Unglaublich spannend, vielschichtig und gepaart mit viel Potenzial: das ist Afrika. Der Kontinent ist mit vielen Problemen konfrontiert, doch gibt es umso spannendere technische Innovationen, die diese Probleme lösen können. Diese lösungsorientierte Denkweise prägt auch lokale Unternehmer:innen, welche oft unter erschwerten Bedingungen aufgewachsen sind. Dabei haben Unternehmer:innen in Afrika direkt erkannt, welche wichtige Rolle Technologie spielt, um nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Auch ausländische Investor:innen und Unternehmen tragen maßgeblich dazu bei, die Probleme Afrikas aktiv zu lösen. Diese starke Kombination von lokalen, motivierten Talenten und internationaler finanzieller Ressourcen ebnet den Weg für Afrikas nachhaltiges Wachstum.
Also: ob Interessierte aus dem Gründungs- oder Investorenumfeld oder Startup-Fan, wer stets den neuesten Trends auf der Spur ist, sollte hier unbedingt weiterlesen.
Afrika: ein vielseitiger Kontinent und enormes Potenzial
Dreht man die Uhr rund zwei Jahre zurück, vor den Beginn der Corona-Pandemie, zeigt sich ein sehr vielversprechendes Bild: Dem Großteil der afrikanischen Länder wird starkes Wirtschaftswachstum prognostiziert. Aus diesem Grund wird Afrika teilweise auch als der letzte Wachstumsmotor der Welt bezeichnet. Befeuert wird diese Prognose durch den zu erwartenden Bevölkerungszuwachs der erwerbsfähigen Menschen. Hochrechnungen der Vereinten Nationen zeigen, dass der Anteil der 15-64-Jährigen in Afrika von ca. 56 % aus dem Jahr 2020 auf rund 62 % im Jahr 2050 ansteigen wird. Im Vergleich dazu wird dieselbe Altersgruppe in Europa von einem Anteil von ca. 65 % im Jahr 2020 auf ca. 57 % im Jahr 2050 schrumpfen. Noch deutlicher wird dieser Eindruck, wenn man den Blick nach Subsahara-Afrika richtet. Die Region südlich der Sahara bildet die Heimat von mehr als einer Milliarde Menschen, von denen die Hälfte im Jahr 2050 unter 25 Jahre alt sein wird. Mit der zukünftig größten Freihandelszone der Welt AfCFTA und einem Markt mit 1,2 Milliarden Menschen öffnet sich ein völlig neuer Entwicklungspfad. In einer Welt, in der die allgemeine Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter schrumpft, wird Afrikas reichlich vorhandene Arbeitskraft ein Vorteil sein. Ein weiterer Faktor, der sich bei politischer Stabilität positiv auf die Prognosen des gesamten Kontinents auswirkt, sind die natürlich vorkommenden Ressourcen wie z.B. fruchtbares Land, Bodenschätze und Sonnenenergie. Die Voraussetzungen sind also gegeben, dass das Kapital der Welt nach Afrika kommt, anstatt Afrikas Ressourcen dorthin, wo das Kapital ist (Financial Times).
Afrikas Startup-Szene boomt: Die Krise als Katalysator für kreative Lösungen
Wie sieht es zwei Jahre später aus? Ohne Zweifel hinterlässt die Corona-Pandemie auch in Afrika ihre Spuren. Neben den gesundheitlichen Problemen haben auch die so vielversprechenden Prognosen einen deutlichen Dämpfer erhalten. Laut einem gemeinsamen Report der African Union und der OECD von 2021 wird die Wirtschaft Subsahara-Afrikas erstmalig seit 25 Jahren um zwei bis fünf Prozentpunkte schrumpfen und somit eine Rezession erleben. Insgesamt werden 41 von 54 afrikanischen Ländern mit negativen wirtschaftlichen Auswirkungen durch die globale Pandemie zu kämpfen haben. Im Vergleich dazu waren in Folge der globalen Finanzkrise von 2009 insgesamt elf afrikanische Länder von einer Rezession betroffen.
