Vural Öger, Geschäftsführer von V.Ö. Travel und Inhaber der Vural Öger Firmengruppe, ist zum zweiten Mal Juror bei der VOX-Show „Die Höhle der Löwen“. Im Interview erzählt er von geplatzten Investments aus der ersten Staffel, seinen Erfahrungen als Gründer, und fordert Banken zu mehr Risikofreude auf.
Herr Öger, wie zufrieden sind Sie mit den Unternehmensideen der zweiten Staffel „Die Höhle der Löwen“?
Im Großen und Ganzen bin ich zufrieden. Sowohl die Gründungsteams, als auch die Produkte waren wirklich weitgehend überzeugend. Dieses Mal wurden die Gründer von der Produktionsfirma schon vorher noch genauer geprüft, was eine erhebliche Verbesserung des Niveaus der Startups zur Folge hatte. Das haben sie sehr gut gemacht.
In der ersten Staffel waren Sie nicht zufrieden mit den Kandidaten?
Alle haben in der ersten Staffel Erfahrungen gesammelt- unter anderem die Erfahrung, die Gründer beim nächsten Mal besser zu prüfen: Das gilt sowohl für die Produktion, als auch für uns Löwen während der Pitches.
Wie viele Kandidaten konnten Sie dieses Mal überzeugen?
Ich habe in acht Fällen zugesagt. Aktuell sind wir in Verhandlungen.
Wie muss eine Unternehmensidee oder ein Gründerteam aussehen, um Sie als Investor zu gewinnen?
Zum einen muss das Produkt stimmen. Es muss ein Alleinstellungsmerkmal haben. Hat das Produkt eine Chance auf dem Markt? Wie sieht die Konkurrenz aus? Genauso wichtig wie das Produkt ist aber die Person, die dahinter steht. Das Auftreten der Person muss mich so überzeugen, dass ich denke: „Aha! Diese Person kann es!“ Ich werde die Arbeit ja nicht selber machen, sondern muss auf seine Arbeit vertrauen. Wenn beide Faktoren stimmen, kann ich investieren.
Wie haben sich Ihre Investments aus der ersten Staffel entwickelt?
Natürlich verkaufen Judith und ich sehr eifrig unsere Gobl Gürtel! (lacht) Aus vielen Investments ist aber leider nichts geworden. In manchen Fällen waren die finanziellen Verhältnisse der Gründer nicht in Ordnung: Sie hatten sich teilweise dermaßen finanziell übernommen, dass alles was verdient worden wäre, direkt in die Begleichung der alten Verbindlichkeiten geflossen wäre. Diese Startups waren einfach nicht glatt und sauber. In anderen Fällen waren die Patente gar nicht da, obwohl uns dies vorher zugesichert wurde. Ein paar Mal scheiterte die Umsetzung der Idee an persönlichen Umständen, zum Beispiel gab es Krankheitsfälle. Oder es tauchten noch andere Investoren auf, von denen wir vorher nichts wussten. In dieser Hinsicht war die erste Staffel sehr lehrreich.
Sind Sie durch diese Erfahrungen in der zweiten Staffel anders vorgegangen?
Ja. Ich wusste besser, wonach ich bei den Startups suche. Ich habe andere, direktere Fragen gestellt um besser und schneller analysieren zu können, wie viel Potential das Unternehmen und der Gründer tatsächlich haben.
1969 eröffneten Sie das Reisebüro Istanbul in Hamburg, aus dem später die Öger Türk Tur GmbH hervorging. Was hat Sie dazu bewogen, ein eigenes Unternehmen zu gründen?
Ich wollte natürlich mein erstes Geld verdienen und das gerne eigenständig. Ich war ein junger, energiegeladener Mensch mit Diplom. Ich dachte, wenn es schief geht, kann ich immer noch einen Job als Ingenieur finden. Auf meine Geschäftsidee kam ich während eines Studentenjobs in einem Reisebüro– daher kannte ich auch die Grundstrukturen und die möglichen Verdienstspannen in diesem Geschäft. Ich hatte den Vorteil, in einer Stadt zu leben, von der aus damals kein einziger Flug in die Türkei ging. Es war klar, dass man Geld verdienen kann, wenn die Idee gut ist und man darüber hinaus keine Konkurrenz hat.
