Gedränge in der Höhle der Löwen: Insgesamt neun Startups durften sich gestern vorstellen, drei davon wurde allerdings kurzer Prozess gemacht. Erfolgserlebnisse gabe es dagegen für die Bezahl-App von Lendstar und Fertigprodukte von Gourmetfix.
Boris König und Philipp Niegisch von Woop Woop lassen es zischen. (Foto © VOX/Frank Hempel)
Gleich zu Beginn ihres Auftritts in der Höhle der Löwen lassen Boris König und Phillipp Niegisch von Woop Woop es ordentlich zischen und krachen. Sie produzieren nämlich frisches Speiseeis mithilfe von flüssigem Stickstoff, und das geht nicht ohne ordentliches Spektakel ab. 50.000 Euro möchten sie haben, bieten 10 % vom Unternehmen und planen mittelfristig, ihre Eismaschine per Franchise zu monetarisieren. Das Eis schmeckt den Löwen ausgezeichnet, das Geschäftsmodell weniger, so dass einer nach dem anderen aussteigt. Bleibt nur Lencke Steiner übrig, die schon mit 12 eine eigene Eisdiele haben wollte. Allerdings verlangt sie 51 %, was den Gründern zu viel ist, und deren Gegenangebot von 20 % Steiner zu niedrig. So scheitert der Deal knapp.
Ähnlich ging es voriges Jahr David Weye mit seiner Chilisoße Mexican Tears, deren Schärfe damals Vural Öger tatsächlich fast Tränen in die Augen getrieben hatte. Trotzdem konnte das Startup seinen Umsatz seither glatt verzehnfachen und seine Soßen in vielen Supermärkten unterbringen. Da hat Weye guten Grund zu scherzen: „Ist sie zu scharf, bist Du zu Öger!“
Christopher Kampshoff und Jennifer Fizia von Lendstar (Foto VOX/Sony)
Fintech steht zwar überall auf der Tagesordnung, bei der Höhle der Löwen bisher allerdings nicht, dort konzentriert man sich lieber auf Produkte, die man irgendwie anfassen kann. Judith Williams, Lencke Steiner und Vural Öger sind daher auch schnell raus bei der App von Lendstar, die gemeinsames Bezahlen unter Freunden ermöglicht. Frank Thelen steckt erwartungsgemäß viel tiefer in der Materie und sagt: „Ihr sitzt da auf einem ganz heißen Thema. Fintech ist das nächste Ding. Da wird mächtig an den großen Banktürmen gerüttelt, und einige werden fallen.“ Da er aber schon in OutBank investiert hat, springt auch er ab. Bleibt für Christopher Kampshoff und Jennifer Fizia nur noch Jochen Schweizer als Hoffnungsträger, und der wittert für sich ein gutes Geschäft. Wenn er alle Bezahlvorgänge seiner Erlebnisplattform über Lendstar abwickeln könnte anstatt über Kreditkarten, würde er einen hohen sechstelligen Betrag sparen. Also investiert er 250.000 Euro für 6,14 %, und alle sind happy.
Martin Fleck und Carlos Nilgen von SportyDate (Foto © VOX/Bernd-Michael Maurer)
„Ihr seid eine nette Studententruppe.“ – Das war sicher nicht das, was Carlos Nilgen (36) und Martin Fleck (31), beide dem Studentenalter längst entwachsen, von Frank Thelen hören wollten. Schließlich halten Sie ihr Datingportal SportyDate für eine richtig gute Idee, die 150.000 Euro bei 15 % wert sein sollte. SportyDate bringt Menschen bei sportlichen Übungen zum Flirten zusammen. Die mit Judith Williams und Lencke Steiner vorgeführte Übung „französische Begrüßung“ setzt allerdings keine großen athletischen Fähigkeiten voraus. Die beiden Gründer kommen gut an – Williams, heute für einige seltsame Aussagen gut, nennt sie „Schlange Ka und Mr. Love“ – aber die Skalierbarkeit ihres Geschäfts wird stark angezweifelt. Dieses Date führt zu keiner Beziehung.
