Stand 10.12.2020

Vor kurzem haben wir den seit August 2020 neu aufgestellten Beirat Junge Digitale Wirtschaft (BJDW) vorgestellt. Unter dem Vorsitz von Miriam Wohlfarth und Christian Vollmann beraten 29 BJDW-Mitglieder*innen das Bundesministerium bzw. den aktuellen Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Peter Altmaier, bei aktuellen Fragen zum Thema Digitalisierung.

Einblick in die aktuellen Positionspapiere des Beirats Junge Digitale Wirtschaft

In diesem Bericht möchten wir euch einen Einblick in die aktuellen Positionspapiere des Beirats Junge Digitale Wirtschaft geben. Wir stellen euch die neuesten, sowie noch immer gültigen Positionspapiere vor, die ihr auf der Seite vom Bundesministerium für Wirtschaft und Gesundheit (BMWI) findet. 

Die aktuellen Themen handeln von Fachkräftesicherung, Startup-Förderung, deutsch-französischen Digitalkonferenz, Künstliche Intelligenz, Regulierung, Förderung digitaler Innovationen, E-Health/Digital Health, Digitale Bildung, Zuwanderung, EU-Binnenmarkt und Netzneutralität.

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Thema Fachkräftesicherung

Zum Thema Fachkräftesicherung hat der BJDW folgende Lösungsvorschläge bearbeitet.

Standortmarketing für Hochtechnologie, um Deutschland für ausländische Talente attraktiver zu machen 

Ausgenommen von Berlin und München zieht es Fachkräfte derzeit nicht nach Deutschland und gerade Startups, die über keine eigene HR-Abteilung verfügen, stehen vor großer Herausforderung Nicht-EU-Fachkräfte anzuwerben und die organisatorischen Hürden zu bewältigen. Trend zu konservativen Parteien wie AfD und Berichte über ausländerfeindliche Taten, lassen es für gewisse Standorte schwer werden, ausländische Talente anzuziehen. Doch gerade in der IT und vor allem in der Software-Entwicklung werden dringende fähige Personen benötigt. Durch Standortmarketing auf Bundes- und Länderebene, soll die Attraktivität erhöht werden, um in Deutschland als ausländische Fachkraft Fuß zu fassen.

Thema 3 B – Konzept für Startups

Gerade Startups brauchen in Zeiten von Corona spezielle Lösungen, um die Krise zu überstehen. Der BJDW hat sich das 3 B – Konzept für Startups überlegt.

Beschäftigung versus Kurzarbeit

Bereitstellung von Mitteln durch die Bundesregierung für die volle Weiterbeschäftigung von Mitarbeitern bei Startups. Die Mittel könnten über einen speziellen Beschäftigungsfonds oder über zweckgebundene Lohnzuschüsse oder zinslose Beschäftigungsdarlehen angeboten werden. Denn Startups können es sich nicht leisten ihre Mitarbeiter*innen auf Kurzarbeit zu stellen, an der Produktion und Entwicklung muss weitergearbeitet werden, damit das Startup nicht scheitert.

Beschaffung versus Darlehen

Die Bundesregierung sollte einen Sonderbeschaffungsfonds auflegen und unbürokratisch Aufträge an Startups und junge Unternehmen vergeben. Das Ergebnis ist schnelle und gleichzeitig nachhaltige Hilfe für die Unternehmen und gleichzeitig ein Digitalpakt für den öffentlichen Sektor. 

Beteiligung versus Kredit

Die Bundesregierung sollte – beispielsweise über den HTGF – einen Sonder-Beteiligungsfonds aufsetzen, der nach einfachen Kategorien und festen Anteils-, Kapital- und Bewertungssätzen eine stille Beteiligung für die Startups anbietet. Eine Rückführung kann wahlweise durch Rückzahlung oder über Exit erfolgen. Alternativ können Wandeldarlehen oder auch offene Beteiligungen zum Zuge kommen. 

Darüber hinaus

könnten Steuerentlastungen für Startups, eine Erweiterung des KfW-Programms für Startups und eine Haftungsfreistellung bei Wandeldarlehen helfen, junge Unternehmen sicher durch die Krise zu bringen.

Thema Europa braucht digitale Impulse aus Deutschland und Frankreich

Der deutsche „Beirat Junge Digitale Wirtschaft“ (BJDW) im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und der französische „Nationalrat für Digitales“ (Conseil national du numérique, CNNum) sind gemeinsam davon überzeugt, dass neue Impulse für ein digitales Europa insbesondere von Deutschland und Frankreich in einem gemeinsamen Schulterschluss ausgehen müssen. In einem gemeinsamen Brief an den deutschen Wirtschaftsminister Peter Altmaier und seinen französischen Amtskollegen Bruno Le Maire werben sie daher für die Durchführung einer dritten deutsch-französischen Digitalkonferenz nach 2015 in Paris und 2016 in Berlin.