Angesichts der wirtschaftlichen Herausforderungen, mit denen der Kontinent derzeit konfrontiert ist, könnte eine Schlussfolgerung lauten, dass Investments in afrikanische Tech-Unternehmen stagnieren werden. Eine solche Hypothese wäre nur logisch, schließlich gab es weltweit für weitaus etabliertere Startup-Ökosysteme ähnliche Prognosen. Reports für das Jahr 2020 zeigen, dass zumindest in der afrikanischen Tech- und Startup-Szene, ein anderes Bild gezeichnet wird. Hier lohnt sich der Blick in den „2020 Africa Tech Venture Capital Report“, welcher von der globalen Investmentplattform Partech veröffentlicht wurde. Demnach gab es im Jahr 2020 in Afrika insgesamt 359 Equity Finanzierungsrunden, was einem Plus von 44 % entspricht. Dem gegenüber steht ein Investment-Volumen von ca. 1,4 Milliarden US-Dollar, was im Vergleich zum Vorjahr um fast 30 % niedriger ist. Dies ist jedoch immer noch mehr als fünfmal höher als das Investitions-Volumen aus dem Jahr 2015. Bei den insgesamt 359 abgeschlossenen Deals ist besonders hervorzuheben, dass 228 der Startups Seed Stage zuzuschreiben sind. Das bedeutet ein Plus von 80 % gegenüber dem Vorjahr. Doch auch Startups in den darauffolgenden Venture-Phasen können im Jahr 2020 auf ein solides Wachstum von 11 % in der Anzahl der abgeschlossenen Deals zurückblicken. Obwohl über alle Stages hinweg die Ticketgrößen zurückgegangen sind, bleibt der positive Eindruck: Internationale und nationale Venture Capital Firmen scheinen an die Innovationskraft afrikanischer Startups zu glauben und schalten somit auch in Krisenzeiten Kapital für diese frei.
Fragen, die man sich nun stellen sollte: In welche Startups fließt das Kapital und in welchen Branchen sind diese angesiedelt? Wo finden sich diese Startups und was zeichnet die jeweiligen Ökosysteme aus? Diesen Fragen werden wir im Folgenden nachgehen.
Falls ihr sie noch nicht kennt – diese drei afrikanischen Startups dürft ihr nicht verpassen
Entrepreneurship ist in Afrika weit verbreitet. Laut einem Report der African Development Bank machen sich 22 % der afrikanischen Bevölkerung selbstständig, was weltweit die höchste Rate ist. Unter den neuen Geschäftsideen können immerhin 20 % als innovativ eingestuft werden, da sie ein neues Produkt oder einen neuen Service eingeführt haben. Kein Wunder, dass aus diesem Spirit eine Vielzahl vielversprechender Startups entstanden ist. Dabei sind laut Partech Report die Branchen Fintech, Agritech und Enterprise Software besonders lukrativ, da allein im Jahr 2020 knapp 50 % aller Equity Investments in diese Branchen floss. Die Online-Plattform Startuplist Africa zeichnet zudem noch die Sektoren Renewable Energy und Health Care/Pharma mit starkem Investitions-Volumen aus. Aber was sind die vielversprechendsten Startups in Afrika? Hier kommt aus unserer Sicht die Crème de la Crème der afrikanischen Startup-Szene, die jeder kennen sollte. Als Erstes blicken wir in eine der dynamischsten Tech-Industrien Afrikas, die Fintech-Branche. Laut Quartz Africa gab es im Jahr 2020 rund 310 Anbieter mobiler Geld-/Finanzservices, von denen sich ca. 55 % in Afrika befinden. Entsprechend dieses Trends wuchs die Zahl der registrierten Mobile-Money-Konten weltweit auf 1,2 Milliarden. In Subsahara-Afrika kamen im vergangenen Jahr die meisten Nutzer:innen hinzu und ergeben allein 43 % aller neue eröffneten Konten. Dies ist der ideale Nährboden für Fintech Startups wie Paystack. Mit Paystack können Unternehmen in Afrika Zahlungen von jedem und überall auf der Welt über Kreditkarte, Debitkarte, Geldtransfer und mobiles Geld auf ihren Websites oder mobilen Apps akzeptieren. Das Unternehmen wurde im Jahr 2015 gegründet und hat seinen Hauptsitz in Ikeja, Lagos. Paystack hat derzeit rund 60.000 Kunden, darunter kleine Unternehmen, größere Konzerne, Fintechs und Bildungseinrichtungen. Da überraschte auch die Nachricht im Jahr 2020 nicht, dass der US-Online-Bezahldienst Stripe das nigerianische Unternehmen für mehr als 200 Millionen Dollar erworben hat, um auf dem afrikanischen Kontinent zu expandieren. Paystack begeistert uns vor allem, weil es ein sehr gutes Beispiel für das Wachstum der finanziellen Inklusion und Innovation auf dem Kontinent ist. Darüber hinaus folgt aus dieser Akquisition ein verstärkter Zustrom von ausländischen Direktinvestor:innen.
