschen, -Produkte und -Methoden.
Beide waren im Gründerfreunde Podcast zu Gast und haben sowohl über ihre eigenen Startups, Gründungserfahrungen sowie über ihren Erfolg mit dem Google for Startups Black Founders Fund mit uns gesprochen.
Hier lest Ihr das Interview mit Deborah Choi. Sie ist Co-Founder und CEO von Bosque, einer technologiegestützten Pflanzenmarke für den Direktvertrieb mit nachhaltigem Ansatz.
Inhalt
- Was macht Bosque und was ist die Idee dahinter?
- Gibt es eine Verbindung zwischen mentaler Gesundheit und dem Lifestyle mit Pflanzen?
- Welche Lösung hat Bosque für Menschen ohne grünen Daumen?
- Was ist die Mission bei Bosque in Hinsicht auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz?
- Welche Vorteile bietet Berlin bzw. Deutschland als Gründungsstandort?
- Inwiefern hat dich der Google for Startups Black Founder Fund mit deinem Startup unterstützt?
- Was hast du bisher über Unternehmertum gelernt und wo steht ihr aktuell mit Bosque?
- Welche Eigenschaft braucht man als erfolgreiche*r Gründer*in?
- Was ist wichtigste nächste Schritt, um Chancengleichheit für weibliche und/oder BIPOC Gründer*innen zu erreichen?
- Welche ist deine Lieblingspflanze?
Das ganze Interview mit Deborah & Cynthia als Podcast hören:
Deborah, du hast bereits mehrere Unternehmen gegründet. Zuletzt bist du CEO und Co-Founder von Bosque gewesen. Was macht Bosque und was ist die Idee dahinter?
Wir sind eine technologieorientierte Pflanzenmarke für Direktverbraucher und auch die erste klimaneutrale Pflanzenmarke in Deutschland. Wir haben uns gefragt, was wir gegen die Tatsache tun können, dass wir enorm viel Zeit in geschlossenen Räumen verbringen und dabei abgeschnitten von der Natur sind. Wie können wir uns der Natur wieder nähern oder die Natur nach drinnen bringen – und zwar auf intuitive und bequeme Weise?
Vor diesem Hintergrund haben wir vor fast vier Jahren begonnen, viele verschiedene Ansätze auszuprobieren. Wir haben qualitativ hochwertige Zimmerpflanzen von großen Züchtern in ganz Europa bezogen und sie in unser Lager in Berlin gebracht. Zudem hört unsere Beziehung zum Kunden auch nicht mit der Bestellung oder der Lieferung auf, sondern wird über unsere App fortgesetzt. Das ist der technologiegestützte Part bei Bosque.
Wir kennen die Lebenszyklen der Pflanzen, die wir verkaufen, sehr gut bei Bosque. Wir wissen, was sie in ihrer Ruhe- und in ihrer Wachstumsphase brauchen. Einige von uns, die gerade erst mit der Entwicklung ihres grünen Daumens beginnen, wissen vielleicht nicht, was ihre Pflanze im Frühjahr oder Herbst braucht. Mit unserer App wollten wir unsere Kunden durch diese Phasen mit ihren Pflanzen führen, damit sie erfolgreichere “Pflanzeneltern” werden und dann letztendlich in der Lage sind, langfristig mit ihren Pflanzen zu leben und im Umgang damit selbstbewusster zu werden.
Denkst du, es gibt eine Verbindung zwischen mentaler Gesundheit und dem Lifestyle mit Pflanzen?
Bosque wurde vor der Pandemie gegründet. Wir haben 2019 begonnen und was wir in unserer Branche während der Pandemie sahen, war tatsächlich ein Boom auf unserem Markt. Wir stellten einen rasanten Anstieg der Käufe von Pflanzen fest.
Ich glaube, der Kauf von Pflanzen war dann nicht mehr nur eine Frage von Dekoration. Es ging plötzlich auch darum, einen Moment der Selbstfürsorge im Tag zu finden und gesunde Gewohnheiten zu etablieren. Denn Dinge wie das Gießen einer Pflanze oder zu beobachten, wie sich ein Blatt entfaltet, können wirklich schöne und entspannende Momente in unserem hektischen, online-vernetzten modernen Leben sein. Ich glaube also definitiv, dass es da einen Zusammenhang gibt.