Thema Künstliche Intelligenz (KI)

KI ist eines der Hauptthemen der Digitalisierung, das nicht nur in wirtschaftlichen Lösungen, sondern auch im Alltag der Menschen ankommt. Deutschland hinkt im Bereich KI aktuell noch hinterher. Daher begrüßt der BJDW die 3Mio-Euro-Strategie der Bundesregierung, mahnt aber die konsequente Umsetzung an, da die KI-Entwicklung noch in den Kinderschuhen stäcke. 

Der Beirat empfiehlt folgendes 3-Säulen-Programm 

1. KI-LAB-LABOR: Aufbau und Finanzierung einer relevanten und international wettbewerbsfähigen Forschungsgemeinschaft mit führenden Köpfen aus der KI-Wissenschaft und der Bereitstellung/Schaffung eines gemeinsamen Daten-Pools. 

2. KI-LAB-SANDBOX: Schaffung und Finanzierung einer Umgebung für KI-Experimente und KI-Pilotprojekte auf einer Full-Stack-Basis mit einer iterativen Entwicklung vom Design bis hin zum Einsatz von KI-Technologien in Verbindung mit ihren zukünftigen Nutzern. 

3. KI-LAB-HUB: Aufbau und Finanzierung eines Inkubators für KI-Startups mit einer gemeinsamen Entwicklungsplattform und Anbindung an einen gemeinschaftlichen Daten-Pool sowie einem angeschlossenen Investmentfonds.

Thema Regulierung

Bezüglich Regulierung hat der BJDW folgendes Positionspapier erarbeitet.

„to be regulated, or not to be regulated, that is the question“ 

Beirat Junge Digitale Wirtschaft

Auf der anderen Seite sind es gerade die zu starren Regeln und vielen Vorschriften und Auflagen, die eine schnelle, flexible und marktneutrale Entwicklung gerade von jungen Startups behindern oder sogar verhindern. Für die einen ist eine Regulierung daher folgerichtig der notwendige Eingriff einer Politik, um ein Marktversagen zu vermeiden. Für die anderen ist dieser Eingriff schlichtweg eine Behinderung für die Marktentstehung und damit Quelle der Unsicherheit für eine weitere Entwicklung.  

Bezüglich der Eingangsfrage, die nicht pauschal zu beantworten ist, hat sich der Beirat folgende Lösungsmodelle überlegt:

Startup-Organisation

Gründungsregulierung: Administrative Hürden reduzieren oder abschaffen Arbeitsrecht-Regulierung: Flexibilisierung der Arbeits- und Ruhezeiten Freelancer-Regulierung: Neue Interpretation der Scheinselbständigkeit

Startup-Finanzierung

Streubesitz-Regulierung: Steuerfreiheit bei Veräußerungserlösen sichern Pooling-Regulierung: Rechtssicherheit für Mehrheitsbeschlüsse schaffen INVEST-Regulierung: Erweiterung des Kreises an Berechtigten Crowdinvesting-Regulierung: Erweiterung der Beteiligungsinstrumente 

Startup-Management

Verpackungsregulierung: Reporting-Aufwand für Startups minimieren Finanzgeschäftsregulierung: Finanzrechtliche Erlaubnispflicht lockern

Startup-Wettbewerb

Patent-Regulierung: Übertragbarkeit an Ausgründungen regeln Auftragsregulierung: Öffentliches Vergaberecht für Startups anpassen ICO-Regulierung: Gestaltung von Rahmenbedingungen für Token-Ausgabe

Startup-Markt

TDM-Regulierung: Kommerzielle Anwendungen im Rahmen der EU-Urheberrechtsreform Smart Meter-Regulierung: Marktorientierte Einführung intelligenter Messsysteme Wettbewerbsregulierung: Einschränkungen von Startup-Verkäufen verhindern

Sonderaspekt: ZIM-Programm: Anlage 10 für Startups überarbeiten

Details könnt ihr im Positionspapier nachlesen.

Thema “Deutsche Stiftung für Digitale Innovationen”

Der Beirat hat ein Positionspapier zum Thema „Deutsche Stiftung für Digitale Innovationen“ erarbeitet. Er hat hierzu ausgeführt, dass der Erfolg der Digitalisierung in Deutschland und damit „der“ Wirtschaftsfaktor der Zukunft auch für unsere Start-ups davon abhängen wird, ob wir die Menschen mitnehmen, angemessen auf ihre Ängste eingehen statt sie zu schüren und es schaffen, den Benefit von digitalen Innovationen in den Vordergrund zu stellen.

Die Digitalisierung müsse deswegen so gestaltet werden, dass alle 82 Millionen Menschen in unserem Land davon profitieren. Der Beirat regt daher an, auch in Deutschland – nach dem Vorbild der Nesta in Großbritannien – eine nationale Stiftung für die Förderung von digitalen Innovationen einzurichten. 

Über diese Deutsche Stiftung für Digitale Innovationen sollen neue Ideen unterstützt werden, die mit Hilfe digitaler Technologien die BIG-3 der gesellschaftlichen Themenfelder Ressourcen, Ökologie und Gesundheit adressieren und für den Menschen unmittelbar erfahrbar machen lassen.

Thema E-Health/Digital Health

Digital Health oder E-Health stellt die evolutionäre Verschmelzung medizinischen Wissens mit IT-Lösungen zum Erhalt und Verbesserung menschlicher Gesundheit dar. 