Eine weitere spannende und vielversprechende Industrie in Afrika ist die Pharmaindustrie. Diese wird laut einer Studie von McKinsey and Company mit etwa 14 Milliarden US-Dollar in Afrika bewertet und liegt damit aktuell noch weit unter ihrem Potenzial – bei einem adressierbaren Markt von etwa 1,2 Milliarden Menschen für neue Medikamente. Ein Startup, was diesem etwas entgegensetzen möchte, ist 54gene. Das Startup greift mit seiner Geschäftsidee ein fundamentales Problem auf: Fast 90 % des genetischen Materials, das in der pharmazeutischen Forschung verwendet wird, basiert auf westlichen Genen. Lediglich zwei Prozent sind afrikanisch. Aufgrund dieser massiven Lücke fehlen der pharmazeutischen Forschung und Entwicklung die vielfältigen Daten, die den Schlüssel zu medizinischen Weiterentwicklungen und neuen Gesundheitslösungen darstellen könnten. Um diese Lücke im globalen Genomforschungsmarkt zu schließen, wurde 54gene 2019 von Ene-Obong gegründet. Das Startup verfügt über ein eigenes Ingenieursteam und beschäftigt über 300 Forschende, Klinik Mitarbeitende und Genetiker:innen auf dem gesamten Kontinent. Zudem hat 54gene ein Forschungslabor in Nigeria. Der Hauptsitz befindet sich in Washington, DC und eine Biobank-Einrichtung in Lagos, die Platz für 60.000 Proben bietet. Mit Adjuvant Capital als Lead-Investor hat 54gene einen starken Investor an seiner Seite, von dem sie bereits 15 Millionen US-Dollar einsammeln konnten. Mit diesem Investment möchte 54gene laut TechCrunch seine Biobankkapazitäten auf 200.000 Proben erweitern, und verfolgt das langfristige Ziel diese auf bis zu 500.000 zu erweitern.
Wie kommen in Afrika eigentlich die Produkte von A nach B? Dieser Frage widmet sich Sokowatch. Das im Jahr 2016 in Nairobi gelaunchte Startup hat eine Plattform geschaffen, die Händler direkt mit lokalen und multinationalen Lieferanten wie Unilever und Proctor and Gamble verbindet und Bestellungen, Zahlungen sowie Lieferlogistik digitalisiert. Die Größe und das Potenzial des informellen Sektors auf dem Kontinent haben die Aufmerksamkeit von Ökonom:innen und Startups auf sich gezogen.
Eine Studie des globalen Beratungsunternehmens PwC aus dem Jahr 2016 schätzt, dass 90 % der Verkäufe in den wichtigsten Volkswirtschaften Afrikas über informelle Kanäle wie Märkte und Kioske abgewickelt werden. Tausende von Einzelhändler:innen in Kenia, Tansania und Ruanda nutzen den mobilen Bestell- und Lieferservice von Sokowatch, um die benötigten Waren so schnell und so günstig wie möglich zu erhalten und gleichzeitig erstmals Zugang zu einer Wachstumsfinanzierung zu erhalten. Wie auf Techcrunch zu lesen, gelang es Sokowatch nur zwei Jahre nach dem erfolgreichen Launch eine Seed Runde von über 2 Millionen US-Dollar abzuschließen, wodurch die Expansion innerhalb Kenias und nach Ruanda, Tansania und Uganda gemeistert wurde. Weitere zwei Jahre später, im Februar 2020, sammelte das Unternehmen eine 15-Millionen US-Dollar-Runde der Serie A ein. Laut CEO Daniel Yu plant das Startup mit diesem erneuten Investment, sein Dienstleistungsangebot für Kunden zu erweitern – von Betriebskapital bis hin zu Datenanalysen – und neue afrikanische Märkte zu erschließen.
