Kultur- und Kreativpiloten – das klingt sympathisch, aber auch etwas versponnen. Tatsächlich verbirgt sich hinter diesem Begriff eine Auszeichnung, die an Startups und Initiativen vergeben wird, die beim Träumen durchaus mit beiden Beinen auf dem Boden stehen. Die Gründerfreunde stellen einige von ihnen vor.

Kultur- und Kreativpiloten Deutschland ist eine bundesweite Auszeichnung, die letzte Woche zum sechsten Mal an Unternehmen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft verliehen wurde. 704 Unternehmen hatten sich 2015 dafür beworben, 32 haben sie letztlich bekommen. Für die Titelträger ist die Auszeichnung der Beginn eines gemeinsamen Weges. Sie werden ein Jahr lang in ihrem unternehmerischen Handeln begleitet, kommen in Workshops zusammen und teilen ihre Geschichten und Erfahrungen miteinander. Die Organisatoren des Programms sind das u-institut für unternehmerisches Denken und Handeln und das Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes.

bmwi-2015-2511-reitz-110 (1)Brigitte Zypries, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Charlotte Erhorn und Constanze Klotz von Bridge&Tunnel, und Dr. Günter Winands, Ministerialdirektor bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur- und Medien (Quelle: BMWi, Foto: Michael Reitz)

Zu den Preisträgern gehören auch eine Reihe von Startups, beispielsweise Bridge&Tunnel, ein Social Design Label, das von Hanna Charlotte Erhorn und Constanze Klotz initiiert wurde. Das  Unternehmen gestaltet Designprodukte aus abgelegten Textilien, die lokal und fair in Hamburg-Wilhelmsburg produziert werden, und zwar von Frauen mit Migrationshintergrund, die normalerweise auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht unterkommen. Die erste Kollektion von Bridge&Tunnel entsteht derzeit aus recyceltem Denim und beinhaltet hochwertige Reisetaschen sowie Teppiche und Sitzmöbel.

Damentasche-klein-480x480Eine Tasche von Bridge&Tunnel

Constanze Klotz erläutert das Projekt: „2013 haben wir uns entschlossen, eine Anlaufstelle für Mode- und Textildesigner in Wilhelmsburg anzubieten. Denn es gibt einfach so viele Leute hier, die kreative handwerkliche Fähigkeiten mitbringen. In unserer Gemeinschaftswerkstatt Stoffdeck treffen seitdem Designer auf Bewohner aus dem Stadtteil, Profis auf begeisterte Amateure. Der Ort – und das ist typisch für Wilhelmsburg – ermöglicht spannende Begegnungen zwischen den verschiedensten Menschen. Auch unsere Idee für Bridge&Tunnel ist so entstanden – das Label verwebt gewissermaßen die Ideen der Insel.“

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BAG TO LIFE präsentiert seine Taschen aus alten Rettungswesten

Ein ähnliches Konzept wie Bridge&Tunnel kennzeichnet BAG TO LIFE aus Bayreuth, in beiden Fällen ist Upcycling das Zauberwort. Bei den Hamburgerinnen geht es um alte Jeans, hier um aussortierte Rettungswesten von Fluggesellschaften. Alle zehn Jahre landen Berge von Rettungswesten auf dem Müll, denn Airlines sind dazu verpflichtet, Sicherheitsutensilien nach diesem Zeitraum auszutauschen. Hier kommen Kerstin Rank und Thomas Gardeia von BAG TO LIFE ins Spiel: Sie verwenden das Westenmaterial als Stoff für schicke  Taschen. Außerdem verarbeiten sie die Mundstücke der Westen zu Stifthaltern, die Lämpchen werden zuTaschenfüßen, die Trillerpfeifen machen sie zum Blickfang an der Tasche und entsorgte Flugzeuggurte fungieren als Taschenriemen. Seit dem Launch der Marke im Jahr 2010 konnte BAG TO LIFE so 119 Tonnen Müll vermeiden.

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Miriam Schütt und Marie-Lene Armingeon von SofaConcerts (Foto: Alexander Höschen)

Ebenfalls ausgezeichnet wurde mit SofaConcerts ein Startup, das die Gründerfreunde schon 2014 zu den Gewinnern das Jahres gezählt hatte (hier unser Bericht). „Wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung. Es ist genial zu sehen, wie Live-Musik Menschen zusammenbringt und das Konzept auch international Anklang findet,“ so Miriam Schütt, eine der beiden Gründerinnen. Gemeinsam mit ihrer Schulfreundin Marie-Lene  Armingeon hatte sie vor knapp zwei Jahren die Idee für eine Plattform, die aufstrebende Musiker und Bands an ungewöhnliche Spielorte vermittelt und so Konzerte auch im Wohnzimmer und buchstäblich auf dem Sofa ermöglicht.

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In vielen Städten ist Luftverschmutzung ein ernstes Problem, gleichzeit ist nicht genug Platz für Grünflächen, die mit Bäumen als Filter wirken könnten. Green City Solutions aus Dresden hat eine andere Lösung gefunden: die mobile Vertikalbegrünung (Bild oben). Auf einer Fläche von etwa drei mal vier Metern werden spezielle Mooskulturen auf Pflanzendisplays angebaut, die eine 275mal höhere Luftfilterleistung haben als ein normaler Baum. Damit sich das auch finanziell rechnet,  lassen sich auf den Displays die Pflanzen zu QR-Codes oder Firmenlogos arrangieren. So entsteht Außenwerbung, die auch noch gut füt die Umwelt ist.

Das sind nur vier Beispiele für die beeindruckenden und erfolgreichen Ideen, die die diesjährigen Kultur- und Kreativpiloten entwickelt haben. Mehr Infos über alle Preisträger sind hier zu finden.

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