Eine Stadt voller Innovation, Wachstum und internationalen Startups
Berlin hat sich immer wieder neu erfunden. Nach Jahrzehnten der Zerstörung, Teilung und Wiedervereinigung hat sich Berlin wieder zur einer internationalen Wirtschaftsmetropole entwickelt. Arm, aber sexy – das war einmal. Seit 2016 ist die Berliner Wirtschaft stets über dem Bundesschnitt gewachsen – und stand vor der Corona-Pandemie damit an der Spitze der Bundesländer. Ein Gespräch mit Stefan Franzke, dem Chef der Berliner Wirtschaftsförderung Berlin Partner, übers Gründen, gute Ideen und Monopoly.
Welche Bedeutung hat die Gründungsszene für den Wirtschaftsstandort Berlin?
Den Standort Berlin zeichnet weit mehr aus als die Summe des hier investierten Wagniskapitals. Die Nachricht, dass im vergangenen Jahr die sagenhafte Summe von 10,5 Milliarden Euro in Berliner Startups investiert wurde, ist aber eine klare Antwort auf die Frage, welche Bedeutung die Gründungsszene in der Stadt hat. Dieser neue Rekord ist eben kein Versehen, sondern das Ergebnis harter Arbeit aller Beteiligter. Die Gründerinnen und Gründer in Berlin haben sich von den Rückschlägen der vergangenen Monate nicht beeindrucken lassen. Dieses Comeback ist sensationell, dieses Comeback macht Mut, dieses Comeback ist einfach mega. Bei Berlin Partner sind wir stolz auf unseren Beitrag. Wir sind froh, dass unsere Unterstützung in den Milliarden-Branchen Fintech, E-Commerce, Mobility, Health und Energy sich auszahlt. Dass diese Branchen fast deckungsgleich mit unseren Innovations-Clustern sind, ist ebenfalls kein Versehen, sondern zeigt, dass wir auf die richtigen Themen setzen. Gratulation an alle, die an diesem Erfolg für den Wirtschaftsstandort Berlin mitgearbeitet haben. Gratulation an alle Unternehmerinnen und Unternehmern, denen dieser Erfolg gehört!
Was gehört, außer Wagniskapital, noch zu einem erfolgreichen Start-up-Standort?
Heute ist Berlin Zukunftshauptstadt der Ideenrepublik Deutschland. Und das behaupten wir nicht einfach: Rund 1300 Gründerinnen und Gründer, die in ganz Europa für die Startup-Heatmap 2021 befragt wurden, sagen, dass Berlin der beste Start-up-Standort in Europa ist. Wir lösen damit London als Spitzenreiter ab und belegen in der jährlichen Meinungsumfrage erstmals den ersten Platz. Zu den befragten Kategorien gehörten die Ökosystemdynamik, die Vernetzung der Branche, die Verfügbarkeit von Entwicklern sowie das Preis-Leistungs-Verhältnis vor Ort und eine einfache Geschäftsabwicklung. Und natürlich freuen wir uns sehr über diesen ersten Platz in der Startup-Heatmap-Umfrage. Berlin baut damit seine Position als das Epizentrum der europäischen Startup-Szene weiter aus und hat in dieser Momentaufnahme gegenüber unseren Freunden in London erstmals die Nase vorn. Wir wissen aber auch, dass der Erfolg der führenden Startup-Communities in London und Berlin auf einer engen Zusammenarbeit beruht, welche auf den Werten Kreativität, Innovation und Vielfalt aufbaut. Der sportliche Wettkampf um den ersten Platz in der Profiliga gehört aber auch dazu.
Technologievorsprung nutzen, Innovationen fördern und vor allem die Anwendung am Markt vorantreiben – dies sind wichtige Aufgaben in den Innovationsclustern. Dabei gilt das Augenmerk auch dem Mittelstand. Wie sehen Sie das Zusammenspiel KMUs und Startups?