Diese Regionen sollten auf eurer Reiseliste stehen – das sind Afrikas Startup-Hotspots
Die vorgestellten Startups zeigen die Vielfalt der afrikanischen Startup-Szene und natürlich auch, welch großes Potenzial hier liegt, das von lokalen als auch internationalen Investor:innen entsprechend honoriert wird. Doch, wo kommen die Hidden Champions-Afrikas her? Gibt es den einen Startup-Hotspot in Afrika, der die nächsten Unicorns hervorbringt? Diese Frage lässt sich nicht mit einem einfachen „Ja“ oder „Nein“ beantworten. In Afrika lassen sich mehrere Regionen identifizieren, in denen aus Startup-Perspektive aktuell viel Bewegung ist.
Um zu verstehen, an welchen Standorten Afrikas aktuell die größte Dynamik herrscht, sollte man zunächst auf die Verteilung des Equity Investments in Afrika schauen. Wie in den vergangenen Jahren auch, verteilt sich fast 80 % des Investitions-Volumens auf nur vier Länder: Nigeria, Kenia, Ägypten und Südafrika. Laut Partech zieht sich dieser Trend bereits über mehrere Jahre hin. Positiv für das Jahr 2020 ist, dass Ghana mit insgesamt 111 Millionen US-Dollar Equity Investment ein Plus von 102 % gegenüber dem Vorjahr verzeichnet, wodurch sich für das Land ein positiver Trend abzeichnet. Insgesamt verteilen sich die restlichen 288 Millionen US-Dollar des Equity Investments auf 26 weitere afrikanische Länder, was eine deutliche Diversifizierung und somit eine positive Entwicklung gegenüber den Vorjahren beschreibt.
Die starke Konzentration des Equity Investment-Volumens auf Ägypten, Südafrika, Nigeria und Kenia spiegelt sich auch in Afrikas Startup-Infrastruktur wider, welche sich aus unterschiedlichen Stakeholdern zusammensetzt. Hier bietet die folgende Abbildung von AfriLabs und Briter Bridges aus dem im Oktober 2019 veröffentlichten Report zu afrikanischen Innovations-Hubs, einen sehr guten Überblick.
Ein Hub wird dabei als eine Struktur oder ein Netzwerk definiert, das alle relevanten Player umfasst, die unternehmerische Tätigkeiten und/oder Innovationen unterstützen. Diese sind beispielsweise Co-Working-Spaces, Akzeleratoren, Innovation-Hubs, Inkubatoren, Universitäten oder auch große Corporates. Laut AfriLabs fungieren die Hubs, insbesondere für junge Gründer:innen als sicheres Umfeld zum Gründen. Allein im Jahr 2019 weisen mehr als 50 afrikanische Länder solche Hubs auf, womit erneut die Dynamik in der afrikanischen Startup-Szene unterstrichen wird. Im Einklang mit der Verteilung des Equity Investments bieten auch hier die Länder Nigeria, Südafrika, Ägypten und Kenia die beste Infrastruktur für Startups.
Geht man eine Ebene tiefer, sind es insbesondere die Städte in den genannten Ländern, die den Startups mit ihrer Infrastruktur den idealen Nährboden bieten. Obwohl laut einem Report von Startupblink zum globalen Startup Ökosystem Index afrikanische Städte im globalen Vergleich noch nicht unter den Top 50 zu finden sind, haben es immerhin 11 in die Top 100 geschafft. Demnach sind die Top drei Städte in Afrika für Startups Nairobi in Kenia, Lagos in Nigeria und Kapstadt in Südafrika.
Gerne auch als Silicon Savannah bezeichnet, steht Nairobi repräsentativ für die wachsende Tech- und Fintech-Szene Kenias. Auslöser für den Boom von Nairobi als Startup-Inkubator ist zweifellos das 2007 gegründete Startup M-Pesa, dessen Erfolg sich als Magnet für die Gründung und Ansiedlung von Inkubatoren, Hubs und VCs herausstellte.
