Gerade ist die zweite Staffel der VOX-Gründershow „Die Höhle der Löwen“ gestartet. Lencke Steiner ist Mitglied der Jury. Die 29-Jährige bringt Erfahrung als Unternehmerin, Bundesvorsitzende des Wirtschaftsverbands „Die Jungen Unternehmer“ und Vorsitzende der FDP-Bürgerschaftsfraktion in Bremen mit. Im Interview spricht sie über die neue Staffel „Die Höhle der Löwen“ und die Probleme junger Gründer in Deutschland.
Frau Steiner, Sie sind zum zweiten Mal in der Jury der „Höhle der Löwen“. Welche Unterschiede konnten Sie zur ersten Staffel beobachten?
Ich habe das Gefühl, dass die Gründer fleißig die erste Staffel geguckt und sich für dieses Jahr noch einmal besser vorbereitet haben. Im Vergleich zum vergangenen Jahr konnte ich eine deutliche Lernkurve sehen – bei den Gründern und auch bei uns als Jury.
Welche Erfahrungen haben Sie in der ersten Staffel gesammelt?
Da ich vorher noch nicht groß im Fernsehen aktiv war, habe ich natürlich sehr viel gelernt. Ich habe in der zweiten Staffel auf viel mehr Details geachtet und mich noch einmal anders vorbereitet. Zum Beispiel habe ich vor der Sendung potentielle Märkte recherchiert und mir sehr genau überlegt, auf welche Dinge ich persönlich Lust hätte, was zu mir passt und wo ich auch einen Mehrwert liefern kann.
Nach was haben Sie denn gesucht?
Ich habe nach Geschäftsideen gesucht, die Zukunft haben und die auch in der Digitalisierung noch Entwicklungspotentiale entfalten können. Bei Produkten, für die es bereits einen Markt gibt, habe ich darauf geachtet, dass trotzdem noch Chancen bestehen, das Unternehmen zu platzieren. Besonders wichtig war mir aber, dass ich selbst Spaß an einer Idee habe.
Sind Sie fündig geworden?
Auf jeden Fall. Details darf ich zwar nicht verraten, aber es waren diesmal wieder viele spannende Investments dabei.
Gab es in der zweiten Staffel Überraschungen?
Ich hatte das Gefühl, dass in dieser Staffel mehr Ideen dabei waren, die tatsächlich richtig neu sind. Ich glaube, es haben sich auch Gründer getraut mitzumachen, die sich bei der ersten Staffel noch nicht sicher waren, wie sie in der Show dargestellt werden. Aber das Format hat so von sich überzeugt, dass es noch mehr Gründer angelockt hat. Ein Gründungsteam hat mich völlig umgehauen: Sie hatten so ein komplexes Thema gewählt, dass sie zwei Stunden geredet haben und ich ihre Idee am Ende nicht verstanden habe.
Wie sind Sie damit umgegangen?
Ganz offen und ehrlich. Das Feld, das die beiden gewählt haben, war mathematisch so hoch komplex, dass ich einfach gesagt habe: „Ich habe nichts verstanden“. Da kann man bei aller Liebe ja auch nichts dazu sagen.
Aus welcher Branche kam denn Ihre Lieblingsidee?
Ich gehöre ja selbst zur Generation Y. Und gerade für uns werden Sharing-Konzepte immer interessanter, der Stellenwert von Eigentum verändert sich sehr. Da gab es tatsächlich einige Ideen, die zu den Gedanken passten, die ich mir auch vorher schon dazu gemacht habe.
In welchen Bereichen können Sie den Teilnehmern am besten mit Rat zur Seite stehen?
Es ist gar nicht wichtig, dass man eine Branchenexpertise mitbringt. Wir sollen ja nicht operativ ins Management gehen, sondern sind in erster Linie Finanzinvestoren. Was ich da mitbringe, ist zum einen ein ziemlich großes Netzwerk. Ich glaube, da kann ich sehr gut vermitteln und dabei helfen, den Vertrieb voran zu bringen. Sofern das gewünscht ist, kann ich den Gründern eine Vertriebsstruktur an die Hand geben. Kontakte sind gerade für Gründer am Anfang sehr entscheidend.
Wie muss eine Geschäftsidee aussehen, die Ihr Investorinnenherz erobert?
Natürlich müssen Geschäftsidee und Produkt überzeugen. Es ist mir wichtig, dass ich daran glaube, dass ich eine Zukunft darin sehe. Damit meine ich, dass man das Unternehmen langfristig führen kann: Entweder als Familienunternehmen oder im Rahmen einer Exit-Strategie. Entsprechend wichtig sind also auch die Gründer. Man muss merken, dass sie für ihre Idee brennen, dass sie sich Gedanken gemacht haben, dass sie den Markt und ihr Produkt sehr gut kennen. Außerdem sollten sie bereit sein, auch neue Ideen anzunehmen, damit eine partnerschaftliche Zusammenarbeit möglich ist. Die Chemie muss natürlich auch stimmen.
Als Vorsitzende des Verbands „Die Jungen Unternehmer“ kennen Sie viele Gründer. Mit welchen Herausforderungen der Gründung tun sie sich am schwersten?
Die größte Hürde ist die Gründung selbst. Sich den Schritt zu trauen, in die Selbstständigkeit zu gehen. Also Mut zum Risiko, aber auch den wahnsinnig hohen bürokratischen Aufwand. Mich ärgert es, dass man kaum Zeit zum Gründen hat, weil man erstmal damit beschäftigt ist, eine riesige Menge an Formularen für den Staat auszufüllen. Es klingt banal, aber es ist wichtig, daran nicht zu verzagen und weiter an seiner Idee festzuhalten. Eine weitere Herausforderung ist, von Anfang an eine Struktur aufzubauen – nur dann kann das Unternehmen auch wachsen. Und nicht zuletzt ist auch der Zugang zu frischem Kapital für den Unternehmensaufbau für Gründer ein zentraler Schritt.
Wie bewerten Sie die Gründungskultur in Deutschland?
Sie ist ausbaufähig. Ich glaube viele Menschen haben nicht den Mut zur Gründung. Gerade die Generation Y ist ja sehr auf Sicherheit bedacht. Sie scheut das Risiko, die Verantwortung. Und wenn man ein Unternehmen aufbauen will, hat man natürlich nicht mehr nur Verantwortung für sich selbst, sondern auch für die Mitarbeiter. Davor haben viele Angst. Außerdem fehlt in Deutschland eine „Kultur des Scheiterns“. Wer nicht gleich beim ersten Mal erfolgreich ist, wird leider oft von der Gesellschaft verurteilt. Das ist einfach nicht richtig. Ich kenne kaum einen Gründer, bei dem es gleich beim ersten Mal super geklappt hat. Es geht also darum, den Menschen auch eine zweite, dritte, vierte Chance einzuräumen – eben so viele wie er braucht. Zu würdigen, dass jemand den Mut hat zu gründen, das fehlt hier einfach noch.