Herbert Bachler und Hannes Illmeyer mit der Wundersam-Kollektion. (Foto © VOX/Bernd-Michael Maurer)
Der Trend zu vegan macht auch vor Bekleidung nicht halt, und wer jetzt einwendet, dass man Klamotten sowieso nicht essen kann, der hat das noch nicht ganz verstanden. Im Gegensatz zu dem Österreicher Herbert Bachler, der die lederlose Lederhose erfunden hat, vom Wundersamer Hof kommt und seine Bekleidungsmarke konsequenterweise Wundersam nennt. Er verwendet die Baumwollvariante „Moleskin“ für seine stylischen Trachten, und Lencke Steiner probiert gleich eine der Hosen an. Kontaktfreudige können das Teil mit offenem Latz tragen und damit ihr Singledasein signalisieren. Das sieht, freundlich ausgedrückt, etwas gewöhnungsbedürftig aus. Judith Williams, die routinemäßg gewöhnungsbedürftige Klamotten verkauft, moniert die mangelhafte Verarbeitung der Hose, die einen Verkaufspreis von 298,- Euro nicht rechtfertige. Und schon gar nicht ein Investment von 150.000 Euro für 15 %. So sehen das letztlich alle Löwen.
Eben mal kurz und schmerzhaft abgefiedelt werden dann Albert Kreuz („unsichtbare“ Herrenunterwäsche), Plain Milch (finnische H-Milch in Dosen) und beFunc (multifunktionales Trainingsgerät). Eigentlich schade, denn gerade faule Gründer mit hässlichen und überflüssigen Produkten haben doch einen hohen Unterhaltungswert.
Gourmetfix: Michael Liebl © VOX/Bernd-Michael Maurer
Faul ist Michael Liebl sicher nicht, im Gegenteil: Der Bayer beeindruckt die Löwen mit einem prall gefüllten Auftragsbuch für seine Gewürzmischungen und Fertiggerichte der Marke Gourmetfix. Bis nach Amerika liefert er schon, 400.000 Stück an Walmart. Dabei hat er sogar die technischen Möglichkeiten, monatlich Stückzahlen im Millionenbereich zu produzieren. Das überzeugt mehr als der Geschmack seiner Kostproben, die den Begriff „Gourmet“ nicht wirklich zu verdienen scheinen. Immerhin kommen die Produkte ohne jegliche Zusatzstoffe aus, sind Gewürze pur. Kommt es zum Deal? Das erfahren wir nach der Werbepause, in der Knorr neue Fixe präsentiert, ganz ohne Zusatzstoffe, Gewürze pur. Bestimmt ein reiner Zufall. Wieder zurück in der Höhle der Löwen machen Judith Williams und Vural Öger ein Angebot: 250.000 Euro für 30 %, und im Erfolgsfall bekommt jeder von ihnen 50.000 Euro zurück. Liebl berät sich telefonisch mit seinem Geschäftspartner, der 49 % am Unternehmen hält, und schlägt dann ein. Bleibt nur die Frage offen, wieviel von seinem Unternehmen ihm jetzt überhaupt noch gehört.
Die Lustblume von Markus Gambalat, Stefan Blust und Wieland Keser hat mit Botanik nichts zu tun. (Foto VOX/Sony)
Zum Abschluss dann ein Thema mit hohem Kicher- und Wortspiel-Faktor, der allerdings nicht voll ausgereizt wird: Sexspielzeug. Das Gründertrio möchte 90.000 Euro für seine Beratungsplattform Lustblume und bringt als Anschauungsmaterial zwei Geräte mit, die wie eine Badeente und ein Riesendiamant aussehen, am Ende aber immer nur das eine können. Vural Öger findet’s abscheulich und steigt sofort aus. Auch die übrigen Löwen überzeugt das Geschäftsmodell nicht, nur von den Provisionen zu leben, die durch die nach der Online-Beratung verkauften Teile abfallen (bisheriger Umsatz: 200 Euro). Zudem würde es ein millionenschweres Marketingbudget erfordern, um bei Suchmaschinen mit den einschlägigen Suchbegriffen auf die erste Seite zu kommen. Sie gehen die Gründer mit leeren Händen davon, und Judith Williams beendet die Sendung mit dem etwas merkwürdigen Satz: „Nur mein Lippenstift ist lüstern.“
Bild ganz oben: © VOX / Stefan Gregorowius