Ähnlich wie Nairobi, ist auch Lagos bekannt für seine wachsende Fintech-Szene. Mit einer Einwohnerzahl von ca. 18 Millionen Menschen, bietet allein die Stadt das perfekte Umfeld, um Produkte und Services zu launchen, zu testen und zu skalieren. Natürlich ist die Stadt auch mit Herausforderungen in der Infrastruktur, der Verkehrsregulierung oder der Stromversorgung konfrontiert. Diese reichen bis über die Grenzen der Stadt hinaus. Das Land steht vor elementaren Herausforderungen in der Infrastruktur, der Bildung und politischer Instabilität. Diese Herausforderungen bieten auf der anderen Seite den Spielraum für technologische und innovative Lösungen, die so die Lücken des öffentlichen Systems schließen können.
Zu guter Letzt darf die Hauptstadt Südafrikas, Kapstadt, natürlich nicht in einer solchen Übersicht fehlen. Kurzum: Kapstadt ist eine der attraktivsten Städte für Startups aus der Fintech, Retail und Tourismus-Branche, da hier bereits eine Vielzahl an Startups und Großkonzernen ihren Firmensitz hat und der Großteil der in Afrika sitzenden VCs hier zu finden ist. Zudem bietet die Stadt mit ihren vier Universitäten, zahlreichen Innovationsprogrammen und Hubs das ideale Umfeld für neue Gründungen. Neben den genannten Top drei Startup-Ökosystemen in Afrika liest man derzeit auch häufig von Kigali/ Ruanda und von Accra/Ghana als die Startup-Ökosysteme, die in Zukunft eine wichtige Rolle spielen werden. Beide Länder bieten Startups verhältnismäßig kleine Märkte, jedoch mit einer gut ausgebauten Infrastruktur und einem sicheren Umfeld, um von hier aus weiter zu expandieren.
Hier kommt unser Gründerinnen-Highlight mit Naom Monari von Benacare
Bevor wir zum Ende unseres Artikels über die afrikanische Startup-Szene kommen, darf ein Thema nicht fehlen: Female Founders. Im Jahr 2020 gingen 13 % der abgeschlossenen Finanzierungsrunden in Afrika an Startups mit mindestens einer weiblichen Gründerin im Team. Dies beschreibt einen Anstieg von 9 % gegenüber dem Vorjahr und einem Gesamtvolumen von 204 Millionen US-Dollar. Natürlich sind diese Zahlen als verhältnismäßig gering zu betrachten. Doch hängt Afrika hier nicht weit hinter etablierten Startup-Ökosystemen. Zum Vergleich: Der Female Founders Monitor 2020 zeigt, dass es in Deutschland im Jahr 2020 nur knapp 16 % Gründerinnen gibt. Zudem haben Frauen in Deutschland schlechteren Zugang zu Kapital, wodurch nur jede zehnte Frau, die Kapital anstrebt, dieses auch bekommt. Um einen besseren Einblick in die Welt weiblicher Gründerinnen in Afrika zu erhalten, haben wir eine gefragt, die es wissen muss: Naom Monari, CEO und Gründerin von Bena Care, einem sozialen Unternehmen, das qualitativ hochwertige, mitfühlende und zuverlässige Pflege- und Betreuungsdienste anbietet. Zielgruppe sind vor allem Senior:innen, Patient:innen mit lebensbegrenzenden Krankheiten und Menschen, die betreutes Wohnen benötigen. Ziel ist, ihnen ein möglichst unabhängiges Leben in ihrem eigenen Zuhause zu ermöglichen.
Naom, was würdest du anderen Gründerinnen auf der Welt mitgeben?
„Chak Achaka“ ist eine lokale Redewendung in meinem Land, die bedeutet: „Einfach anfangen“.
Für Gründerinnen sind die Hürden beim Zugang zu Finanzmitteln noch größer, und oft müssen wir unser Konzept zweifelsfrei beweisen, um die Aufmerksamkeit der Geldgeber:innen zu gewinnen. Aus diesem Grund: Chak Achaka! Zeigt den Investor:innen eure Erfolgsbilanz, denn das finden sie attraktiver als das Potenzial des Geschäftsmodells.
Was ist für dich der beste Startup-Standort in Afrika?
Kenia versucht derzeit die Regularien für Startups zu lockern. Außerdem sind die Kenianer:innen im Allgemeinen offen für Innovationen, die ihre Probleme lösen können, und es gibt einen Zustrom von Akzeleratoren und Inkubatoren, die es einem Start-up leichter machen zu wachsen, wenn die Idee innovativ ist. Aus diesen Gründen würde ich Kenia wählen.