Der BJDW hat folgendes Positionspapier entworfen, um in Zukunft eine bezahlbare und verbesserte Gesundheitsversorgung zu gewährleisten. 

Folgende 6 Hürden für E-Health-Startups umschrieben die aktuelle Situation sehr treffend.

1. (Forschungs-)Förderung

2. Medizinproduktezertifizierung

3. Nutzennachweis

4. Vergütung

5. Intransparenz

6. Interoperabilität

Daraus leitet der BJDW folgende Lösungsansätze ab:

  1. Virtuelle Vertragsarztsitze zur ausschließlichen digitalen Patientenversorgung 
  2. App auf Rezept statt Disease Management Programm
  3. Abschaffung von eigenen Patientenakten in der Arztpraxis und im Krankenhaus
  4. Bereitstellung von Fördermitteln zur Entwicklung, Beurteilung und Qualitätssicherung von medizinischen Expertensystemen 
  5. Substitution ärztlicher Tätigkeiten neutral bewerten
  6. Kapital
  7. Das Zusammenspiel von Digital Health Startups und etablierten Unternehmen

Details könnt ihr im jeweiligen Positionspapier nachlesen.

Thema Digitale Bildung

Digitale Bildung ist die Grundlage für das digitale Zeitalter! Der Beirat Junge Digitale Wirtschaft fordert eine stärkere Vermittlung von digitalen Kompetenzen in Schulen und Hochschulen.

Thema Zuwanderung

Eine Willkommenskultur, die den Fachkräften den Einstieg in das Leben und das neue Land erleichtert, ist für den Standort Deutschland unerlässlich. Der eigentliche Grund der Einreise soll dabei keine entscheidende Rolle spielen, wichtig sind ausschließlich die Fähigkeiten und Kenntnisse der Zuwanderer.

Aus diesem Grund fordert der Beirat eine Grundsanierung und Vereinfachung des Einwanderungsrechts.

Der BJDW spricht sich klar dafür aus, Flüchtlinge zügig in die Gesellschaft zu integrieren. Allem voran gehen dabei die erhebliche Beschleunigung des Asylverfahrens und die schnelle Integration in den Arbeitsmarkt voraus. Erforderlich hierzu ist sicherlich das Erlernen der deutschen Sprache, wofür wir die nötigen Sprachkurse bereitstellen müssen. Als Alternative hierzu soll aber auch die Kenntnis der englischen, französischen oder spanischen Sprache ausreichen. Startups sind es schon und die etablierte Wirtschaft wird immer internationaler;  es ist nicht zwingend notwendig in einem Startup oder einem anderen Unternehmen bei fachlicher Qualifikation deutsch sprechen zu müssen.

Thema EU-Binnenmarkt

Damit KMU’s vermehrt international tätig werden und die Digitale Souveränität gegeben ist, möchte der BJDW, dass ein umfassendes europäisches Vertragsrecht als zusätzliche Rechtsform neben dem nationalen Recht der jeweiligen Nationalstaaten eingeführt wird.

Nebendies fordert BJDW die Pläne für die Societas Privata Europaea (SPE) wieder voranzutreiben, da die geplante Rechtsform einer europäischen Kapitalgesellschaft für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), dem IT-Mittelstand und dem Digitalen Binnenmarkt nützlich wäre.

Bezüglich Reduzierung steuerlicher Hindernisse setzt sich der BJDW dafür ein, dass bei internationalen Verkäufen, die Steuer des Landes gelten sollte, in dem der Umsatz anfälle. Weiteres wünscht sich der Beirat eine Thesaurierungsmaßnahme, mit der Gewinne, die in Digitalmaßnahmen reinvestiert werden, bis zu einer Obergrenze von 100.000 € von der Steuer freigestellt werden. Durch diese Maßnahme könnte eine Bewegung von Investitionen in Gang gesetzt werden, vergleichbar mit der Thesaurierungswirkung beim Wirtschaftswunder der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Ebenfalls wünscht der BJDW eine datengetriebene Wirtschaft zu unterstützen, eine einheitliche Regulierung der digitalen Infrastrukturen in Europa, sowie eine Interoperabilität und Standardisierung. Details zu den jeweiligen Punkten könnt ihr im jeweiligen Positionspapier nachlesen.

Thema Netzneutralität

Bereits seit 2015 setzt sich der Beirat Junge Digitale Wirtschaft für die Beibehaltung der Netzneutralität ein, insbesondere damit Online-Startups kein technischer, zugangsbedingter oder finanzieller Wettbewerbsnachteil beim Erbringen von digitalen Geschäftsmodellen entsteht. Details findet ihr wie immer im Positionspapier.

Fazit Positionspapiere Beirat Junge Digitale Wirtschaft

Wir haben euch hiermit einen kompakten Überblick über die aktuellen Themen gegeben, für die sich der Beirat Junge Digitale Wirtschaft einsetzt. Denn diese Themen betreffen nicht nur Startups im Digitalbereich, sondern im Endeffekt den ganzen europäischen Wirtschaftsmarkt.

Titelbild from Freepik by @katemangostar

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