Habt ihr bei Bosque auch eine Lösung für Menschen ohne grünen Daumen, die aber auf ihren Lifestyle mit Pflanzen nicht verzichten wollen?
Das größte Problem besteht tatsächlich darin, dass die meisten “Pflanzeneltern” (also Menschen, die Pflanzen in ihrem Haus haben) ihren Pflanzen zu viel Liebe geben. Und mit „Liebe“ ist in diesem Kontext Wasser gemeint! Es ist absolut menschlich, Pflanzen füttern zu wollen, um sie zu pflegen. Aber jede Pflanze hat ihren eigenen Rhythmus und ihre eigenen Bedürfnisse in Bezug auf Wasser, die sehr eng mit der Region zusammenhängen, aus der sie ursprünglich stammt.
Die Bedürfnisse jeder einzelnen Pflanze zu kennen ist ehrlich gesagt ein bisschen zu viel verlangt. Deshalb haben wir bei Bosque eine App entwickelt, mit der man all diese Informationen direkt zur Hand hat. Man scannt einfach einen QR-Code und schon erhältst du benutzerfreundliche Informationen darüber, was diese Pflanze braucht – zum Beispiel auch wie viel Wasser und wann. Die App hat vielen Menschen geholfen, eine Routine aufzubauen. Denn schließlich will man auch nicht jahrelang immer wieder auf eine App schauen, um herauszufinden, was die Pflanze braucht. Die App ist ein einfacher Weg, um anzufangen und das Vertrauen und die eigene Intuition zu entwickeln, um sich wirklich gut um seine Pflanzen kümmern zu können.
Was ist eure Mission bei Bosque in Hinsicht auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz? Und wie setzt ihr das um?
Wenn man anfängt, sich mit den Industrien auseinander zu setzen, stellt man meistens leider fest, wie “dreckig” die meisten davon leider sind. In der Pflanzen Branche ist das definitiv der Fall. Es gibt eine enorme Verschwendung, wenn es um Plastik geht. Wenn Du jemals in einem Gartencenter warst, hast Du höchstwahrscheinlich eine Pflanze in einem Plastiktopf mit nach Hause genommen. Die sind wirklich schwer abbaubar und nicht wirklich gut für den Planeten. Es ist einfach eine günstige Möglichkeit, die Pflanze vom Gewächshaus zu Dir nach Hause zu transportieren. Natürlich gibt es andere Lösungen, die biologisch abbaubar sind, aber mehr Kosten produzieren würden. Und was wir wissen ist, dass die meisten Industrien mit sehr extremen Gewinnmargen arbeiten.
In dieser Branche diktieren die Einzelhändler die Qualität und den Preis während die Erzeuger so anbauen, dass sie mit den Einzelhändlern zusammenarbeiten können und in der Zwischenzeit wird viel Plastik verwendet. Unser Ansatz bei Bosque ist radikal anders. Wir haben beschlossen, völlig plastikfrei zu sein. Wir arbeiten mit einem Partner zusammen, um unseren CO2-Ausstoß zu kompensieren. Außerdem haben wir uns auch Gedanken über den Abfall im Allgemeinen bei Pflanzen gemacht. Wir glauben, dass wir mit ein wenig Technologie die Lebensdauer einer Pflanze über den Durchschnitt von etwa sieben Monaten hinaus verlängern könnten.
Warum hast du Bosque in Berlin gegründet? Welche Vorteile bietet Deutschland als Gründungsstandort?
Das ist eine gute Frage und für mich persönlich ist es ziemlich schwer, einen Vergleich anzustellen. Ich habe bereits Unternehmen in Chicago und New York City gegründet und selbst diese beiden Märkte sind grundverschieden. Aber ich weiß, dass Berlin absolut der richtige Ort war, um das Unternehmen zu gründen, das ich gegründet habe.
Ich sehe Berlin wirklich als ein Zentrum für Unternehmertum hier in Europa. Von den Ressourcen, die man hier hat über die Investoren, das Ökosystem bis hin zu den Kollegen, die hier ebenfalls etwas aufbauen. In dieser Hinsicht war es also der richtige Ort für die Gründung.