Was war bei deiner Gründung besonders herausfordernd?
Neben der Herausforderung in der Kapitalbeschaffung insbesondere zu Beginn meiner Gründung, fehlte es mir auch an inhaltlichem Sparring und einem sicheren Umfeld, um meine Idee weiterzuentwickeln. Doch das hat sich geändert, da es jetzt mehr Inkubatoren gibt, die von Frauen geführte Start-ups unterstützen. Die Teilnahme an diesen Akzeleratoren und Inkubatoren hilft, sinnvolle Verbindungen mit anderen spannenden Gründerinnen zu schaffen, was an sich schon großartige Unterstützung ist.
Was hat bei der Gründung deines Startups besonders gut geklappt?
Um als Startup relevant zu bleiben, mussten wir uns kontinuierlich weiterentwickeln, um die User Experience zu verbessern und die Probleme unserer Kunden zu lösen. Diese Arbeit hat sich ausgezahlt und wir wurden mit einem wachsenden Kundenstamm belohnt.
Zu guter Letzt: Warum ist Berlin für afrikanische Startups interessant?
Ich denke, Berlin ist begeistert von der lebendigen Start-up-Szene in Afrika. Die meisten Organisationen, die in Berlin ansässig sind und afrikanische Start-ups unterstützen, haben gezeigt, dass sie an die Philosophie „Trade and Not Aid“ glauben. Und so machen sie es afrikanischen Start-ups leichter, den europäischen Markt zu erreichen.
Afrika – der Rising Star am Startup-Himmel!
Ist Afrika nun der Rising Star am Startup-Himmel? Für diejenigen, die sich zuvor noch nie oder nur vereinzelt mit der afrikanischen Startup-Szene auseinandergesetzt haben, ist diese Frage mit einem eindeutigen „Ja“ zu beantworten.
Für diejenigen, die schon länger aufmerksam die Neuigkeiten rund um die afrikanische Startup-Szene verfolgen, sollte nun klar geworden sein, dass sich hier die Zukunft abspielen wird. Folgender Vergleich verdeutlicht dies. Basierend auf der Anzahl der Unicorns nach Region von Statista können wir jede Region nach Startup-Finanzierungsphasen kategorisieren und kommen zu folgendem Ergebnis: Nordamerika (292) und Asien (198) können in der Growth-Phase, Europa (69) in der Series A und Lateinamerika (16) und Afrika (16) in der (Pre)Seed-Phase gelistet werden. Investor:innen in Afrika sind daher Early-Stage-Investor:innen, die in den Markt der Seed-Phase mit relativ hohem Risiko und hohen Renditen investieren.
Übrigens: auch in Berlin gibt es bereits zahlreiche Unternehmen, Initiativen und Menschen, die einen besonderen Fokus auf die afrikanische Startup-Branche legen. Schaut bei unseren Kolleg:innen von Reason-Why Berlin vorbei, die euch hier einen Überblick über Berliner Unternehmen bieten, die bereits in der afrikanischen Startup-Szene aktiv sind.
Autor:innenprofile:
Don Eteghwia ist Mitgründer und COO von Bouncy, der ersten Creator-Plattform für Musiker, sowie Mitgründer von Leadwood, einem in Afrika operierenden Tech-Startup Accelerator. Er studiert Produktmanagement an der CODE University in Berlin, der ersten deutschen Universität, welche in das pulsierende Netzwerk der digitalen Wirtschaft Berlins eingebettet ist.
Carina Thum – Startup Programme Managerin bei Berlin Partner
Carina Thum hat einen Master of Science von der EBS Universität für Wirtschaft und Recht und ist Teil des Startup-Teams bei Berlin Partner, in welchem sie das Thema Internationalisierung verantwortet. In dieser Rolle unterstützt sie Startups bei der Internationalisierung in Wachstumsmärkte und vermarktet umgekehrt das Berliner Startup-Ökosystem auf dem internationalen Parkett. Zusätzlich ist sie Co-Initiatorin der Initiative #FemupStartups, welche sich für mehr Gründerinnen und Investorinnen in Startups einsetzt.