Das Hamburger Startup Foodist, das ein Monatsabo für internationale Delikatessen anbietet, existiert seit Oktober 2012. Bundesweite Bekanntheit erreichte es durch den Auftritt in der Startup-Show „Die Höhle der Löwen“. Obwohl sie das Investorenangebot in der Sendung ausschlugen, geht es seitdem steil nach oben. Im Exklusivinterview erzählt uns Gründer Alexander Djordjevic, was inzwischen passiert ist und was er mit seinem Mitgründer Ole Schaumberg für die Zukunft plant.
Nachdem es mit dem Kapitalschub durch die Löwen nicht geklappt hatte, kamen infolge der Sendung Angebote von anderen Investoren?
Nach der Sendung gab es die unterschiedlichsten Anfragen. Darunter befanden sich viele Angebote, die auf den ersten Blick nicht sehr seriös wirkten, oder es war unmittelbar deutlich, dass der Interessent nicht zum Geschäftsmodell von Foodist passt, z. B. Franchisenehmer internationaler Fast-Food-Ketten. Dennoch haben sich in den vergangenen Wochen interessante Gespräche mit potentiellen Investoren ergeben.
Kannst Du uns dazu Details sagen?
Wir sind aktuell im Gespräch mit einer Venture Capital-Gesellschaft, die über das finanzielle Investment hinaus viel Know-how zur Internationalisierung von Geschäfsmodellen mitbringt und auch viel Erfahrung mit TV-Werbung vorzuweisen hat. Zudem sind wir auch in Gesprächen mit strategischen Investoren, die ebenfalls im Lebensmittelmarkt aktiv sind.
Über welche Investitionssumme reden wir hier?
Es geht um ein siebenstelliges Investment.
Wieviele Abonnenten habt Ihr zurzeit?
Die Zahl der Abonnenten ist durch den TV-Auftritt und das Weihnachtsgeschäft zum Jahresende deutlich gestiegen. Wir rechnen damit, dass sich die Zahl zwischen 15.000 und 25.000 monatlichen Abonnenten einpendeln wird.
Ihr arbeitet ja ausschließlich mit Manufakturen zusammen, die durch Euch bekannter werden wollen. Da stellt man sich klischeehaft Unternehmen vor, bei denen Oma die Marmelade noch selbst in der Küche einkocht. Können diese Art von Unternehmen bei einer Kundenzahl von über 20.000 Abonnenten überhaupt noch liefern, oder tötet ein zu großer Erfolg am Ende Eure Geschäftsidee?
Unsere Manufakturen sind professionelle Kleinbetriebe mit 5 – 30 Mitarbeitern und keine Hobbyköche, die in der hauseigenen Küche Marmelade rühren. Entscheidend für die Zusammenarbeit mit den Herstellern ist die Vorlaufzeit für die Produktion, die nun deutlich länger sein muss. Durch den extremen Schub nach dem TV-Auftritt und dem nahtlos anknüpfenden Weihnachtsgeschäft mussten wir daher die Foodist Box Oktober und Foodist Box November früh ausverkauft setzen, da wir von unseren ausgewählten Herstellern die Rückmeldung bekamen, dass sie die Qualität mit der kurzen Vorlaufzeit nicht garantieren können. Und alternative Produkte anbieten, die so kurzfristig in hoher Menge verfügbar sind, entspricht nicht unserem Qualitätsanspruch.
Dieser Schub hat sicherlich Euren Businessplan im positiven Sinn über den Haufen geworfen.
Ja, wir sind inzwischen, früher als erwartet, profitabel, und das ist zunächst das Wichtigste. Die monatlichen Überschüsse erlauben uns, das Team zu erweitern, in die Automatisierung von Prozessen zu investieren und die Ausgaben für Marketing zu erhöhen. Dabei ist es ein befreiendes Gefühl, keinen schrumpfenden Kontostand im Nacken sitzen zu haben.
Jeden Monat neu: die Foodist Box
Mit „Foodist Handel“ tretet Ihr inzwischen auch als Großhändler auf. Kannst Du uns dazu mehr erzählen?
Viele ausländische Manufakturen möchten auf den deutschen Markt, da die Kaufkraft in Deutschland insgesamt hoch ist. Gleichzeitig ist der stationäre Einzelhandel sehr stark aufgestellt, und es ist schwer, Produkte neu einzuführen. In Deutschland scheitern 9 von 10 Produktneueinführungen im Lebensmittelhandel. Wir haben mit der Foodist Box nicht nur ein Marketinginstrument für die Hersteller geschaffen, ihre Produkte einer affinen Zielgruppe zu präsentieren, sondern nutzen die Foodist Box auch als Marktforschungsinstrument, um eine Tendenz abzuleiten, welche Produkte auch im Einzelhandel funktionieren könnten.
Wie bekommt Ihr das Feedback von Euren Kunden?
Wir senden unseren Abonnenten monatlich ein Feedbackbogen per E-Mail zu. Zur Incentivierung erhalten die Kunden einen Gutscheincode, mit dem sie einmalig versandkostenfrei in unserem Onlineshop bestellen können, wo alle Produkte der Foodist Box zunächst gelistet werden. Anhand des Feedbackbogens und der Sales-Performance der Produkte im Shop schließen wir auf die Erfolgschancen. Im Dezember haben 2.200 komplett ausgefüllte Feedbackbögen erhalten.
Nach welchen Kriterien stellt Ihr die Box zusammen, und wie findet Ihr die Manufakturen?