In keiner Region Deutschlands ist die länderübergreifende Zusammenarbeit so eng wie hier. Mit dieser engen Zusammenarbeit haben sich Berlin und Brandenburg im internationalen Standortwettbewerb eine gute Position erarbeitet. Insbesondere bei Themen wie der Mobilität der Zukunft, der Energiewende und der Gesundheitswirtschaft zählt die deutsche Hauptstadtregion zu den Vorreitern. Mit der Ausweitung der Zusammenarbeit auch auf die Felder Fachkräfte, Gewerbeflächen und Digitalwirtschaft arbeiten wir gemeinsam daran, die Grundlagen für eine weitere erfolgreiche Entwicklung zu sichern. Dies gilt ebenso für die länderübergreifenden Clustermanagements sowie für die Unterstützung ansässiger mittelständischer Firmen bei der internationalen Markterschließung und im Technologietransfer. Teamwork ist hier wichtig.
Es wird immer deutlicher, dass ein gesundes Ökosystem Grundlage des Wachstums einer Community ist. Ein erfolgreiches und international sichtbares Ökosystem zieht Talente aus der ganzen Welt in unsere Stadt. Wie kann Berlin sein Potential als Talentmagnet ausbauen?
Berlin war und ist ein Magnet für internationale Talente: Menschen aus mehr als 170 Ländern haben hier einen Platz zum Leben und Arbeiten gefunden. Das muss auch so bleiben, denn die Zuwanderung von hochqualifizierten Fachkräften ist für den Standort Berlin überlebenswichtig. Weil wir im internationalen Wettbewerb um die klügsten Köpfe sind, haben wir jetzt mit einer umfangreichen Umfrage innerhalb der Zielgruppe eruiert, welche Argumente internationale Fachkräfte letztlich überzeugen, die Koffer zu packen und nach Berlin überzusiedeln. Eine erste Auswertung zeigt, dass es inzwischen nicht mehr nur die ganzen jungen Talente sind, die nach Berlin kommen. Heute ist der Arbeitsmarkt so attraktiv, dass die zuziehenden Talente älter, erfahrener, hoch ausgebildet und sehr international sind. Das freut uns sehr, aber daran müssen wir ohne Unterbrechung weiter arbeiten, sonst reißt dieser Zustrom ab.
Die vergangenen zwei Jahre waren eine historische Zäsur. Mit Blick nach vorn: Was sind die Learnings? Was hat sich für Berlin Partner beim Thema Gründung geändert?
Der Weg zurück in die Normalität, was immer das heißen mochte und mag, ist länger als wir dachten und wir können ihn – als Unternehmen, als Stadt und als Gesellschaft – nur Schritt für Schritt gehen. Dabei steht schon jetzt fest, dass es nicht einfach ein ‚Zurück auf Los‘ ist. Es wird sicherlich nicht einfach wie früher – und das ist gut. Wir werden agiler sein und digitaler, wir werden nachhaltiger und innovativer arbeiten, wir werden das Gelernte behalten und uns weiter verbessern. Ein Beispiel: Als Unternehmen haben wir uns mit einem neuen Bürokonzept noch stärker auf die Bedürfnisse unserer eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt. Mit einem großen Workshop- und Veranstaltungsbereich wollen wir Raum für kreativen Austausch schaffen, der mit Videokonferenzen nicht zu ersetzen ist. Andererseits bieten wir denjenigen, denen zu Hause die Ruhe fehlt, eine Stillarbeitszone. Der Großteil unseres Büros steht unserer Hauptbeschäftigung zur Verfügung: der Begegnung und dem Austausch. Wir werden gleichermaßen auf die veränderten Bedürfnisse der Gründerinnen und Gründer reagieren, um bestmöglich, individuell und langfristig zu helfen.
Zu Dr. Stefan Franzke
Dr. Stefan Franzke ist Geschäftsführer der Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH, die Wirtschaftsförderungsgesellschaft in der attraktivsten Start-up-Stadt Europas. Die Gesellschaft ist eine Public-private-Partnership. Hinter Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie stehen sowohl der Senat des Landes Berlin als auch mehr als 230 Unternehmen und Wissenschaftseinrichtungen, die sich für ihre Stadt engagieren. Zudem verantwortet Berlin Partner das weltweite Marketing für die Stadt. Insgesamt arbeiten bei Berlin Partner rund 240 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Stefan Franzkes langjährige Erfahrung im Umgang mit Politik, Wirtschaft und Wissenschaft macht ihn zu einem professionellen Berater in Sachen Innovationsstrategie und Schlüsseltechnologien sowohl für europäische und internationale Investoren als auch für Unternehmer.