Ich denke, dass der Berliner Markt auch für Direktverbraucher-Unternehmen ein schwieriger Markt ist. Viele DTC-Gründer werden sagen: „Wenn du es in Berlin schaffst, kannst du es überall schaffen“, weil die Konsumenten hier eher kritisch sind und gerne das Kleingedruckte lesen. In dieser Hinsicht war es nicht einfach, eine Marke in Berlin aufzubauen aber es hat sich absolut gelohnt. Vor allem, weil wir dann begannen, von Berlin aus bundesweit zu expandieren.
Du und Cynthia seid beide Teil des Google for Startups Black Founder Fund gewesen. Inwiefern hat dich der Fund mit deinem Startup unterstützt?
Vor dem Black Founders Fund habe ich ein kurzes Accelerator-Programm mit Google for Startups absolviert, das sich an weibliche Gründerinnen richtete. Das war 2019 und hat mir wirklich gezeigt, wie sehr sich Google for Startups um den Aufbau einer Community kümmert, die sich untereinander vernetzen und unterstützen kann. Meine Gruppe mit anderen weiblichen Gründerinnen und ich haben Jahre später noch eine aktive WhatsApp-Gruppe, wo wir uns gegenseitig unterstützen und Tipps geben.
Als ich den Aufruf zum Black Founders Fund sah, dachte ich: „Wow”, weil ich wusste, das wird ein fantastisches Netzwerk von anderen schwarzen Gründer*innen, die es verstehen, coole Unternehmen in Europa aufbauen, wo man sich gegenseitig unterstützt mit der Dimension unseres ethnischen Hintergrundes. Ich habe mich wegen des Austauschs und des Netzwerks beworben. Außerdem wusste ich, dass Google for Startups wirklich in die von ihnen unterstützten Startups investiert. Von der Entwicklung von Führungskräften bis hin zu technischer, praktischer Unterstützung in den Bereichen Marketing und Recht – einfach bei all den unzähligen Fragen, die wir als Gründer*innen so haben. Google ist riesig und es gibt viele Experten, die sich die Zeit nehmen, uns zu unterstützen. Für mich war die Finanzierung nur eine sehr kleine Komponente des Wertes von dem Programm. Als ich den Anruf bekam, dass ich angenommen wurde, hat sich das wie Weihnachten angefühlt! (lacht).
Gründen und Unternehmertum ist eine Reise, auf der man viel lernt. Was hast Du auf Deinem bisherigen Weg gelernt und wo steht ihr aktuell mit Bosque?
Im ersten Quartal dieses Jahres mussten wir die in vielerlei Hinsicht sehr traurige Entscheidung treffen, Bosque zu schließen. Nach einer wirklich interessanten und herausfordernden Reise von mehreren Jahren. In unserem Fall waren wir, wie viele Start-ups, nicht in der Lage, rechtzeitig eine zusätzliche Finanzierung zu erhalten, um weiterzumachen. Wenn so etwas passiert – und das passiert vielen Startups und ist eigentlich die Norm, dass leider die meisten Startups nicht mehr als fünf Jahre überleben -, kommt es meiner Meinung nach darauf an, wie man es beendet.
In der Welt des Unternehmertums weiß man nie, wer in der Zukunft ein Partner oder eine Partnerin wird oder ein*e Mitarbeiter*in. Ich sehe es nie so, dass sich eine Tür schließt, sondern dass sie sich vielleicht ein bisschen dreht, und ich denke, es ist wirklich wichtig, diese Beziehungen aufrecht zu erhalten.
Welche Eigenschaft braucht man deiner Ansicht nach als Gründer*in, um erfolgreich mit der eigenen Startup Idee zu werden?
Es ist schwer, nur eine auszuwählen (lacht). Aber wenn ich mich intuitiv für eine entscheiden müsste, würde ich sagen, dass es unglaublich wichtig ist, an sich selbst zu glauben und eine starke innere Klarheit über den Weg zu haben, auf dem man sich befindet. Es gibt viele Richtungen, die man einschlagen kann. Wenn die Idee zu einem MVP, einem Produkt oder einem Unternehmen heranwächst, gibt es zunehmend auch mehr Beteiligte mit mehr Meinungen.