Regelmäßig senden uns Hersteller Produkte eigeninitiativ zu, von denen aber nur sehr wenige in der Box landen. Und bei Anfragen von großen Unternehmen, die in vielen Supermärkten gelistet sind, brauchen wir keine zwei Sekunden, um „Nein!“ zu sagen, auch wenn bekanntere Unternehmen zum Teil sogar zahlen würden, um in die Foodist Box zu kommen.
Die richtigen Partner finden wir oft über Foodblogs und auf internationalen Messen. Für das Scouting zuständig ist hauptsächlich mein Partner Ole Schaumberg, der mich immer wieder mit tollen Manufakturen überrascht, so dass ich mich oft frage: „Alter Schwede, geiles Produkt, wo hast Du das denn wieder gefunden!“ Danach muss ich den Bad-Cop spielen und über Konditionen verhandeln. Bei der Zusammenstellung achten wir darauf, dass immer etwas Süßes dabei ist, etwas Herzhaftes und ein Getränk, eine gute Mischung eben.
Ole Schaumberg und Alexander Djordjevic
Gibt es Überlegungen, auch speziellere Boxen anzubieten?
Über das Abomodell hinaus stellen wir Geschenkboxen wie die Gentlemenbox, die Ladiesbox, die Royal Snackbox oder die Veganbox zusammen. Ich glaube schon, dass es auch eine sinnvolle Extension sein könnte, zukünftig Food Clubs ins Leben zu rufen, etwa für Käse, Whisky oder Craft Beer, aber das hat aktuell keine Priorität.
Mit welchen Marketingaktivitäten seid Ihr erfolgreich, und was hat nicht so geklappt?
Was gegenwärtig in der Stratup-Szene gut läuft, ist die gegenseitige Beilage von Flyern in Versendungen. Aktuell sind zum Beispiel Outfittery und HelloFresh unsere Partner. Wir können anhand der Nummern der eingelösten Gutscheine genau tracken, welche Kunden anderer Branchen gut zu Foodist Kunden konvertieren. Positive Erfahrungen haben wir auch mit Corporate Benefits gemacht. Das ist eine Firma, die für andere Unternehmen Mitarbeiterangebote zusammenstellt.
Wir haben mal auf eigene Faust probiert, Küchenstudios zu akquirieren, die ihren Kunden seit Jahrzehnten einen Blumenstrauß bei Vertragsabschluss schenken, und denen gesagt, nehmt doch lieber unsere Foodist Box, die passt doch perfekt zu euren Küchen. Dort sind wir aber auf Granit gestoßen…
Kannst Du Startups sonst noch einen Tipp zum Thema Marketing geben?
Unser Learning generell ist: Mehr Mut zu Marketing-Investitionen. Zunächst müssen Leute dein Unternehmen überhaupt kennen bevor sie zu Kunden werden können. Wir haben Marketing-Entscheidungen sehr oft unter dem Blickwinkel getroffen: „In welcher Zeit amortisieren sich die Kosten der Aktion“. Wenn du aber ein neues Geschäftsmodell führst, hast du keine Erfahrungswerte und musst nach dem Prinzip „Trial & Error“ agieren. Wichtig dabei ist das Controlling der Aktion, um schnell Schlüsse zu ziehen. Wenn du dagegen Geld im Marketing sparst und gleichzeitig noch monatlich Verluste schreibst, gleicht das einem Sterben auf Raten.
Möchtest Du etwas zu Deinen Mitbewerbern sagen, etwa zu Foodvibes?
Ich finde es gut, dass Foodivibes ehrlich produzierte Lebensmittel von Manufakturen fördert und wünsche den Jungs viel Erfolg.
Und wie siehst Du Delinero?
Die Entwicklung der Geschäftsidee von einem Dropshipping-Modell ohne eigenes Warenlager und Frischeware hin zu einer monatlichen Abobox ohne Frischeware mit länderspezifischen Delikatessen sowie Weinboxen und Nahrungsergänzungsmitteln ist interessant zu beobachten.
Wir sprachen schon kurz das Thema Internationalisierung an. Gibt es da konkrete Pläne?
Mindestens eine Expansion ins Ausland ist für dieses Jahr vorgesehen. In Betracht ziehen wir zunächst europäische Länder wie Österreich, Belgien, Dänemark, Schweden, England, Frankreich und Italien. Wir haben die Marktanalysen hierzu jedoch noch nicht abgeschlossen und können daher die Thematik an dieser Stelle nicht weiter konkretisieren.
Kannst Du abschließend noch einmal zusammenfassen, wie Du Dir die Zukunft von Foodist vorstellst?
Die ersten zwei Geschäftsjahre haben uns verdeutlicht, dass es in der noch jungen Unternehmensphase beinahe unmöglich ist, langfristig zu planen. Wir beobachten genau die Entwicklung des Marktes und hören auf die Wünsche der Kunden. Wir werden weiterhin auf der Suche nach außergewöhnlichen Delikatessen in Europa sein und den Geschmacks-Horizont unserer Abonnenten erweitern. Dabei hoffen wir auch Gourmetprodukte zu identifizieren, die das Potential haben, im Lebensmittelhandel langfristig relevante Umsätze zu erzielen. Aber egal wie es kommt, wir geben Vollgas und stellen uns schnell auf neue Situationen ein – darum liebe ich auch Startup.
Vielen Dank für das Gespräch!