Vor welchen Herausforderungen standen Sie als junger Gründer?
Ich war jung, noch unbekannt am Markt und hatte keine Bankkredite. Es hätte alles schiefgehen können, weil ich keinen finanziellen Rahmen hatte, aus dem ich schöpfen konnte. Ich habe mich zum Beispiel nicht getraut, in Hamburg eine Wohnung zu mieten. Ich habe im Laden geschlafen, weil ich Angst hatte, dass ich für eine Wohnung die Miete nicht bezahlen kann.
Was haben Sie aus der Gründung damals gelernt?
Man braucht als Gründer die richtige Mischung aus Risikobereitschaft, Fleiß, Einsatz und Selbstvertrauen. Bei mir hat anscheinend diese Mischung gepasst – viel Glück und gutes Timing kamen jedoch auch dazu: Ich hatte mir zur richtigen Zeit den richtigen Ort gewählt um mein Unternehmen zu gründen.
Was hat sich an der Gründungskultur in Deutschland seit dem verändert?
Mittlerweile sind zwei neue Generationen in die Gründerszene hineingewachsen. In den letzten Jahren wird staatlich viel mehr gefördert und auch die Banken sehen Unternehmensgründungen langsam mit anderen Augen. Die großen Unternehmen haben sich dem Thema angenommen und viele unterstützen die Gründerszene. Das war vor zehn Jahren noch sehr konservativ, sehr zurück haltend.
Was fehlt der Gründungskultur in Deutschland?
Viele junge, talentierte Leute haben tolle Ideen. Aber es fehlt immer am Geld. Ich wünsche mir, dass die Banken noch mehr Venture Capital zur Verfügung stellen. Da müssen wir mehr Risiko eingehen. Die Amerikaner tun das, so sind Mark Zuckerberg und Co in die Szene gekommen. Wenn in Deutschland ein 20-Jähriger eine tolle Idee hat, kommt er nur schwerlich zu Geld. In Amerika ist das Venture Capital sehr entscheidend. Ich kann nur hoffen, dass deutsche Banken in diesem Bereich aufholen.
Welche Branche ist in Deutschland zurzeit am attraktivsten für Gründungen?
Natürlich geht es heutzutage viel um das höher, weiter, schneller in der Internettechnologie. Es kommen täglich neue Apps auf den Markt, manche sind sehr erfolgreich. Aber natürlich gibt es zum Beispiel in der Gastronomie oder in der Textilbranche auch tolle Ideen, nur dort erzielt man keinen vergleichbaren Exit. Natürlich gibt es in der Internetbranche auch die höchsten Konkursraten. New Tech ist eine Branche mit hohen Risiken aber enormen Verdienstmöglichkeiten.
Welche Tipps geben Sie Menschen an die Hand, die nicht sicher sind, ob sie gründen sollen?
Gerade die, die noch unsicher sind, sollten sich eine Branche aussuchen, in der sie sich auskennen. Es kann nicht angehen, dass man sagt: „Hans verdient so viel Geld in der Branche, das kann ich auch machen.“ Hans versteht eben sein Metier, deshalb kann er erfolgreich sein. Das kann aber nicht jeder. Man kann nur in einem Bereich Geld verdienen, in dem man auch Ahnung hat. Außerdem muss man sehr viel Ausdauer mitbringen und zäh sein. Unbedingt muss man sich ein klares Ziel setzen. Ein Segelboot muss wissen, welchen Hafen es anfahren wird- auch wenn es vorher mal vom Kurs abkommt…
Was reizt sie an der Arbeit bei „Die Höhle der Löwen“?
Da geht es mir wie dem Zuschauer: Es ist reizvoll, immer wieder neue Menschen, neue Produkte kennen zu lernen. Ich freue mich, dass ich den jungen Leuten helfen kann, ihre Ideen zu verwirklichen. Im besten Fall verdiene ich dabei auch etwas. Aber ich denke da zurück an meine eigene Gründungszeit. Ich hätte mir gewünscht, jemand hätte mir auch einmal eine Summe X zur Verfügung gestellt. Da wäre vieles einfacher gewesen. Ich glaube, dass ich den Menschen mit meinem Investment an einem wichtigen Entwicklungsstadium unter die Arme greife und ich habe Spaß dabei.