Ich glaube, dass es für den Erfolg des Unternehmens unglaublich wichtig ist, dass der/die Gründende diese persönliche Überzeugung hat. Ich sage „aufrechterhalten“, weil man mit dieser Überzeugung startet und es typischer Weise dann Schwankungen gibt…oder Pandemien und andere verrückte Dinge, die diese innere Überzeugung erschüttern können. Ich persönlich habe sehr von Coaching profitiert. Außerdem war es für mich wichtig, Gleichgesinnte zu haben, die diese Reise verstehen und ebenfalls Gründer*innen sind.
Was wäre in deinen Augen der wichtigste nächste Schritt, um gleiche Chancen auch für weibliche und/oder BIPOC Gründer*innen zu kreieren?
Um das Spiel in Europa wirklich zu verändern, ist letztlich ein ganz neuer Ansatz erforderlich. Ich glaube, dass es letztlich vor allem auf Programme und Möglichkeiten wie den Black Founders Fund ankommt. Google hat auf dem europäischen Markt ein sehr starkes Signal gesetzt hat und gesagt „Wir suchen und unterstützen unterrepräsentierte Gründende“ und – ganz wichtig – „Wir finanzieren sie auch“, sodass andere Organisationen davon Notiz nehmen.
Die andere Sache ist die, dass wir mehr Vorbilder brauchen. Wenn ich auf meine ersten Schritte zurückblicke, denke ich, dass ich noch viel weiter gekommen wäre, wenn ich Menschen gekannt hätte, die aussehen wie ich und den Weg des Unternehmertums eingeschlagen haben. Ich glaube also, dass es eine Frage der Sichtbarkeit ist. Wie können wir die unterrepräsentierten schwarzen Gründer*innen und die weiblichen Gründerinnen sichtbarer machen, damit die nächste Generation diesen Weg als einen möglichen und machbaren Weg für sich sieht? Das wird die Pipeline für zukünftige Gründer*innen öffnen, die so vielfältig sind wie Europa selbst.
Zu guter letzt…welche ist deine Lieblingspflanze, Deborah?
Meine Lieblingspflanze wechselt ständig aber im Moment ist es die Strelitzia Nicolai, die allgemein als „Paradiesvogel“ bezeichnet wird. Sie ist eine wunderschöne Pflanze, die, obwohl sie aus den Tropen stammt, in Berlin ziemlich gut wächst. Sie hat riesige, wunderschöne grüne Blätter und ich habe jetzt ein paar davon zu Hause. Insgesamt habe ich jetzt etwa 60 oder 65 Pflanzen zu Hause. Die Zahl steigt und steigt, aber ich denke, das gehört schon dazu, wenn man ein Pflanzengeschäft betreibt.
Über Deborah Choi
Deborah Choi ist Co-Founder und CEO von Bosque, einer technologiegestützten Pflanzenmarke für den Direktvertrieb mit nachhaltigem Ansatz. Außerdem ist sie Co-Founder und Managing Director von Founderland und setzt sich für die Unterstützung farbiger Gründerinnen in Europa und Großbritannien ein. Choi war 2021 mit Bosque Teil der Förderung durch den Google for Startups Black Founders Fund.
Über den Google for Startups Black Founders Fund
Schwarze Gründer:innen in Europa haben unverhältnismäßig wenig Zugang zu den Netzwerken und dem Kapital, das sie für das Wachstum ihrer Unternehmen benötigen. Im Jahr 2020, als weniger als 0,5 % der Risikokapitalfinanzierungen an von Schwarzen geführte Startups gingen, kündigte Google den Black Founders Fund an und hat seitdem 20 Millionen Dollar an Finanzmitteln für Gründer in den USA, Europa, Afrika und Brasilien bereitgestellt. Der jüngste Black Founders Fund in Europa in Höhe von 4 Mio. USD bietet 40 Gründern 100.000 USD an Kapital, bis zu 200.000 USD an Google Cloud Credits und Zugang zu den besten Google – Menschen, Produkte und Methoden.
Hinweis: Das Interview wurde mündlich durchgeführt und zum Zweck der Lesbarkeit in der Schriftform leicht angepasst.